Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Kommentar
Verwendet eine Gemeinde bezogene Leistungen sowohl für unternehmerische (wirtschaftliche) Leistungen als auch für ihren hoheitlichen Bereich, berechtigen diese Leistungsbezüge nur insoweit zum Vorsteuerabzug, wie eine unternehmerische Verwendung erfolgt. Es kann nur eine teilweise Zuordnung dieser Leistungen zur wirtschaftlichen Tätigkeit erfolgen.
Hier liegt nach der Rechtsprechung von EuGH und BFH ein fundamentaler Unterschied gegenüber der Verwendung von Gegenständen eines (Einzel-)Unternehmers für unternehmerische und private Zwecke vor. Während die "private" Mitverwendung eines Gegenstands nicht der vollständigen Zuordnung eines Gegenstands zum Unternehmen mit dann anschließend notwendiger Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe entgegen steht, darf bei einer nichtwirtschaftlichen Nutzung (z. B. im hoheitlichen Bereich einer jPdöR) der Gegenstand nur insoweit dem Unternehmen zugeordnet werden, wie auch eine unternehmerische Betätigung vorliegt.
Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BFH nimmt die Finanzverwaltung in Abschn. 15.19 Abs. 2 UStAE zu der Frage der Vorsteuerabzugsberechtigung einer Gemeinde für Kureinrichtungen Stellung.
Eine Gemeinde kann keine Vorsteuern aus Herstellung und Unterhalt von Einrichtungen geltend machen, die zwar durch die Gemeinde als Teil der öffentlichen Kureinrichtungen bzw. des Fremdenverkehrs vorgehalten werden, jedoch nach den landesrechtlichen Regelungen (z. B. Straßen- und Wegerecht) durch öffentlich-rechtliche Widmung als dem Gemeingebrauch zugänglich anzusehen bzw. einer solchen Widmung zuzuführen sind, selbst wenn die Gemeinde vom Kurgast auf der Grundlage einer Satzung einen allgemeinen Kurabgabebeitrag erhebt.
Bei Fehlen einer öffentlich-rechtlichen Widmung entfällt der Vorsteuerabzug auch dann, wenn die Einrichtung ausdrücklich (z. B. durch Gemeindeordnung) oder konkludent (z. B. durch Gewohnheitsrecht oder Ausschilderung als Spazier- oder Wanderweg) der Öffentlichkeit zur Nutzung überlassen wird und dadurch insoweit eine Sondernutzung in Zusammenhang mit einer wirtschaftlichen Tätigkeit ausgeschlossen ist.
Konsequenzen für die Praxis
Wesentliche neue Erkenntnisse sind mit der Veröffentlichung des BMF-Schreibens nicht verbunden, da die Grundsätze teilweise schon lange aus der Rechtsprechung des BFH bekannt sind. Die Finanzverwaltung fasst diese Grundsätze jetzt im Wesentlichen in Abschn. 15.19 Abs. 2 UStG zusammen.
Die Finanzverwaltung weist ergänzend darauf hin, dass die von ihr festgelegten Grundsätze zum Übergang der früheren Regelungen zur unternehmerischen Betätigung einer jPdöR nach § 2 Abs. 3 UStG zur Neuregelung nach § 2b UStG entsprechend gelten. Danach gelten die Abgrenzungen zur unternehmerischen Betätigung entsprechend, solange § 2 Abs. 3 UStG in der am 31.12.2015 geltenden Fassung infolge einer wirksamen Optionserklärung nach § 27 Abs. 22 Satz 3 i. V. m. Abs. 22a UStG auf nach dem 31.12.2016 und vor dem 1.1.2023 ausgeführte Leistungen weiterhin anzuwenden ist.
Die Regelungen aus dem BMF-Schreiben sind in allen offenen Fällen anzuwenden.
Link zur Verwaltungsanweisung
BMF, Schreiben v. 18.1.2021, III C 2 – S 7300/19/10002 :002, BStBl 2021 I S. 121