BMF, Schreiben v. 8.6.2011, IV D 2 - S 7100/08/10009 :001, BStBl I 2011, 582
Bezug: EuGH-Urteil vom 22.10.2009, C-242/08 (Swiss Re Germany Holding)
In seinem Urteil vom 22.11.2009, C-242/08 (Swiss Re Germany Holding, das Urteil wird zeitgleich im Bundessteuerblatt Teil II veröffentlicht), hat der EuGH ausgeführt, dass die Übertragung von Lebensrückversicherungsverträgen eine sonstige Leistung und keine Lieferung darstellt. Bei diesen Verträgen handele es sich zum einen nicht um körperliche Gegenstände i.S.d. Artikels 5 Abs. 1 der 6. EG-Richtlinie (entspricht Artikel 14 Abs. 1 MwStSystRL). Zum anderen sei die Übertragung von Verträgen als Abtretung eines unkörperlichen Gegenstands nach Artikel 6 Abs. 1 Unterabs. 2 1. Anstrich der 6. EG-Richtlinie (entspricht Artikel 25 Buchst. a MwStSystRL) und damit als sonstige Leistung zu beurteilen.
Das Urteil hat auch Auswirkungen auf die Übertragung anderer immaterieller Wirtschaftsgüter wie z.B. eines Firmenwerts oder eines Kundenstamms. Die Übertragung solcher immaterieller Wirtschaftsgüter ist ebenfalls eine sonstige Leistung im Sinne des § 3 Abs. 9 Satz 1 UStG.
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird der Umsatzsteuer-Anwendungserlass vom 1.10.2010 (BStBl 2010 I S. 846), der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 12.5.2011, IV D 3 – S 7134/10/10001 (2011/0388187), BStBl 2011 I S. …, geändert worden ist, wie folgt geändert:
Abschnitt 3.1 Abs. 4 Satz 2 wird wie folgt gefasst:
„2Als sonstige Leistungen kommen insbesondere in Betracht: Dienstleistungen, Gebrauchs- und Nutzungsüberlassungen – z.B. Vermietung, Verpachtung, Darlehensgewährung, Einräumung eines Nießbrauchs, Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Patenten, Urheberrechten, Markenzeichenrechten und ähnlichen Rechten –, Reiseleistungen im Sinne des § 25 Abs. 1 UStG, Übertragung immaterieller Wirtschaftsgüter wie z.B. Firmenwert, Kundenstamm oder Lebensrückversicherungsverträge (vgl. EuGH-Urteil vom 22.10.2009, C-242/08, BStBl 2011 II S. …), der Verzicht auf die Ausübung einer Tätigkeit (vgl. BFH-Urteile vom 6.5.2004, V R 40/02, BStBl 2004 II S. 854, vom 7.7.2005, V R 34/03, BStBl 2007 II S. 66, und vom 24.8.2006, V R 19/05, BStBl 2007 II S. 187) oder die entgeltliche Unterlassung von Wettbewerb (vgl. BFH-Urteil vom 13.11.2003, V R 59/02, BStBl 2004 II S. 472).”
Die Grundsätze dieses Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Aus Vereinfachungsgründen wird es jedoch nicht beanstandet, wenn der Unternehmer die Übertragung solcher immaterieller Wirtschaftsgüter, die vor dem 1.7.2011 vorgenommen wird, abweichend hiervon als Lieferung behandelt (vgl. Abschnitt 24 Abs. 1 Satz 2 UStR 2008).
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Besprechung zu dieser Verwaltungsanweisung
Normenkette
UStG § 3 Abs. 9 Satz 1
UStAE Abschn. 3.1 Abs. 4 Satz 2
Fundstellen
BStBl I, 2011, 582