Entscheidungsstichwort (Thema)
Personalverpflegung durch Arbeitgeber
Leitsatz (amtlich)
Die Verpflegung des Personals durch den Arbeitgeber in dessen Haushalt unterliegt dem allgemeinen Steuersatz.
Orientierungssatz
1. Leistet ein Arbeitgeber Personalverpflegung auf Grund arbeitsvertraglicher Verpflichtung, so vergütet er mit den Verpflegungsleistungen Dienstleistungen seiner Arbeitnehmer (tauschähnlicher Umsatz). Deren Wert gilt als Entgelt für die Lieferungen des Arbeitgebers. Dieser Wert ist nach objektiven Maßstäben zu bestimmen bzw. zu schätzen. Dabei können sich aus dem Wert der Personalverpflegung Hinweise für die Ermittlung des Werts der Gegenleistung (anteilige Arbeitsleistung) ergeben (vgl. BFH-Rechtsprechung). Hier: Ansatz der Sachbezugswerte der Finanzverwaltung für Personalverpflegung (ohne Zuschlag).
2. Ist ein während des Revisionsverfahrens bekanntgegebener Steueränderungsbescheid auf Antrag des Klägers Gegenstand des Verfahrens geworden, so ist das FG-Urteil gegenstandslos geworden. Der BFH kann ohne Aufhebung und Zurückverweisung gemäß § 127 FGO über die Klage selbst entscheiden, wenn die Sache entscheidungsreif ist und die tatsächlichen Grundlagen hinsichtlich des Streitpunktes durch den neuen Bescheid nicht berührt werden (vgl. BFH-Rechtsprechung).
3. Eine pauschale Bezugnahme des FG in dem angefochtenen Urteil auf "weitere Einzelheiten" in einem Schriftsatz des Klägers bedeutet nicht, daß das FG die darin behaupteten Tatsachen auch festgestellt hat, wenn die Bezugnahme nur zur Erläuterung der Angriffe des Klägers erfolgt ist.
4. Der im finanzgerichtlichen Verfahren erfolgreiche Steuerpflichtige ist als Revisionsbeklagter befugt, tatsächliche Feststellungen des FG mit Verfahrensrügen (sog. Gegenrügen) ohne Bindung an die Revisionsbegründungsfrist bis zum Ende der mündlichen Verhandlung anzugreifen (vgl. BFH-Urteil vom 19.3.1970 IV R 72/69).
5. NV: Hatte der Kläger, dem die Rechtsauffassung des BFH durch Vorbescheid bekannt war, erklärt, er werde sein Begehren in der Sache auch dann weiter verfolgen, wenn der BFH die vom FA eingelegte Revision für zulässig halte, so ist über die Zulässigkeit der Revision nicht durch Zwischenurteil, sondern im Endurteil zu entscheiden (vgl. BFH-Urteil vom 2.2.1979 VI R 108/75).
6. NV: Erfüllt die Unterschrift des nach Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG befähigten Beamten des FA die für Revisionseinlegung und Revisionsbegründung aufgestellten Anforderungen (vgl. Rechtsprechung: BFH, BGH), dann ist es unerheblich, daß die Unterschrift des Beamten auf einem fünf Jahre später gefertigten privaten Schreiben von den maßgeblichen Unterschriften auf den bestimmenden Revisionsschriftsätzen abweicht, wenn für letztere Anhaltspunkte für eine Fälschung nicht vorhanden sind.
Normenkette
FGO §§ 68, 118 Abs. 2, § 120 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 2, §§ 121, 123 S. 2, § 126 Abs. 3 Nr. 1; UStG 1967 § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1, 12 S. 2, § 10 Abs. 3 S. 2, § 12 Abs. 1, 2 Nr. 1; UStG 1973 § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1, 12 S. 2, § 10 Abs. 3 S. 2, § 12 Abs. 1, 2 Nr. 1
Tatbestand
I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist selbständiger Bäckermeister. Er beschäftigte in seinem Betrieb u.a. Gesellen, die neben einem Barlohn Kost und Wohnung erhielten.
Personalverpflegung für Gesellen und auch für Lehrlinge erklärte er in den Streitjahren 1972 bis 1976 ohne Aufgliederung als Umsätze mit dem ermäßigten Steuersatz (von 5,5 v.H.). Nach einer Betriebsprüfung im Jahre 1979 änderte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ―FA―) die Steuerfestsetzungen nach § 164 Abs.2 der Abgabenordnung (AO 1977), in dem er die Bemessungsgrundlagen für die Umsätze durch Personalverpflegung um einen Zuschlag auf die dafür angesetzten Sachbezugswerte erhöhte und den allgemeinen Steuersatz zugrunde legte.
