Dipl.-Finanzwirt Christian Ollick
Kommentar
Das BMF hat seine Aussagen zum Abzug von Unterhaltsaufwendungen als außergewöhnliche Belastung aktualisiert. Die Neuigkeiten im Überblick.
Unterhaltszahlungen an gesetzlich unterhaltsberechtigte Personen können vom Leistenden mit maximal 9.984 EUR pro Jahr (zuzüglich bestimmter Versicherungsbeträge) als außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden (§ 33a Abs. 1 EStG).
Neues BMF-Schreiben
Welche Regeln die Finanzämter bei der Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen anwenden, hatte das BMF zuletzt mit Schreiben v. 7.6.2010 (BStBl 2010 I S. 582) dargelegt. Knapp zwölf Jahre später erfolgt nun eine Aktualisierung. Mit neuem Schreiben vom 6.4.2022 ordnet das BMF seine Aussagen neu und arbeitet dabei die zwischenzeitlich ergangene BFH-Rechtsprechung zum Themenkreis ein. Die wichtigsten neuen Aussagen im Überblick:
Wer ist unterhaltsberechtigt?
Gesetzlich unterhaltsberechtigt sind Personen, denen gegenüber der Steuerzahler nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch oder dem Lebenspartnerschaftsgesetz unterhaltsverpflichtet ist. Bei folgenden Beziehungen besteht eine solche Unterhaltsberechtigung:
- bei Verwandten in gerader Linie (z. B. Kindern, Enkeln, Eltern, Großeltern),
- bei Ehegatten und Lebenspartnern einer eingetragenen Lebenspartnerschaft
- bei geschiedenen Ehegatten und Lebenspartnern einer aufgehobenen Lebenspartnerschaft,
- bei der Mutter bzw. dem Vater eines nichtehelichen Kindes gegenüber dem anderen Elternteil.
Unterhalt bei Haushaltszugehörigkeit
Gehört die unterhaltsberechtigte Person zum Haushalt des Steuerzahlers, können die Finanzämter regelmäßig davon ausgehen, dass ihm Unterhaltsaufwendungen in Höhe des Höchstbetrags entstanden sind.
Eine Haushaltszugehörigkeit wird in der Regel nicht durch eine auswärtige Ausbildung oder durch ein auswärtiges Studium aufgehoben (z. B. durch die Unterbringung des studierenden Kindes am Studienort). Eine gewisse räumliche Trennung schadet dem Ansatz des Höchstbetrags als Unterhaltsaufwand nicht, wenn keine besonderen Umstände hinzukommen, die auf eine dauerhafte Trennung der unterhaltsberechtigten Person vom Haushalt des Steuerzahlers schließen lassen (z. B. wenn ein verheiratetes Kind mit seinem Ehegatten eine eigene Wohnung bezogen hat). Bei einer auswärtigen Unterbringung der unterhaltsberechtigten Person (z. B. des Kindes), die nicht zu einer Beendigung der Haushaltszugehörigkeit führt, können Unterhaltsaufwendungen also weiterhin in Höhe des maßgeblichen Höchstbetrags geltend gemacht werden.
Bedürftigkeit des Unterhaltsempfängers
Der Abzug von Unterhaltsaufwendungen setzt neben einer bestehenden Unterhaltsberechtigung voraus, dass der Unterhaltsempfänger bedürftig ist - das heißt: er darf kein oder nur ein geringes Vermögen besitzen und kein ausreichendes Einkommen haben.
Hinweis: Als geringfügig kann in der Regel ein Vermögen bis zu einem gemeinen Wert (Verkehrswert) von 15.500 EUR angesehen werden (R 33a Abs. 2 Satz 3 EStR 2021).
Begünstigte Unterhaltsaufwendungen
Als Unterhaltsleistungen abziehbar sind Aufwendungen für den typischen Unterhalt (= die üblichen, für den Lebensunterhalt bestimmten Leistungen sowie Aufwendungen für eine Berufsausbildung).
Typische Unterhaltsaufwendungen - insbesondere für Ernährung, Kleidung, Wohnung, Hausrat und notwendige Versicherungen - können nur nach den Regeln des § 33a Abs. 1 EStG (= als "außergewöhnliche Belastung in besonderen Fällen") berücksichtigt werden. Erwachsen dem Steuerzahler daneben Aufwendungen für einen besonderen Unterhaltsbedarf der unterhaltenen Person, beispielsweise Krankheitskosten, kommt für diese Kosten nur ein Abzug als "reguläre" außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG in Betracht (BFH, Urteil v. 19.6.2008, III R 57/05).
Kosten für die krankheitsbedingte Unterbringung von Angehörigen in einem Altenpflegeheim fallen ebenfalls unter den Abzug nach § 33 EStG, während Aufwendungen für eine altersbedingte Heimunterbringung nur als Unterhaltsleistung nach § 33a Abs. 1 EStG berücksichtigt werden können (BFH, Urteil v. 30.6.2011, VI R 14/10).
Ausbildungsunterhalt i. S. v. § 1610 BGB, zu dem auch Studiengebühren gehören können, zählt zum typischen Unterhaltsaufwand (BFH, Urteil v. 17.12.2009, VI R 63/08).
Auch gelegentliche oder einmalige Leistungen können typische Unterhaltsaufwendungen sein, sie dürfen aber regelmäßig nicht als Unterhaltsleistungen für Vormonate und auch nicht zur Deckung des Unterhaltsbedarfs für das Folgejahr berücksichtigt werden (BFH, Urteil v. 5.5.2010, VI R 40/09 und BFH, Urteil v. 11.11.2010, VI R 16/09).
Die Abgrenzung der typischen von den untypischen Unterhaltsaufwendungen richtet sich nach deren Anlass und Zweckbestimmung, nicht nach deren Zahlungsweise. So kann eine Kapitalabfindung, mit der eine Unterhaltsverpflichtung abgelöst wird, nur als außergewöhnliche Belastung in besonderen Fällen (also im Rahmen des § 33a Abs. 1 EStG) berücksichtigt werden (BFH, Urteil v. 19.6.2008, III R 57/05).
Verfügbares Nettoeinkommen des Unterhaltszahlers
Nach der ständigen BFH-Rechtsprechung können Unterhal...