Prof. Dr. Stefan Schneider
Leitsatz
Bei als außergewöhnliche Belastungen geltend gemachten Unterhaltszahlungen an die im Ausland lebende Ehefrau sind im Rahmen einer bestehenden Ehegemeinschaft weder die Bedürftigkeit noch die sog. Erwerbsobliegenheit der Ehefrau zu prüfen.
Normenkette
§ 33a Abs. 1 EStG, § 1360 BGB
Sachverhalt
K ging vom März bis November 2006 einer nicht selbstständigen Tätigkeit in Deutschland nach. In der übrigen Zeit lebte er bei seiner Ehefrau und den gemeinsamen Söhnen E und A in Bosnien-Herzegowina.
K machte in seiner ESt-Erklärung Unterhaltsleistungen als außergewöhnliche Belastungen mit der Begründung geltend, er habe für seine Ehefrau und die beiden Söhne viermal jeweils 1 857 EUR (insgesamt 7 428 EUR) bei Familienheimfahrten am 17.04., am 25.05., am 03.08. sowie am 24.11.2006 mitgenommen. Die Ehefrau war nicht berufstätig und verfügte über kein Einkommen und Vermögen.
Das FA berücksichtigte die Zahlungen an die Ehefrau nicht, weil sie ihren Lebensunterhalt durch eigene Arbeit verdienen könnte; die Ehefrau treffe eine Erwerbsobliegenheit.
Auch die Klage blieb erfolglos (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 06.11.2008, 13 K 13009/08, Haufe-Index 2096857, EFG 2009, 398).
Entscheidung
Der BFH ließ, wie in Praxishinweisen dargestellt, den Abzug der geltend gemachten Unterhaltszahlungen gekürzt auf die Verhältnisse des Wohnsitzstaats zu.
Hinweis
Während das ebenfalls am 05.05.2010 ergangene Urteil den Unterhalt für gesetzlich unterhaltsberechtigte Verwandte betraf (VI R 29/09, BFH/NV 2010, 1897, BFH/PR 2010, 427) und zu einer Änderung der Rechtsprechung führte, ist hier die einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen an die im Ausland lebende Ehefrau unter dem Aspekt ihrer Erwerbsobliegenheit streitig.
1. Die steuerliche Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen setzt nach § 33a Abs. 1 S. 1 EStG u.a. voraus, dass die unterhaltene Person gegenüber dem Steuerpflichtigen nach deutschem Recht (BGB) gesetzlich unterhaltsberechtigt ist. Das war bei K gegenüber seiner Ehefrau nach § 1360, § 1360a BGB der Fall. Ehegatten sind einander zu Unterhalt verpflichtet. Dabei kann jeder Ehegatte entsprechend der unter ihnen vereinbarten Rollenverteilung zum Unterhalt beitragen, also auch in der Form, dass ein Ehegatte sich auf den häuslichen Bereich beschränkt, während der andere Einkünfte erzielt.
2. Und während beim Verwandtenunterhalt der Verwandte zunächst verpflichtet ist, auch seine Arbeitskraft zu verwerten, gilt dies für den Ehegattenunterhalt der intakten Ehe nicht. Das Zivilrecht geht nur für Notfälle von einer beiderseitigen Erwerbsobliegenheit aus. Im Ergebnis konnte K entsprechend der Verhältnisse im Wohnsitzstaat (Ländergruppeneinteilung, hier: Bosnien-Herzegowina) die an seine Ehefrau erbrachten Unterhaltsleistungen abziehen (BMF, Schreiben vom 17.11.2003, IV C 4 S 2285 50/03 BStBl I 2003, 637).
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 05.05.2010 – VI R 5/09