Der Einspruch hatte keinen Erfolg.
Die Klage führte zur Änderung der Umsatzsteuerbescheide im Sinne des Klageantrags.
Das Finanzgericht (FG) setzte als Bemessungsgrundlage für die Beköstigung der Gesellen und Lehrlinge nur die auch für die Lohnsteuer verwendeten Sachbezugswerte (ohne Zuschläge) an und erfaßte sie mit dem ermäßigten Steuersatz von 5,5 v.H. (§ 12 Abs.1 Nr.1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes ―UStG― 1967/1973) mit der Begründung, daß dem allgemeinen Steuersatz unterliegende Lieferungen von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle (§ 12 Abs.2 Nr.1 Satz 2 UStG 1967/1973) nicht vorhanden seien. Die Beköstigung von Arbeitnehmern in Betriebs- und in Privaträumen des Arbeitgebers ―so führte das FG dazu aus― sei zwar nach dem Wortlaut, nicht aber nach dem vom Gesetzgeber damit verfolgten Sinn und Zweck der Vorschrift "Verzehr an Ort und Stelle". Die Lieferung von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle sei regelmäßig mit sonstigen Leistungen erheblichen Umfangs, insbesondere mit Dienstleistungen und der Bereitstellung von Räumen und anderen Einrichtungen verbunden. Dies rechtfertige die gegenüber der bloßen Lieferung von Speisen höhere Besteuerung mit dem allgemeinen Steuersatz für Dienstleistungen. Bei der Beköstigung von Personal in Geschäfts- und Privaträumen des Unternehmers trete das Element der sonstigen Leistung in aller Regel ganz zurück. Im Vordergrund stehe eindeutig die Lieferung. Da die gesetzliche Einschränkung zum "Verzehr an Ort und Stelle" nach ihrem Sinn und Zweck hier nicht eingreife, komme es auf die Gültigkeit des § 5 der Dritten Verordnung zur Durchführung des Umsatzsteuergesetzes (Mehrwertsteuer) ―3.UStDV― nicht mehr an. Dies gelte auch für die Verpflegung von Arbeitnehmern in ihren vom Arbeitgeber gewährten Unterkünften. Die Überlassung von Wohnraum sei keine mit der Lieferung der Speisen verbundene sonstige Leistung. Sie werde unabhängig von der Beköstigung ausgeführt.
Mit der Revision rügt das FA fehlerhafte Anwendung des § 12 Abs.2 Nr.1 UStG 1967/1973. Das FA begründet die Revision wie folgt: Dem allgemeinen Steuersatz unterliegende Lieferungen von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle seien auch vorhanden, wenn ein Unternehmer seinen Arbeitnehmern Räume und Einrichtungen überlasse, die einen solchen Verzehr ermöglichten. So müsse die Einnahme der durch nicht nur unerhebliche Dienstleistungen zubereiteten Mahlzeiten an dafür bereitgestellten Tischen und Sitzgelegenheiten und mit dafür überlassenem Geschirr und Besteck als Verzehr an Ort und Stelle beurteilt werden.
Das FA beantragte zunächst, das Urteil des FG aufzuheben und für die Umsätze durch Personalverpflegung den allgemeinen Steuersatz zu berücksichtigen.
Während des Revisionsverfahrens änderte das FA mit Umsatzsteueränderungsbescheid (Sammelbescheid) für 1972 bis 1976 vom 9.Mai 1983 die angefochtenen Umsatzsteuerbescheide nach § 172 Abs.1 Nr.2a AO 1977 und ermäßigte die Umsatzsteuer für 1972 bis 1976. Es beurteilte Lieferungen von Speisen und Getränken an Lehrlinge nunmehr als nichtsteuerbar und legte der Bemessung der übrigen Personalverpflegung lohnsteuerliche Sachbezugswerte ohne einen Zuschlag zugrunde. Der Kläger, der seinen Rechtsstandpunkt weiter vertritt, erklärte, diese Bescheide seien Gegenstand des Verfahrens.
Das FA beantragt nunmehr, die Vorentscheidung für gegenstandslos zu erklären und die Klage gegen die Umsatzsteuerbescheide 1972 bis 1976 vom 9.Mai 1983 abzuweisen.
Der Kläger hält die Revision für unzulässig u.a., weil der Namenszug auf dem jeweiligen Schriftsatz, mit dem die Revision eingelegt und begründet worden sei, nicht den Anforderungen an eine handschriftliche Unterschrift genüge.
