Prof. Dr. Stefan Schneider
Leitsatz
1. Auch wenn ein auswärtiger Sprachkurs nur Grundkenntnisse oder allgemeine Kenntnisse in einer Fremdsprache vermittelt, diese aber für die berufliche Tätigkeit ausreichen, kann der Kurs beruflich veranlasst sein und deshalb die Kursgebühr als Werbungskosten abgezogen werden.
2. Die Wahl, einen Sprachkurs auswärts zu besuchen, ist regelmäßig privat mit veranlasst. Bei der deshalb gebotenen Aufteilung der Reisekosten in Werbungskosten und Kosten der privaten Lebensführung kann dann auch ein anderer als der zeitliche Aufteilungsmaßstab angezeigt sein.
Normenkette
§ 9 Abs. 1 S. 1 EStG
Sachverhalt
K war im Jahr 2000 bei der Bundeswehr als Zugführeroffizier tätig und studierte zugleich an der Bundeswehrhochschule Wirtschafts- und Organisationswissenschaften. Er hat den Studiengang als Diplom-Kaufmann abgeschlossen. Nach Ablauf seiner Dienstzeit (Juni 2003) war er als Sicherheitsberater selbstständig tätig.
K nahm vom 14.08.2000 bis 08.09.2000 an dem hier streitigen Englischsprachkurs in Südafrika teil. K machte dafür mit seiner ESt-Erklärung erfolglos Aufwendungen von 7 844 DM als Werbungskosten geltend.
Die Klage dagegen war im ersten Rechtszug teilweise erfolgreich (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 09.09.2003, 1 K 275/02, Haufe-Index 1258178, EFG 2005, 29). Die Revision (BFH, Urteil vom 15.03.2007, VI R 61/04, BFH/NV 2007, 1132, BFH/PR 2007, 263) führte zur Aufhebung und Zurückverweisung, worauf das FG die Klage abwies (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.06.2009, 1 K 100/07, Haufe-Index 2315392, EFG 2010, 1100).
Entscheidung
Die Revision des K dagegen war erfolgreich. Das FG wird nun zum einen erneut über die berufliche Veranlassung des Englischkurses selbst zu entscheiden und ggf. auch die Reisekosten in privat motivierte nicht abziehbare und beruflich motivierte abziehbare aufzuteilen haben. Dabei wird, wie unter den Praxis-Hinweisen dargelegt, auch zu berücksichtigen sein, dass die Reise an touristisch interessante Orte führte.
Hinweis
Der Streitfall befindet sich im zweiten Rechtsgang. Wieder hebt der BFH auf und verweist zurück, diesmal um dem FG Gelegenheit zu geben, die erst nach der Entscheidung des FG entwickelten neuen Rechtsgrundsätze zur Aufteilung gemischt veranlasster Reisen anzuwenden (BFH, Beschluss vom 21.09.2009, GrS 1/06, BFH/NV 2010, 285, BFH/PR 2010, 85). Zwei Arten von Kosten waren hier im Streit, nämlich die für den eigentlichen Sprachkurs (1.) und die für die damit verbundene Reise nach Südafrika (2.).
1. Kursgebühren zum Erwerb von Fremdsprachenkenntnissen sind Werbungskosten, wenn ein konkreter Zusammenhang mit der Berufstätigkeit besteht. Ob dies der Fall ist, entscheidet das FG als Tatsacheninstanz unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls. Das war hier der erste Prüfungsauftrag für den weiteren Rechtsgang beim FG.
2. Für die Reisekosten selbst kommt nun die im Beschluss zum Aufteilungs- und Abzugsverbot (BFH, Beschluss vom 21.09.2009, GrS 1/06, BFH/NV 2010, 285, BFH/PR 2010, 85) angesprochene Möglichkeit zur Anwendung, Reisekosten auch anders als nach Zeitanteilen aufzuteilen. Die Aufteilung nach Zeiteinteilung ist insbesondere dann der geeignete Aufteilungsmaßstab, wenn an die beruflich motivierte Reise weitere privat motivierte Reiseteile zeitlich nachfolgen. Anderes kann gelten, wenn gleichzeitig private und berufliche Veranlassungsbeiträge vorliegen. Insbesondere bei Reisen, denen kein unmittelbarer beruflicher Anlass zugrunde liegt, kann auch der touristische Wert des Aufenthalts mit zu berücksichtigen sein, so insbesondere bei Sprachkursen, die an vielen Orten belegt werden können. Entscheidet sich der Steuerpflichtige für einen Sprachkurs an einem touristisch interessanten Ort, wovon hier bei einem Sprachkurs in englischer Sprache in Südafrika offensichtlich auszugehen war, schließt der BFH eine Aufteilung nach beruflichen Veranlassungsbeiträgen unter der Woche sowie privaten Veranlassungsbeiträgen an den Wochenenden nicht aus. Und darüber hinaus deutet der BFH auch einen entsprechend weiten Beurteilungsspielraum für die Tatsacheninstanz an. Für den Fall, dass keiner der Beteiligten einen Aufteilungsmaßstab substanziell vortragen und nachweisen könnte, können auch die mit der Reise verbundenen Kosten je hälftig aufgeteilt werden.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 24.02.2011 – VI R 12/10