Leitsatz
1. Zahlt eine GmbH ihrem beherrschenden (und weiterhin als Geschäftsführer tätigen) Gesellschafter-Geschäftsführer aus Anlass der Übertragung von Gesellschaftsanteilen auf seinen Sohn eine Abfindung gegen Verzicht auf die ihm erteilte betriebliche Pensionszusage, obschon als Versorgungsfälle ursprünglich nur die dauernde Arbeitsunfähigkeit und die Beendigung des Geschäftsführervertrages mit oder nach Vollendung des 65. Lebensjahres vereinbart waren, ist regelmäßig eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis und damit eine vGA anzunehmen.
2. Sagt eine GmbH ihrem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer anstelle der monatlichen Rente "spontan" die Zahlung einer Kapitalabfindung der Versorgungsanwartschaft zu, so ist die gezahlte Abfindung regelmäßig vGA (Anschluss an Senatsurteil vom 15.9.2004, I R 62/03, BStBl II 2005, 176, BFH/NV 2005, 303, BFH/PR 2005, 103). Überdies unterfällt die Zahlung der Kapitalabfindung anstelle der Rente dem Schriftlichkeitserfordernis in § 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG.
3. Die Kapitalabfindung führt bei der GmbH auch dann zu einer Vermögensminderung als Voraussetzung einer vGA, wenn der Begünstigte zeitgleich auf seine Anwartschaftsrechte auf die Versorgung verzichtet und die bis dahin gebildete Pensionsrückstellung erfolgswirksam aufgelöst wird. Es gilt insofern eine geschäftsvorfallbezogene, nicht aber eine handelsbilanzielle Betrachtungsweise (Anschluss an Senatsurteile BFH vom 14.3.2006, I R 38/05, BFH/NV 2006, 1515, BFH/PR 2006, 276 und BFH vom 5.3.2008, I R 12/07, BFHE 220, 454, BFH/NV 2008, 1273, BFH/PR 2008, 311; Klarstellung des Senatsurteils BFH vom 28.4.2010, I R 78/08, BStBl II 2013, 41, BFH/NV 2010, 1709, BFH/PR 2010, 375).
Normenkette
§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG, § 6a EStG
Sachverhalt
Die Geschäftsanteile an der Klägerin, einer GmbH, hielten bis zum 1.11.2006, dem Streitjahr, der am 18.4.1954 geborene WL zu 97,6 % sowie dessen Kinder ML, PL und CL zu jeweils 0,8 %. WL war zugleich alleiniger Geschäftsführer.
Mit Vertrag vom 9.11.2006 erwarb ML die Anteile seiner Geschwister. WL und ML gründeten zum 1.11.2006 eine GbR, an welcher WL zu 65 % und ML zu 35 % beteiligt waren. WL brachte in die GbR das von der Klägerin genutzte Betriebsgrundstück und seine Geschäftsanteile an der Klägerin ein.
Im Geschäftsführervertrag hatte die Klägerin WL bereits im Jahre 1990 eine Altersversorgung für den Fall zugesagt, dass er dauernd arbeitsunfähig wird oder der Geschäftsführervertrag mit oder nach Vollendung des 65. Lebensjahres endet.
Mit Nachtrag vom 31.7.2006 zum Geschäftsführervertrag wurde vereinbart, dass WL aus Anlass der Veräußerung seiner GmbH-Anteile an seinen Sohn ML auf seinen Pensionsanspruch verzichte. Es solle eine von Pensionsansprüchen unbelastete Gesellschaft übergeben werden. Deswegen verzichte er mit Wirkung vom August 2006 auf seinen Pensionsanspruch. Als Abfindung erhalte er von der GmbH einen Einmalbetrag von 171.268,00 EUR.
Der im August 2006 an WL ausgezahlte Betrag wurde als Arbeitslohn der LSt unterworfen und als Betriebsausgabe behandelt. Die Pensionsrückstellung wurde gewinnwirksam aufgelöst. WL arbeitete als Geschäftsführer der Klägerin weiter. Das FA sah in der Abfindungszahlung hingegen eine vGA.
Die Klage gegen den hiernach ergangenen KSt-Bescheid war erfolgreich (FG Nürnberg, Urteil vom 27.11.2012, 1 K 229/1, Haufe-Index 4937402).
Entscheidung
Der BFH gab indessen dem FA recht. Aus den aus dem 1. Leitsatz ersichtlichen Erwägungen sei die vorzeitige Kapitalabfindung gesellschaftlich veranlasst. Das bedinge die Annahme einer vGA, an welcher die zugleich aufgelöste Pensionsrückstellungen nichts ändere.
Hinweis
Auch (siehe nachstehend S. 194) dieser Urteilsfall betrifft die Zusage einer Pensionsanwartschaft an den Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH. Erneut bekräftigt der BFH seine bisherige Rechtsprechung, was auch dann, wenn man dieser Rechtsprechung hier und dort skeptisch oder kritisch gegenübersteht, einen nicht zu unterschätzenden Vorteil mit sich bringt: Sie sorgt für Rechtsgewissheit und für Rechtskontinuität. Die Praxis kann sich darauf einstellen.
1. Der Fokus ist in diesem Fall auf die Frage der Vermögensminderung zu legen:
Nur dann, wenn eine solche Minderung gegeben ist, kann sie durch die wertungsmäßigen Spezifika der vGA und der "Suche" nach dem Veranlassungszusammenhang mit dem Gesellschaftlichen "überwölbt" werden. Am Vorhandensein einer Vermögensminderung mag man nun zweifeln, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer als Begünstigter der Versorgungszusage auf die Anwartschaft, z.B. gegen eine Kapitalabfindung, verzichtet. Dann mag dieser Verzicht im Gesellschaftlichen wurzeln. Die Kapitalabfindung wird wirtschaftlich aber dadurch ausgeglichen, dass die GmbH die gebildete Pensionsrückstellung steuerwirksam ausbucht. Per Saldo geht das Ganze dann erfolgsneutral aus; eine Vermögensminderung als vGA-Voraussetzung könnte fehlen.
Einer derartigen "Wertsaldierung" hat sich der BFH aber in der Vergangenheit widersetzt (z.B. in den BFH-Urteilen vo...