Prof. Dr. Stefan Müller, Sean Needham
Rz. 7
Im Vergütungsbericht ist die entsprechend des vom Aufsichtsrat entwickelten Vergütungssystems gewährte bzw. geschuldete Vergütung für jedes einzelne gegenwärtige oder frühere Vorstands- bzw. Aufsichtsratsmitglied unter Namensnennung darzustellen. Der Vergütungsbegriff deckt sich hierbei nach der Gesetzesbegründung mit der handelsrechtlichen Definition der Gesamtbezüge in §§ 285 Nr. 9 Buchst. a und b HGB. Zu bedenken ist, dass der Gesetzgeber nach § 87 Abs. 1 Satz 2 AktG den Aufsichtsrat verpflichtet, die Vergütungsstruktur des Vorstands auf eine nachhaltige und langfristige Unternehmensentwicklung auszurichten. Durch die Dopplung der Begriffe "nachhaltig" und "langfristig" soll hervorgehoben werden, dass der Aufsichtsrat bei der Festsetzung der Vergütung auch soziale und ökologische Aspekte zu berücksichtigen hat. Dieser Leitmaxime folgend soll das Vergütungssystem für den Vorstand nach § 87a Abs. 1 AktG u. a. sowohl Angaben zum Einbezug von finanziellen als auch nichtfinanziellen Leistungsindikatoren für die Gewährung der variablen Vergütung beinhalten, was sich dann entsprechend im Vergütungsbericht nach § 162 AktG wiederfinden sollte. Auch wird mit der Umsetzung der CSRD die Nachhaltigkeitsberichterstattung sich auch auf die Vergütungsberichterstattung auswirken, da sich die Informationsanforderungen mit denen der Nachhaltigkeitsberichterstattung überschneiden. So haben nach § 289c Abs. 2 Nr. 5 HGB-E die betroffenen Unternehmen zu berichten, inwiefern diese Anreize mit Nachhaltigkeitskriterien assoziiert sind, was wiederum in den Vorgaben des ESRS 2 GOV-3 durch Detailvorschriften konkretisiert wird. Das primäre Ziel dieser Offenlegungsverpflichtung besteht darin, zu erörtern, inwiefern den Mitgliedern der Geschäftsführungs-, Aufsichts- oder Verwaltungsorgane angebotene Anreizmechanismen etabliert sind, die nachhaltiges Verhalten fördern. Offenzulegen ist der Zusammenhang zwischen den Anreizsystemen und der Implementierung von Nachhaltigkeitsstrategien und -zielen einer Unternehmung sowie dem Management der daraus resultierenden Auswirkungen, Risiken und Chancen (ESRS 2.BC36). Diese Offenlegungsanforderung ist ohne Beachtung des Wesentlichkeitsvorbehalts stets von allen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichteten Unternehmen zu beachten. Nach ESRS 1.119 können grundsätzlich die Offenlegungsanforderungen der ESRS auch durch einen Verweis in verschiedene Elemente der Unternehmensberichterstattung, wie u. a. in den Konzern- bzw. den Jahresabschluss, (Konzern-)Lagebericht, die (Konzern-)Erklärung zur Unternehmensführung und in den Vergütungsbericht, aufgezeigt werden. Die Verwendung eines Verweises ist allerdings an verschiedene Bedingungen geknüpft, die für den Vergütungsbericht insbesondere bedeuten, dass er zeitgleich oder vor dem (Konzern-)Lagebericht veröffentlicht sein muss. Die Angaben, auf die verwiesen wird, müssen mindestens mit begrenzter Sicherheit und nicht nur formal – wie der übrige Vergütungsbericht (Rz. 19) – geprüft sein.
In der Praxis zeigen sich in den Vergütungsberichten von 103 DAX-40- und S-DAX-Unternehmen für das Geschäftsjahr 2021 deutliche Transparenzunterschiede auch hinsichtlich der Einbeziehung der Nachhaltigkeit sowie der Index- und Branchenzugehörigkeit.
Rz. 8
Die Vergütung der Organmitglieder kann Gehälter, Gewinnbeteiligungen, Bezugsrechte und sonstige aktienbasierte Vergütungen, Aufwandsentschädigungen, Versicherungsentgelte, Provisionen und Nebenleistungen jeder Art sowie Ruhegehälter u. ä. umfassen. Diese weite Definition wird zudem noch zusätzlich auf die nicht ausgezahlten Bezüge ausgedehnt, d. h. Erhöhungen von Ansprüchen, und um Bezüge des Geschäftsjahres, die bisher in keinem Konzernabschluss angegeben worden sind. Nicht zu den angabepflichtigen Bezügen gehören für Organmitglieder zu entrichtende gesetzliche Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung. Die den Mitgliedern des Aufsichtsrats, Beirats oder ähnlicher Einrichtungen erstattete Umsatzsteuer ist als durchlaufender Posten zu behandeln und dementsprechend nicht zu den angabepflichtigen Bezügen zu rechnen. Eine Berichtspflicht ist auch dann nicht gegeben, wenn die Gesellschaft die Vorsteuer nicht absetzen kann. Für die ehemaligen Organmitglieder ergibt sich allerdings die Einschränkung, dass gem. § 162 Abs. 5 Satz 2 AktG die individualisierte Angabe mit Nennung der Personen nur 10 Jahre nach dem Ausscheiden aus dem Amt erlaubt ist. Daher sind etwa im Berichtsjahr gewährte Ruhegehälter für Personen, die bereits länger als 10 Jahre ausgeschieden sind, zusammengefasst anonymisiert anzugeben.
Rz. 9
Hervorzuheben ist, dass nach § 162 Abs. 1 Satz 1 AktG im Vergütungsbericht jegliche Vergütung der Organmitglieder von der Gesellschaft und Unternehmen desselben Konzerns darzustellen ist. Es wird hierbei auf die Konzerndefinition des § 290 HGB verwiesen, wobei es allein auf die Definition als Tochterunternehmen ankommt und die Frage der tatsächlichen Einbeziehung in den Konsolidierungskreis irrelev...