Außerdem meint er, die Revision sei unbegründet, weil bei Personalverpflegung kein Verzehr an Ort und Stelle vorhanden sei, wenn das Personal in seinen Wohnräumen, in der Küche oder in den Privaträumen des Arbeitgebers verpflegt werde. Dienstleistungen seien nicht und ―wenn überhaupt― nur in geringem Umfang vorhanden. Der Arbeitnehmer wolle nur die Verpflegung und keine Bedienung. Er erbringe seine Arbeitsleistung nicht für Dienstleistungen bei der Verpflegung. Die bei der Personalverpflegung übliche Überlassung von Tischen und Stühlen sei eine Nebenleistung zur Lieferung von Lebensmitteln und unterliege wie diese dem ermäßigten Steuersatz.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA ist zulässig und begründet.
Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils als gegenstandslos und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs.3 Nr.1 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―).
1. Die Revision ist zulässig.
a) Der Senat hat über die Zulässigkeit der Revision nicht ―wie vom Kläger in der mündlichen Verhandlung begehrt― durch Zwischenurteil (§§ 121, 97 FGO) entschieden. Der Kläger, dem die Rechtsauffassung des Senats durch Vorbescheid bekannt war, hatte erklärt, er werde sein Begehren in der Sache auch dann weiterverfolgen, wenn der Senat die Revision für zulässig halte. Unter diesen Umständen hielt es der Senat für geboten, über die Zulässigkeit im
Endurteil zu entscheiden (vgl. dazu auch Urteil des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 2.Februar 1979 VI R 108/75, BFHE 127, 37, BStBl II 1979, 338 unter I.3.).
b) Die Revision des FA erfüllt die Voraussetzungen für die Zulässigkeit (§ 120 Abs.1 bis 3 FGO). Sie ist insbesondere "schriftlich" eingelegt worden (§ 120 Abs.1 FGO). Die Schriftform gilt auch für die Revisionsbegründung. Diese muß infolgedessen handschriftlich unterzeichnet sein (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. z.B. Beschluß vom 8.März 1984 I R 50/81, BFHE 140, 424, BStBl II 1984, 445). Es muß sich ―auch bei der Einlegung und Begründung der Revision für das FA durch eine dazu nach Art.1 Nr.1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs befähigte Person― um einen den Unterschreibenden ausreichend kennzeichnenden individuellen Schriftzug handeln, der einmalige, charakteristische Merkmale aufweist und sich als Unterschrift eines Namens darstellt (vgl.
BFH-Beschlüsse vom 30.Mai 1984 I R 2/84, BFHE 141, 223, BStBl II 1984, 669; vom 25.März 1983 III R 64/82, BFHE 138, 151, BStBl II 1983, 479; Beschluß des Bundesgerichtshofs ―BGH― vom 4.Juli 1984 VIII ZB 8/84, Versicherungsrecht ―VersR― 1984, 873). Es reicht aus, daß der Schriftzug die Absicht der Unterschrift erkennen läßt, daß mindestens einzelne Buchstaben erkennbar sind und daß ein Dritter, der den Namen des Unterzeichners kennt, diesen Namen aus dem Schriftzug herauslesen kann (vgl. Beschluß in BFHE 138, 151, BStBl II 1983, 479).
Diesen Anforderungen genügen die Unterschriften des Regierungsdirektors … auf der Revisions- und der Revisionsbegründungsschrift. Der Senat hat durch Augenschein festgestellt, daß einzelne Buchstaben erkennbar sind und daß der charakteristische Schriftzug den Namen "…" wiedergeben soll und nicht nur das Namenszeichen des Unterzeichners. Daß seine Unterschrift auf einem fünf Jahre später gefertigten privaten Schreiben von denmaßgeblichen Unterschriften auf den erwähnten bestimmenden Schriftsätzen abweicht, ist unerheblich. Für eine Fälschung der Unterschriften auf den bestimmenden Schriftsätzen sind keine Anhaltspunkte vorhanden.
2. Die Revision ist begründet.
a) Der während des Revisionsverfahrens bekanntgegebene Umsatzsteueränderungsbescheid für 1972 bis 1976 ist auf Antrag des Klägers (§§ 68, 121, 123 Satz 2 FGO) Gegenstand des Verfahrens geworden. Der Senat hält es nicht für geboten, deswegen das angefochtene Urteil nach § 127 FGO aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuverweisen. Die Sache ist entscheidungsreif. Streitig ist nur noch die Höhe des Steuersatzes. Insoweit sind die tatsächlichen Grundlagen durch den neuen Bescheid nicht berührt worden (vgl. Urteile BFH vom 31.Juli 1984 IX R 3/79, BFHE 142, 347, BStBl II 1985, 33; vom 3.Juni 1986 IX R 2/79, BFHE 146,442, BStBl II 1986, 674).
