Leitsatz
1. Kosten für eine auf Dauer angelegte Testamentsvollstreckung können bei den aus der Verwaltung des Nachlasses erzielten Einkünften aus Vermietung und Verpachtung als Werbungskosten abgezogen werden.
2. Werden aus der Verwaltung des Nachlasses noch andere Einkünfte erzielt, kommt eine Aufteilung der Kosten nach dem anteiligen Zeitaufwand des Testamentsvollstreckers nicht in Betracht, wenn sich der Anspruch des Testamentsvollstreckers nach dem Nachlasswert bemisst.
3. Für die Aufteilung der einheitlichen Kosten der Testamentsvollstreckung auf verschiedene Einkunftsarten kommt es auf die Zusammensetzung des Nachlasses im jeweiligen Veranlagungszeitraum an.
Normenkette
§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG, § 2209, § 2216 Abs. 1 BGB
Sachverhalt
Die Klägerin erbte von ihrer Mutter u.a. zwei vermietete Mehrfamilienhäuser sowie umfangreiches Kapitalvermögen. Die Mutter hatte Dauertestamentsvollstreckung angeordnet. Der Testamentsvollstrecker sollte pro Jahr 1,5 % vom (anfänglichen) Bruttonachlasswert erhalten. Das FA teilte die Aufwendungen in den Streitjahren (2009 bis 2011) nach den historischen Wertverhältnissen auf. Die Klägerin begehrte den Ansatz der Gebühr nach dem Zeitaufwand, soweit er auf die Vermietung der Mehrfamilienhäuser entfiel.
Entscheidung
Das FG hat die Klage abgewiesen (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 14.12.2015, 10 K 2700/14, Haufe-Index 10162507). Auf die Revision der Klägerin hat der BFH die Vorentscheidung aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen. Zwar komme eine Aufteilung nach dem Zeitaufwand nicht in Betracht. Aufzuteilen ist vielmehr nach den aktuellen Wertverhältnissen. Das FG muss dazu noch Feststellungen treffen.
Hinweis
1. Sind Kosten der Testamentsvollstreckung Werbungskosten? Es kommt darauf an, ob die Testamentsvollstreckung nur vorübergehend, z.B. zum Zwecke der Aufteilung des Nachlasses und der Auseinandersetzung der Erben, oder ob sie auf Dauer angeordnet ist.
Im ersten Fall handelt es sich um Kosten, die im Zusammenhang mit dem Erbfall und dem Vermögensübergang stehen. Sie sind nach der Rechtsprechung nicht durch die Erzielung von Einkünften veranlasst.
Anders ist dies bei der sog. Verwaltungsvollstreckung. Nur insofern erkennt die Rechtsprechung an, dass die Erzielung von Einkünften aus dem Nachlass ohne diese Kosten nicht möglich wäre. Das gilt wohl für alle Einkunftsarten.
2. Werden aus dem Nachlass Einkünfte erzielt, die verschiedenen Einkunftsarten unterfallen, sind die einheitlichen Kosten der Testamentsvollstreckung entweder aufzuteilen oder in voller Höhe der Einkunftsart zuzuordnen, die im Vordergrund steht. Die Aufteilung richtet sich nach "ihrer jeweiligen Veranlassung". Mit diesem abstrakten Wort ist wenig gewonnen. Der Besprechungsfall zeigt, wie die Aufteilung konkret vorzunehmen ist. Der BFH hält sich mangels anderer Anhaltspunkte recht nah an die zivilrechtliche Rechtslage:
a) Die Aufteilung einer einheitlichen Testamentsvollstreckergebühr nach Zeitanteilen (für seine jeweilige Tätigkeit) kommt nicht in Betracht, wenn sich die Vergütung nach dem Gesamtwert des Nachlasses richtet. Die Vergütung ist dann nicht durch den Zeitaufwand "veranlasst".
b) Gleiches gilt für eine denkbare Aufteilung nach der Höhe der Einkünfte. Soweit sie zivilrechtlich keinen Einfluss auf die Höhe der Vergütung des Testamentsvollstreckers hat, scheidet die Aufteilung insofern aus.
c) Aufzuteilen ist vielmehr nach den Wertverhältnissen des Nachlasses, denn danach bemisst sich die Vergütung im Regelfall.
3. Aber auch das reicht zur Lösung des Falls noch nicht aus. Kommt es auf die historische Zusammensetzung des Nachlasses an, wenn sie zivilrechtlich maßgeblich ist? Das FA und das FG hatten so entschieden und nach dem Inkrafttreten von § 20 Abs. 9 EStG den auf die Einkünfte aus Kapitalvermögen entfallenden Anteil der Werbungskosten vom Abzug ausgenommen. Dem ist der BFH nicht gefolgt. Hier überlagert das steuerliche Abschnittsprinzip die zivilrechtliche Rechtslage mit der Maßgabe, dass es auf die Zusammensetzung des Nachlasses im jeweiligen VZ ankommt.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 8.11.2017 – IX R 32/16