Leitsatz
Sog. Wertaufholungen gem. § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 3 EStG 2002, denen in früheren Jahren sowohl steuerwirksame als auch steuerunwirksame Abschreibungen von Anteilen auf den niedrigeren Teilwert vorangegangen sind, sind nach Maßgabe von § 8b Abs. 2 S. 2 KStG 2002 a.F./§ 8b Abs. 2 S. 4 KStG 2002 n.F. zunächst mit den nicht steuerwirksamen und erst danach – mit der Folge der Steuerpflicht daraus resultierender Gewinne – mit den steuerwirksamen Teilwertabschreibungen zu verrechnen.
Normenkette
§ 8b Abs. 2 S. 2, Abs. 3 KStG 2002 a.F., § 8b Abs. 2 S. 4, Abs. 3 S. 3 KStG 2002 n.F., § 6 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 EStG 2002
Sachverhalt
Zum Betriebsvermögen der Klägerin, einer GmbH, gehörten – auch in den Streitjahren 2003 und 2004 – Aktien von Publikumsgesellschaften, die im Umlaufvermögen bilanziert wurden. Gleichartige Wertpapiere wies die Klägerin je nach Anschaffungszeitpunkt gesondert aus.
In der Bilanz für das Wirtschaftsjahr 2001 waren die Aktien mit 621 071 EUR ausgewiesen. I.H.v. 386 624 EUR hatte die Klägerin bis zu diesem Zeitpunkt – steuerwirksam – Abschreibungen auf den niedrigeren Teilwert der Aktien vorgenommen.
Im Wirtschaftsjahr 2002 erwarb sie weitere Aktien für insgesamt 119 993 EUR und nahm Teilwertabschreibungen auf die Wertpapiere i.H.v. 270 862 EUR vor, die nach der erstmals für diesen VZ anwendbaren Regelung des § 8b Abs. 3 (i.V.m. § 34 Abs. 7 S. 1 Nr. 2) KStG 2002 a.F. (nunmehr gleichlautend § 8b Abs. 3 S. 3 KStG 2002 n.F.) bei der Ermittlung des Einkommens nicht mehr ertragsmindernd berücksichtigt werden konnten.
Zum 31.12.2003 und 31.12.2004 nahm die Klägerin weitere steuerunwirksame Abschreibungen auf den niedrigeren Teilwert der Aktien sowie Wertaufholungen vor. In Höhe der Zuschreibungen wurden durchweg steuerunwirksame Teilwertabschreibungen des Vorjahrs rückgängig gemacht.
Das FA vertrat die Auffassung, dass im Rahmen der Wertaufholungen die vorangegangenen steuerwirksamen Teilwertabschreibungen rückgängig zu machen und die Zuschreibungen insoweit nach § 8b Abs. 2 S. 2 KStG 2002 a.F./§ 8b Abs. 2 S. 4 KStG 2002 n.F. gewinnwirksam zu erfassen seien. Lediglich der verbleibende positive Saldo sei gem. § 8b Abs. 2 S. 1 KStG steuerfrei. Bei der Einkommensermittlung für 2004 erhöhte das FA allerdings gem. § 8b Abs. 3 S. 1 KStG 2002 n.F. i.H.v. 5 % des nach § 8b Abs. 2 KStG 2002 steuerfrei gestellten Betrag.
Die Klage gegen die hiernach ergangenen Steuerbescheide war im Wesentlichen erfolgreich; lediglich bezogen auf die 5 %ige Gewinnerhöhung nach § 8b Abs. 3 S. 1 KStG 2002 blieb sie ohne Erfolg (FG Düsseldorf, Urteil vom 02.12.2008, 6 K 2726/06 K, Haufe-Index 2197522, EFG 2009, 436).
Entscheidung
Der BFH hat sich dem FG uneingeschränkt angeschlossen. Einzelnes ergibt sich aus den Praxis-Hinweisen.
Hinweis
1. In diesem Heft (auf S. 44) wurden Sie über die "Wechselwirkung" zwischen dem sog. Sperrbetrag (zur Neutralisierung der Teilwertabschreibung auf Kapitalbeteiligungen) einerseits und der Werterholung jener Beteiligungen nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 3 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 S. 4 EStG andererseits informiert (zum Urteil des BFH vom 19.08.2009 I R 1/09). Dieses Mal geht es darum, ob und unter welchen Umständen eine derartige Werterholung gem. § 8b Abs. 2 KStGsteuerfrei gestellt werden kann.
Das ist nach § 8b Abs. 2 S. 3 KStG grundsätzlich der Fall. Nach § 8b Abs. 2 S. 2 KStG 2002 a.F./§ 8b Abs. 2 S. 4 KStG 2002 n.F. gilt dies jedoch nicht, soweit der Anteil in früheren Jahren steuerwirksam auf den niedrigeren Teilwert abgeschrieben und die Gewinnminderung nicht durch den Ansatz eines höheren Werts ausgeglichen worden ist.
Grund für diese Ausnahme, um die es im Urteilsfall in erster Linie geht, ist § 8b Abs. 3 KStG 2002 a.F./§ 8b Abs. 3 S. 2 KStG 2002 n.F., wonach Gewinnminderungen, die im Zusammenhang mit dem in § 8b Abs. 2 KStG 2002 genannten und danach von der KSt freigestellten Anteile an einer Körperschaft oder Personenvereinigung entstehen, bei der Ermittlung des Einkommens nicht zu berücksichtigen sind. Dieser Abzugsausschluss wurde indes erst mit der Systemumstellung vom körperschaftsteuerrechtlichen Anrechnungs- zum sog. Halbeinkünfteverfahren durch das StSenkG vom 23.10.2000 geschaffen. Zuvor blieben die Gewinnminderungen – und damit auch Abschreibungen auf einen niedrigeren Teilwert – prinzipiell steuerwirksam.
2. Problem ist nun, in welcher Weise diese Gewinne aus den Wertaufholungen im Hinblick auf die in § 8b Abs. 2 S. 1 KStG 2002 a.F./§ 8b Abs. 2 S. 3 KStG 2002 n.F. grundsätzlich angeordnete Steuerfreistellung zu verrechnen sind.
Die Finanzverwaltung (vgl. OFD Münster, Verfügung vom 23.02.2005, DB 2005, 470; OFD Koblenz, Verfügung vom 18.09.2006, DStR 2006, 2033) geht davon aus, die Wertaufholungen seien solange steuerpflichtig, bis die steuerwirksam vorgenommenen Teilwertabschreibungen in vollem Umfang ausgeglichen seien. Im Ergebnis wird danach also eine Verrechnungsreihenfolge des "First in – First out" vertreten: Die Wertaufstockungen sind zunächst mit den früheren (ersten) Abschreibungen zu ver...