OFD Cottbus, Verfügung v. 28.03.1994, S 0500 - 9 - St 221
Vollstreckung in das unbewegliche Vermögen von Ehegatten im Güterstand oder ehemaligen Güterstand der Eigentums- und Vermögensgemeinschaft
Besondere Schwierigkeiten bereitete in der Vergangenheit die Vollstreckung in unbewegliches Vermögen von Ehegatten, wenn diese im Grundbuch als Eigentümer in Ehegemeinschaft eingetragen waren. Diese Eigentumseintragung entzog in der Regel Grundstücke und vom Eigentum am Grundstück unabhängige Gebäude dem Zugriff der Gläubiger, wenn Schuldner nur einer der Ehegatten war.
Dieser unbefriedigende Zustand ist durch das Gesetz zur Vereinfachung und Beschleunigung register-rechtlicher und anderer Verfahren (Registerverfahrenbeschleunigungsgesetz – RegVBG) vom 20. Dezember 1993 beseitigt worden.
Ausgangslage
In der ehemaligen DDR galt mit Wirkung ab 01.04.1966 der gesetzliche Güterstand der Eigentums- und Vermögensgemeinschaft. Nach § 13 Abs. 1 Familiengesetzbuch (FGB) i. V. m. § 299 Abs. 1 Zivilgesetzbuch (ZGB) waren daher Grundstücke und vom Eigentum am Grundstück unabhängige Gebäude anteillos gemeinschaftliches Eigentum zur gesamten Hand beider Ehegatten, sofern nicht anderes vereinbart wurde.
Mit Wirkung vom 03.10.1990 gilt das eheliche Güterrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) auch in den neuen Bundesländern, mit der Folge, dass der bis dahin geltende Güterstand nach FGB kraft Einigungsvertrages grundsätzlich in den Güterstand der Zugewinngemeinschaft nach BGB übergeleitet wurde (Art. 234 § 4 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zum BGB – EGBGB).
Von diesem Grundsatz abweichend hatten die Ehegatten jedoch die Möglichkeit, innerhalb einer Frist von zwei Jahren seit dem Wirksamwerden des Beitritts (also bis zum 02.10.1992) durch Vorlage einer notariellen Urkunde gegenüber einem beliebigen Kreisgericht zu erklären, dass der bisherige Güterstand der Eigentums- und Vermögensgemeinschaft fortgelten soll (Option nach Art. 234 § 4 Abs. 2 EGBGB).
Problemstellung
Umstritten war die Frage, ob im Fall der Überleitung des bisherigen Güterstandes nach FGB in den Güterstand der Zugewinngemeinschaft nach BGB bisher gemeinschaftliches Eigentum automatisch, d. h. ohne förmliche Auseinandersetzung, in Miteigentum nach Bruchteilen zu je einhalb verwandelt würde, oder ob bis zu einer Auseinandersetzung weiterhin Gesamthandseigentum anzunehmen sei.
Da Ehegatten, deren Güterstand übergeleitet worden ist und die sich nicht auseinandergesetzt haben, in den meisten Fällen eine Grundbuchberichtigung nicht haben vornehmen lassen, bestand für die Zwangsvollstreckung die Schwierigkeit, dass dem Grundbuch nicht zu entnehmen war, in welchem Güterstand die Eheleute tatsächlich leben.
Folglich wurden Anträge auf Eintragung von Sicherungshypotheken von den Grundbuchämtern zurückgewiesen, wenn in dem Eintragungsantrag nur einer der beiden Ehegatten als Steuerschuldner genannt wurde, das Grundbuch jedoch als Eigentümer Ehegatten „in Ehegemeinschaft” auswies.
Die Berichtigung einer möglicherweise vorliegenden Unrichtigkeit der Eigentümereintragung im Grundbuch war wegen der durch § 29 Grundbuchordnung vorgeschriebenen Form (öffentliche Urkunde, notarielle Beglaubigung) und der bestehenden Unsicherheit, gegenüber welchem Kreisgericht im Beitrittsgebiet eine eventuelle Option erklärt worden war, praktisch unmöglich.
Problemlösung durch das RegVBG
Durch das RegVBG wurde zum einem in Artikel 234 des EGBGB dem § 4 die neue Vorschrift des § 4 a angehängt und zum anderen das Grundbuchbereinigungsgesetz (GBBerG) geschaffen.
Artikel 234 § 4 a Abs. 1 EGBGB löst das oben beschriebene Problem, indem er festlegt, daß bislang gemeinschaftliches Eigentum von Ehegatten, die eine Optionserklärung nach Artikel 234 § 4 Abs. 2 EGBGB nicht abgegeben haben, Eigentum zu gleichen Bruchteilen wird. Eine vorherige Auseinandersetzung ist somit nicht erforderlich.
Den hiervon betroffenen Ehegatten wird allerdings die Möglichkeit eingeräumt, für Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte befristet bis zum 20.06.1994 abweichende Anteile zu bestimmen. Dieses Wahlrecht erlischt jedoch schon früher, wenn die Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung angeordnet wird.
Darüber hinaus vereinfacht Artikel 234 § 4 a Abs. 3 EGBGB es dem Gläubiger, eine für die Vollstreckung in das unbewegliche Vermögen erforderliche Grundbuchberichtigung herbeizuführen, indem er einen Nachweis über die Unrichtigkeit in der üblichen Form nicht verlangt. Es wird nämlich die widerlegliche Vermutung aufgestellt, dass vormals gemeinschaftliches Eigentum von Ehegatten jetzt Bruchteilseigentum zu einhalb Anteilen ist, wenn sich
- aus dem Grundbuch keine anderen Anteile ergeben und
- aus dem Güterrechtsregister nicht ergibt, dass eine Optionserklärung für die Beibehaltung des bisherigen Güterstandes abgegeben oder Gütergemeinschaft vereinbart worden ist.
Verfahren
Weist das Grundbuch als Eigentümer Ehegatten in Ehegemeinschaft aus, ist zunächst bei dem für den gewöhnlichen Aufenthalt der Ehegatten zuständigen Amtsgericht eine Auskunft aus dem...