OFD Hannover, Verfügung v. 19.6.2002, S 2295 - 49 -StO 211/S 2295 - 79 - StH 215

Nach § 188 Abs. 4 SGB III kann ein Arbeitnehmer vor seinem Antrag auf Insolvenzgeld und vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens bzw. Abweisung des Antrags mangels Masse seinen Anspruch auf Arbeitsentgelt mit Zustimmung des Arbeitsamts an ein Kreditinstitut abtreten (Vorfinanzierung). In diesem Fall steht das Insolvenzgeld dem Kreditinstitut zu und wird an dieses ausgezahlt. Nach einem Beschluss der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder bezieht der Arbeitnehmer auch bei einer Vorfinanzierung steuerfreies Insolvenzgeld i.S. des § 32b Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a EStG, das dem Progressionsvorbehalt unterliegt. Das Insolvenzgeld ist deshalb von der Arbeitsverwaltung nach § 32b Abs. 3 EStG zu bescheinigen.

Das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung und die BfA vertreten demgegenüber die Auffassung, dass bei einer Vorfinanzierung des Arbeitsentgelts nicht mehr der Arbeitnehmer Anspruchsinhaber des Insolvenzgelds ist, sondern das vorfinanzierte Kreditinstitut. § 32b Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a EStG sei deshalb nicht einschlägig und somit auch keine Bescheinigung nach § 32b Abs. 3 EStG auszustellen. Die örtlichen Arbeitsämter erteilen deshalb z.Zt. in diesen Fällen keine entsprechenden Bescheinigungen.

Um sicherzustellen, dass auch bei einer Vorfinanzierung des Arbeitsentgelts der Progressionsvorbehalt Anwendung findet, soll in Insolvenzfällen durch Rückfrage beim Konkursverwalter festgestellt werden, ob und ggf. welche Arbeitnehmer ihren Arbeitsanspruch an ein Kreditinstitut abgetreten haben. Bei den entsprechenden Arbeitnehmern ist nach § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG eine Veranlagung durchzuführen. Sofern der Arbeitnehmer die Höhe des Insolvenzgelds nicht erklären kann, ist das Insolvenzgeld beim Arbeitsamt durch ein Auskunftsersuchen nach § 93 AO festzustellen.

 

Normenkette

EStG § 32b Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a

EStG § 32b Abs. 3;

SGB III § 188 Abs. 4

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