Leitsatz
1. Werden Wirtschaftsgüter zur Abgeltung eines rechtsgeschäftlich begründeten Anspruchs, mit dem bei fortbestehender Zugewinngemeinschaft der sich bis dahin ergebene Zugewinn ausgeglichen werden soll, übertragen, handelt es sich um einen (objektiv) unentgeltlichen Vorgang und um eine freigebige Zuwendung i.S.d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG.
2. Der Verzicht auf eine im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch nicht entstandene, möglicherweise erst zukünftig entstehende Ausgleichsforderung stellt keinen in Geld bewertbaren Vermögenswert dar, sondern verkörpert allenfalls eine bloße Erwerbschance, die nicht in Geld veranschlagt werden kann und deshalb nach § 7 Abs. 3 ErbStG bei der Feststellung, ob eine Bereicherung vorliegt, nicht zu berücksichtigen ist.
Normenkette
§ 5 Abs. 2, § 7 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3, § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG
Sachverhalt
Bei fortbestehender Zugewinngemeinschaft übertrug der Ehemann durch Erb- und Ehevertrag vom Dezember 1999 auf die Klägerin 310.000 DM sowie Grundbesitz "zum Ausgleich des bis Ende 1999 erwirtschafteten Zugewinns". Dabei wurde der Güterstand dahin modifiziert, dass bei einer Scheidung kein weiterer Zugewinnausgleich erfolgen und beim Tod eines Ehegatten einzelne Vermögensteile unberücksichtigt bleiben sollen. Das FA nahm an, das Geld und der Grundbesitz seien freigebig zugewendet; allerdings seien die Freibeträge nicht überstiegen.
Anlässlich einer späteren Schenkung kam es wegen § 14 ErbStG dann doch noch darauf an, ob es sich bei den Übertragungen um freigebige Zuwendungen – und damit um Vorerwerbe – oder um einen Austauschvorgang gehandelt hat. Das FG vertrat Letzteres (EFG 2005, 1711).
Entscheidung
Der BFH erkannte auf freigebige Zuwendungen. Mangels Beendigung des gesetzlichen Güterstands sei der Ehemann nicht zu einem Ausgleich des Zugewinns verpflichtet gewesen. Eine Ausgleichsverpflichtung entsteht nach § 1378 Abs. 3 BGB erst mit der Beendigung des gesetzlichen Güterstands.
Die vorgenommenen Modifizierungen stellten keine Beendigung des Güterstands dar. Soweit die Klägerin mit dem Vertrag vom Dezember 1999 in Höhe des erhaltenen Vermögens auf künftigen Zugewinnausgleich verzichtet habe, stelle dieser Verzicht keine Gegenleistung dar, und zwar aus den im 2. Leitsatz wiedergegebenen Gründen.
Hinweis
1. Wollen Ehegatten, die im Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben, einen vorzeitigen Zugewinnausgleich durchführen, ohne Gefahr zu laufen, eine freigebige Zuwendung zu bewirken, sollten sie die Zugewinngemeinschaft wenigstens für einen Moment beenden. Die anschließende Neubegründung ist dann unschädlich (BFH, Urteil vom 12.7.2005, II R 29/02, BFH-PR 2005, 463).
In einem solchen Fall scheidet eine freigebige Zuwendung aus, weil zwar die Beendigung der Zugewinngemeinschaft durch Rechtsgeschäft herbeigeführt wird, die Ausgleichsforderung aber nach § 1378 Abs. 3 BGB von Gesetzes wegen entsteht. Das Entstehen der Ausgleichsforderung kraft Gesetzes infolge einer Beendigung der Zugewinngemeinschaft – genauer: deren Erfüllung – ist nicht schenkungsteuerbar, wie § 5 Abs. 2 ErbStG klarstellend regelt.
Allerdings muss es tatsächlich zu einer güterrechtlichen Abwicklung gekommen sein. Der Ausgleichsbetrag muss gem. den gesetzlichen Vorgaben ermittelt und (nicht mehr als) die Ausgleichsforderung erfüllt sein.
2. Nehmen in Zugewinngemeinschaft lebende Ehegatten einen vorzeitigen Ausgleich des Zugewinns, der bis zu einem bestimmten Stichtag erwirtschaftet worden ist, während fortbestehender Zugewinngemeinschaft vor, stellt dies eine freigebige Zuwendung an den ausgleichsberechtigten Ehegatten dar (BFH, Urteil vom 24.8.2005, II R 28/02, BFH/NV 2006, 63).
3. Der nunmehr entschiedene Fall II R 12/06 ist eine Variante des vorstehend unter 2. wiedergegebenen Judikats. Beide Sachverhalte gleichen sich darin, dass während fortbestehender Zugewinngemeinschaft der Gedanke des Zugewinnausgleichs dazu genutzt werden soll, eine Vermögensübertragung des einen Ehegatten auf den anderen nicht als freigebig erscheinen zu lassen. Der BFH hat beide Male mit weitgehend derselben Begründung eine Schenkung angenommen.
Er hat darauf abgestellt, dass ohne Beendigung der Zugewinngemeinschaft durch Tod, Scheidung oder Ehevertrag keine Ausgleichsforderung besteht, auf die der bedachte Ehegatte im Sinn einer Gegenleistung verzichten könnte. Ob und in welcher Höhe eine solche Forderung in Zukunft entstehen wird, sei ungewiss.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 28.6.2007, II R 12/06