Dipl.-Finw. (FH) Norbert Weinmann
Zusammenfassung
Beim Übergang mittelständischer Unternehmen von Todes wegen oder durch Schenkung müssen die Erwerber häufig die Erbschaft- und Schenkungsteuer aus dem erworbenen Unternehmensvermögen begleichen. Das könnte zu einem Abfluss von Eigenkapital führen und damit zu einer Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit. Das seit 1.1.2009 geltende Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) sieht jedoch die weitgehende Freistellung des Unternehmensvermögens von der Erbschaft- und Schenkungsteuer vor unter der Bedingung, dass der Erwerber das Unternehmen 5 bzw. 7 Jahre fortführt und insbesondere die Arbeitsplätze erhält. Durch das Gesetz v. 4.11.2016 wurde mit Wirkung vom 1.7.2016 die Verschonung unternehmerischen Vermögens an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts angepasst.
Dieser Beitrag stellt das derzeit geltende ErbStG dar.
1 Steuerpflicht bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer
Die Erbschaftsteuer erfasst im Gesetz abschließend aufgezählte Erwerbe von Todes wegen (§ 3 ErbStG). Sie wird ergänzt durch die Schenkungsteuer, die bei Schenkungen unter Lebenden (§ 7 ErbStG) anfällt und weitgehend nach denselben Regelungen berechnet wird. Hierzu gehört auch die sog. vorweggenommene Erbfolge.
Erwerbe von Todes wegen und Schenkungen unter Lebenden unterliegen der unbeschränkten Steuerpflicht, wenn entweder der Erblasser/Schenker oder der Erwerber ein Inländer ist. Als Inländer gelten alle Personen, die in Deutschland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben. Deren Staatsangehörigkeit spielt keine Rolle.
Bei unbeschränkter Steuerpflicht kommt es auf die Belegenheit des zugewendeten Vermögens im In- oder Ausland nicht an. Deshalb unterliegt dann z. B. auch die Zuwendung von Anteilen an einer im Ausland ansässigen Kapitalgesellschaft der Besteuerung.
Ist keiner der Beteiligten Inländer, umfasst die beschränkte Steuerpflicht das zugewendete Inlandsvermögen. Zum Inlandsvermögen gehören insbesondere land- und forstwirtschaftliches Vermögen, Grundvermögen und Betriebsvermögen im Inland, aber auch z. B. Beteiligungen von mind. 10 % an inländischen Kapitalgesellschaften.
1.1 Bemessungsgrundlage ist der steuerpflichtige Erwerb
Der Erbschaft- oder Schenkungsteuer unterliegt der steuerpflichtige Erwerb (§ 10 Abs. 1 ErbStG). Dieser lässt sich schematisch wie folgt ermitteln:
übergegangenes Vermögen |
– |
sachliche Steuerbefreiungen |
– |
Nachlassverbindlichkeiten, soweit abzugsfähig |
= |
Bereicherung des Erwerbers |
– |
persönliche Steuerfreibeträge |
= |
Zwischensumme |
– |
Abrundung auf volle 100 EUR |
= |
steuerpflichtiger Erwerb |
Für die Schenkungsteuer gilt das entsprechend. An die Stelle der Nachlassverbindlichkeiten treten hier die vom Beschenkten zu erbringenden Gegenleistungen sowie dem Beschenkten auferlegte Auflagen.
1.2 Bewertungsmaßstab gemeiner Wert
Das auf den Erwerber übergegangene Vermögen ist auf den Todestag bzw. den Zeitpunkt der Ausführung einer Schenkung zu bewerten. Die Bewertung orientiert sich durchgängig am gemeinen Wert des Vermögensgegenstands (§ 12 Abs. 1 ErbStG i. V. m. § 9 BewG). Dieser entspricht regelmäßig dem Verkehrswert. Für bestimmtes inländisches Vermögen gibt das BewG typisierende Bewertungsverfahren vor, mit deren Hilfe der gemeine Wert zu ermitteln ist. Im Einzelnen gilt Folgendes:
- Grundstücke und Betriebsgrundstücke: Grundstückswert, der im Bedarfsfall auf den Besteuerungszeitpunkt festgestellt wird.
- Land- und forstwirtschaftliches Vermögen: Grundbesitzwert, der im Bedarfsfall auf den Besteuerungszeitpunkt festgestellt wird.
- Börsennotierte Anteile an einer Kapitalgesellschaft: Die Bewertung erfolgt mit dem aktuellen Börsenkurs, ggf. erhöht um einen Paketzuschlag.
- Nicht notierten Anteile an einer Kapitalgesellschaft, z. B. an einer GmbH: Der gemeine Wert ist aus zeitnahen Verkäufen zwischen fremden Dritten abzuleiten. Liegen solche nicht vor, ist der Anteil in ei...