b) Das angefochtene Urteil war durch den während des Revisionsverfahrens bekanntgegebenen Umsatzsteueränderungsbescheid für 1972 bis 1976 und durch den Antrag des Klägers nach § 68 FGO gegenstandslos geworden. Die Klage gegen den Umsatzsteueränderungsbescheid, dessen Rechtmäßigkeit nunmehr kraft Gesetzes Gegenstand revisionsgerichtlicher Prüfung geworden ist (vgl. dazu BFH-Urteil vom 26.März 1969 V 171/65, BFHE 96, 28, BStBl II 1969, 524), war abzuweisen. Das FA besteuerte in dem erwähnten Umsatzsteueränderungsbescheid die Verpflegung der Arbeitnehmer im Betrieb des Klägers zutreffend mit dem allgemeinen Steuersatz (§ 12 Abs.1 UStG 1967/1973). Nach den vom FG festgestellten und dem Umsatzsteueränderungsbescheid zugrunde liegenden Tatsachen führte der Kläger Lieferungen von Speisen und Getränken "zum Verzehr an Ort und Stelle" aus (§ 12 Abs.2 Nr.1 Satz 2 UStG 1967/1973).
c) Der Kläger leistete Verpflegung auf Grund arbeitsvertraglicher Verpflichtung (§ 1 Abs.1 Nr.1 Satz 1, § 3 Abs.1 UStG 1967/1973). Er vergütete mit den Verpflegungsleistungen ―und dem Barlohn― Dienstleistungen seiner Arbeitnehmer (vgl. dazu BFH-Urteil vom 6.Juni 1984 V R 33/83, BFHE 141, 355, BStBl II 1984, 686).
d) Durch die als Bemessungsgrundlage (§ 10 Abs.1 Satz 2, Abs.3 Satz 2 UStG 1967/1973) für die Verpflegungslieferungen des Klägers an seine Arbeitnehmer herangezogenen Sachbezugswerte wird der Kläger nicht in seinem Recht auf gesetzmäßige Besteuerung verletzt. Zwischen dem Kläger und seinen Arbeitnehmern fanden tauschähnliche Umsätze statt (§ 3 Abs.12 Satz 2 UStG 1967/1973). Den Lieferungen von Speisen und Getränken durch den Kläger standen Dienstleistungen (sonstige Leistungen) seiner Arbeitnehmer gegenüber. Der Wert der (durch den Barlohn nicht abgegoltenen) Dienstleistungen der Arbeitnehmer gilt nach § 10 Abs.3 Satz 2 UStG 1967/1973 als Entgelt für die Lieferungen des Klägers. Dieser Wert ist nach objektiven Maßstäben zu bestimmen (vgl. BFH-Beschluß vom 12.November 1987 V B 52/86, BFHE 151, 474, BStBl II 1988, 156), ggf. zu schätzen (§ 162 Abs.1 AO 1977). Dabei können sich aus dem Wert der eigenen Leistung des Klägers (Personalverpflegung) Hinweise für die Ermittlung des Werts der Gegenleistung (anteilige Arbeitsleistung) ergeben (vgl. hierzu Urteil in BFHE 141, 355, BStBl II 1984, 686 unter 2. b). Es kann dahinstehen, ob die ertragsteuerrechtlich maßgebenden ortsüblichen Mittelpreise am Verbrauchsort (§ 8 Abs.2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes ―EStG―) ―in den Streitjahren z.B. ortsübliche Großküchenpreise; vgl. BFH-Urteil vom 7.Dezember 1984 VI R 164/79 (BFHE 142, 483, BStBl II 1985, 164 zu 2 b)― den für die Personalverpflegung zu berücksichtigenden Kosten entsprachen. Im Streitfall benachteiligt die Schätzung des Werts der Gegenleistung anhand der niedrigeren ―zwischen den Beteiligten auch nicht umstrittenen― Sachbezugswerte der Finanzverwaltung für Personalverpflegung (ohne Zuschlag) in dem Umsatzsteueränderungsbescheid den Kläger nicht. Eine Verböserung scheidet aus.
e) Die Lieferungen des Klägers von Speisen und Getränken an seine Arbeitnehmer sind nach § 12 Abs.1 UStG 1967/1973 mit dem allgemeinen Steuersatz zu besteuern. Dies ergibt sich sowohl bei Heranziehung der Durchführungsbestimmung des § 5 der 3.UStDV (deren Rechtsungültigkeit der Senat ausgesprochen hat) als auch nach den vom Senat (statt dessen) entwickelten Auslegungsgrundsätzen zu § 12 Abs.2 Nr.1 Satz 1 UStG 1967/1973.
