Dr. Gerlind Wendt, Michael Wendt
Leitsatz
1. Ist eine gewerblich geprägte Personengesellschaft an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft beteiligt, so sind die Einkünfte der Obergesellschaft im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Feststellung für die (vermögensverwaltende) Untergesellschaft in gewerbliche Einkünfte umzuqualifizieren (gegen BMF-Schreiben vom 29.4.1994, BStBl I 1994, 282).
2. Gewerbliche Verlustanteile, die im Zusammenhang mit der Errichtung und Verwaltung öffentlich geförderter Gebäude i.S.d. § 52 Abs. 19 Satz 2 Nr. 3 EStG 1990 in einem vor dem 1.1.1995 beginnenden Wirtschaftsjahr entstanden sind, unterliegen nicht der Abzugsbeschränkung des § 15a EStG.
Normenkette
§ 15 Abs. 3 Nr. 2, § 15a EStG 1990
Sachverhalt
Eine gewerblich geprägte GmbH & Co. KG (Klägerin) hielt eine Beteiligung an einer vermögensverwaltenden Immobilien-Fondsgesellschaft (Fonds). Der Fonds verwaltete Grundstücke mit öffentlich geförderten und steuerbegünstigten Wohnungen.
Die Verlustanteile der Klägerin 1990-1992 wurden im Rahmen der Feststellungserklärungen für den Fonds als solche aus Gewerbebetrieb erklärt. Dem folgte das FA zunächst, erließ aber außerdem einen Bescheid über die Feststellung von verrechenbaren Verlusten gem. § 15a Abs. 4 EStG.
Im Einspruchsverfahren stellte das FA die Einkünfte als solche aus Vermietung und Verpachtung fest und erhöhte die verrechenbaren Verluste. Das FG gab der Klage statt. Der BFH bestätigte die Auffassung des FG.
Entscheidung
1. Die Einkünfte der Klägerin hätten im Rahmen der Feststellung der Einkünfte der Fondsgesellschaft als solche aus Gewerbebetrieb festgestellt werden müssen. Als gewerblich geprägte Gesellschaft habe die Klägerin auch mit der Beteiligung an dem vermögensverwaltenden Fonds Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt. Die Qualifizierung als gewerblich sei entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung in der Einkünftefeststellung der vermögensverwaltenden Zebra-Gesellschaft vorzunehmen. Das Betriebs-FA könne bei einer gewerblich geprägten Gesellschafterin ohne Schwierigkeiten die erforderlichen Feststellungen für die Zuordnung und Berechnung der Einkünfte treffen. In diesem Sinn habe auch der III. Senat des BFH (Urteil vom 11.12.1997, III R 14/96, BStBl II 1999, 401) entschieden.
2. Die Verlustausgleichsbeschränkung nach § 15a EStG habe im Streitfall noch nicht gegolten. Auf betrieblich beteiligte Gesellschafter finde § 15a Abs. 1 unmittelbar Anwendung. Für Wohnungsunternehmen im öffentlich geförderten Wohnungsbau sei eine Übergangsregelung in § 52 Abs. 19 Satz 2 Nr. 3 i.V.m. Satz 3 Nr. 2 EStG a.F. geschaffen worden. Danach gelte § 15a EStG erst für Verluste, die nach Ablauf des Jahres 1994 entstehen. Eine entsprechende Übergangslösung sei zwar wegen fehlenden Vertrauensschutzes für Überschusseinkünfte nicht geschaffen worden, sie gelte aber für betrieblich Beteiligte. Die Verluste der Klägerin seien deshalb uneingeschränkt ausgleichsfähig, auch soweit sie zur Entstehung eines negativen Kapitalkontos führten.
Hinweis
Die Frage, ob die Umqualifizierung der Einkünfte eines betrieblich an einer vermögensverwaltenden Gesellschaft Beteiligten im Rahmen der Gewinnfeststellung für die Zebra-Gesellschaft oder bei der Einkommensteuerfestsetzung bzw. Gewinnfeststellung des Beteiligten vorzunehmen ist, bleibt einstweilen noch ungeklärt. Das BMF hatte zwei vorangegangene Entscheidungen des BFH mit Nichtanwendungserlassen belegt (BMF vom 27.12.1996, BStBl I 1996, 1521; vom 8.6.1999, BStBl I 1999, 592). Diese gelten bis heute noch. Man darf aber hoffen, dass die Finanzverwaltung die jetzige erneute Entscheidung hinnehmen wird. Denn sie betrifft zunächst nur den Fall, dass der Beteiligte ein Gewerbebetrieb kraft Rechtsform ist, für den ohne weitere Ermittlungen feststeht, dass er gewerbliche Einkünfte erzielt.
Die Auffassung des BFH hat zur Folge, dass eine Zebra-Gesellschaft mit sowohl gewerblich als auch vermögensverwaltend tätigen Mitunternehmern eine hybride Einkünfteermittlung vornehmen muss: Überschussrechnung ohne Einbeziehung von Erlösen aus Anlageverkäufen für die vermögensverwaltend Beteiligten; Bilanz unter Einbeziehung von Veräußerungsgewinnen für die gewerblich Beteiligten.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 21.9.2000, IV R 77/99