Dr. Hubertus Gschwendtner
Leitsatz
1. Die Veräußerung des zum Umlaufvermögen eines gewerblichen Grundstückshändlers gehörenden Grundstücks ist auch dann nicht nach den §§ 16, 34 EStG tarifbegünstigt, wenn sie mit der Betriebsaufgabe zusammentrifft und hiermit zugleich eine zunächst bestehende Bebauungsabsicht aufgegeben wird. Soweit der Senat im Urteil vom 21.11.1989, VIII R 19/85 (BFH/NV 1990, 625) eine andere Auffassung vertreten hat, hält er hieran nicht mehr fest.
2. Die vorstehenden Grundsätze gelten auch, wenn das Betriebsvermögen einer den gewerblichen Grundstückshandel betreibenden Personengesellschaft – mit Ausnahme der Grundstücke des Umlaufvermögens – auf ein Schwesterunternehmen ausgelagert wird und im Anschluss hieran der Mitunternehmer seinen Gesellschaftsanteil veräußert.
Normenkette
§ 16, § 34 EStG
Sachverhalt
Die Klägerin war als Kommanditistin zu 100 % an der B-KG beteiligt, die einen gewerblichen Grundstückshandel betrieb.
Die B-KG hatte 1991 zwei – teilweise bebaute – Grundstücke erworben; 1992 übertrug sie – mit Ausnahme dieser Grundstücke – ihren gesamten Geschäftsbetrieb auf die S-KG (Schwestergesellschaft), die die Buchwerte fortführte. Anschließend veräußerte sie den Kommanditanteil.
Das FA vertrat die Ansicht, dass der Verkauf des Kommanditanteils zu einem laufenden Gewinn der Klägerin geführt habe. Zum Betriebsvermögen der B-KG hätten nur noch die Grundstücke gehört und diese seien wesentliche Betriebsgrundlage mit stillen Reserven gewesen.
Damit könne die Tarifbegünstigung der §§ 16, 34 EStG nicht gewährt werden.
Entscheidung
Klage und Revision bleiben ohne Erfolg. Der BFH stellte entscheidend darauf ab, dass der von der Klägerin der Veräußerung des Kommanditanteils erzielte Gewinn deshalb nicht tarifbegünstigt sei, weil er wie der Gewinn aus der Veräußerung der Grundstücke zu werten sei.
Hinweis
Die Gewinne aus der Veräußerung einzelner Wirtschaftsgüter sind nur dann nach §§ 16, 34 EStG tarifbegünstigt, wenn sie "im Rahmen der Aufgabe des Betriebs" anfallen (§ 16 Abs. 3 Satz 6 EStG). Handelt es sich bei diesen Wirtschaftsgütern um – zum Umlaufvermögen gehörende – Grundstücke eines gewerblichen Grundstückshändlers, dann ist der Veräußerungsgewinn auch dann nicht tarifbegünstigt, wenn die Veräußerung mit der Betriebsaufgabe zusammenfällt (vgl. z.B. BFH, Urteil vom 23.1.2003, IV R 75/00, BFH-PR 2003, 223). Mit dem vorliegenden Urteil bestätigt der VIII. Senat des BFH diese Rechtsprechung und grenzt sie von seinem Urteil vom 21.11.1989, VIII R 19/85 ab, das einen "atypischen Fall" behandle. Das gelte auch bei der Aufgabe des Betriebs einer Personengesellschaft.
Der BFH musste sich deshalb mit der Frage befassen, ob im Streitfall Grundstücke veräußert worden sind und ob diese zum Umlaufvermögen i.S.d. Rechtsprechung zum gewerblichen Grundstückshandel gehörten. Ersteres konnte deshalb zweifelhaft sein, weil Gegenstand der Veräußerung nicht die zum Gesamthandsvermögen der B-KG gehörenden Grundstücke waren, sondern der Kommanditanteil der Klägerin an dieser KG. Letzteres war insbesondere deshalb fraglich, weil mit der Veräußerung des Anteils zugleich die Planungs-, Bebauungs- und Verkaufsabsichten hinsichtlich der Grundstücke aufgegeben worden waren. Beides hindert jedoch die Annahme eines laufenden Gewinns aus der Anteilsveräußerung nicht:
1. Nach der Veräußerung des Geschäftsbetriebs (ohne Grundstücke) repräsentierte der Kommanditanteil nur noch die Beteiligung an den Grundstücken. In einem solchen Fall kann die Veräußerung des Anteils durch den Gesellschafter wie die Veräußerung der Grundstücke durch die KG zu werten sein. Das hat der BFH – mit einem nicht ganz unbedenklichen Fallvergleich – auch hier angenommen. Zu dem ebenfalls bejahten "Durchgriff durch die Einheit der Personengesellschaft" wird sich der BFH in den Revisionsverfahren VIII R 28/05 gegen das Urteil der FG Rheinland-Pfalz vom 13.3.2001, 2 K 1233/99 und VIII R 41/04 gegen das Urteil des FG Berlin vom 21.4.2004, 6 K 6347/00 (EFG 2004, 1315) noch näher zu befassen haben, in denen es ebenfalls um die Frage ging, ob die Veräußerung von Mitunternehmeranteilen (anteilig) als Veräußerung der Grundstücke im Eigentum der Gesellschaft zu beurteilen ist.
2. Demgegenüber ist die Zuordnung der Grundstücke zum Umlaufvermögen des gewerblichen Grundstückshandels vergleichsweise unproblematisch. Auf den Planungs- und Bebauungszustand der Grundstücke im Veräußerungszeitpunkt kommt es nicht an; es ist nach der Rechtsprechung des BFH für diese Zuordnung ohne Bedeutung, ob der Veräußerungsgewinn aus dem bloßen "Durchhandeln" der Grundstücke oder (auch) aus den bisherigen Aktivitäten des Veräußerers im Zusammenhang mit den Grundstücken erzielt wurde.
Es wurde auch die Verkaufsabsicht nicht aufgegeben; sie wird von der Absicht, den Kommanditanteil zu verkaufen, umfasst (s.o.).
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 5.7.2005, VIII R 65/02