Diese Frage ist somit hier nicht entscheidungserheblich.Es handelt sich zwar (überwiegend) um Lieferungen von Gegenständen der Anlage 1 zum UStG 1967/1973, die steuerermäßigt geliefert werden können (§ 12 Abs.2 Nr.1 Satz 1 UStG 1967/1973). Dies gilt nach Satz 2 dieser Vorschrift aber nicht für die Lieferungen von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle, die der Kläger im Streitfall ausführte. § 12 Abs.2 Nr.1 Satz 2 UStG 1967/1973 erfaßt ―nach der bisherigen Auslegung seiner Tatbestandsmerkmale durch den Senat― die Abgabe aller verzehrfertigen Lebensmittel zum Verzehr in einem örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Speisenabgabe. Davon ist auszugehen, wenn der Unternehmer den Verzehr von Speisen und Getränken durch ihre Zubereitung und/oder die Art und Weise ihrer Darreichung, mithin durch Dienstleistungen, ermöglicht, die über die übliche Verteilerfunktion im Lebensmittelhandel und -handwerk hinausgehen (BFH-Urteil vom 6.Oktober 1983 V R 74/78, BFHE 140, 324, BStBl II 1984, 349). Lediglich die "Lieferung über die Straße" ist davon ausgenommen. Es handelt sich um einheitliche Leistungen, nämlich die Lieferung von Speisen und Arbeitnehmer die zur sofortigen Einnahme in der Wohnküche zubereiteten Speisen nicht dort, sondern in einemanderen Raum des Gebäudes verzehrten, ändert dies die Beurteilung nicht (vgl. auch Beschluß vom 7.August 1987 V S 21/83, BFH/NV 1988, 401). Damit liegen nicht die Voraussetzungen für eine steuerermäßigte Lieferung (§ 12 Abs.2 Nr.1 Satz 1 UStG 1967/1973) von Speisen und Getränken "über die Straße" vor. Dafür müßten ―wofür im Streitfall keine Feststellungen getroffen worden sind― die Speisen so abgegeben werden (z.B. durch besondere Verpackung), daß ihr Verzehr an einem anderen als dem Ort der Zubereitung vorgesehen ist.
f) Soweit der Kläger in der Revision geltend macht, sein als Geselle bei ihm gegen Barlohn und Verpflegung beschäftigter Sohn habe mit ihm zusammen "in der Familie" gegessen, muß der Vortrag schon deshalb unberücksichtigt bleiben, weil er neue Tatsachen enthält. Aus der Vorentscheidung sind keine entsprechenden Feststellungen zu entnehmen. Die pauschale Bezugnahme des FG in dem angefochtenen Urteil auf "weitere Einzelheiten" in dem Schriftsatz des Klägers vom 21.Oktober 1982 bedeutet nicht, daß das FG die darin behaupteten Tatsachen auch festgestellt hätte. Die Bezugnahme ist ―wie der Zusammenhang ergibt― nur zur Erläuterung der Angriffe des Klägers gegen die Berechnung der Bemessungsgrundlage erfolgt.
Dieses Vorbringen ist auch nicht in der Form einer zulässigen Verfahrensrüge in das Revisionsverfahren eingeführt worden. Zwar kann eine entsprechende Verfahrensrüge als sog. Gegenrüge ohne Bindung an die Revisionsbegründungsfrist (§ 120 Abs.1 Satz 1 FGO) grundsätzlich bis zum Ende der mündlichen Verhandlung vorgebracht werden (BFH-Urteil vom 19.März 1970 IV R 72/69, BFHE 99, 21, BStBl II 1970, 497). Die Darlegungen des Klägers genügen aber nicht den allgemeinen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Verfahrensrüge (§ 120 Abs.2 Satz 2 FGO; vgl. dazu Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 2.Aufl., § 120 Anm.42 und 40).
2. Soweit der Kläger mit seinem Antrag nach § 68 FGO eine Besteuerung der Personalverpflegung mit dem begünstigten Steuersatz begehrt, bleibt er nach den vorstehenden Ausführungen erfolglos. Die Klage gegen den Umsatzsteueränderungsbescheid für 1972 bis 1976 vom 9.Mai 1983, in dem die Lieferungen von Speisen und Getränken des Klägers an seine Arbeitnehmer mit dem allgemeinen Steuersatz besteuert worden sind, ist danach abzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 613330 |
BStBl II 1989, 210 |
BFHE 155, 210 |
BB 1989, 544 (Leitsatz und Gründe) |
HFR 1989, 209 (Leitsatz und Gründe) |