Leitsatz (amtlich)
1. Ein Reiseveranstalter, der Auslandsreisen durchführt, unterliegt der Gewerbesteuerpflicht auch insoweit, als der Gewerbeertrag auf im Ausland erbrachten Leistungen beruht.
2. Unterhält der Reiseveranstalter im Ausland eine Betriebstätte, so mindert sich die Gewerbesteuerpflicht nur um den auf die ausländische Betriebstätte entfallenden Gewerbeertrag.
3. Zur Ermittlung dieses Gewerbeertrags mit Hilfe der direkten oder indirekten Methode, falls Betriebstätten bei ausländischen Reiseleitern bestehen.
Orientierungssatz
Die Aufteilung des auf die ausländischen Betriebstätten der Reiseleiter entfallenden Gewerbeertrags sollte grundsätzlich nach der sog. direkten Methode unter der Annahme geschehen, daß die ausländische Betriebstätte eine gleiche oder ähnliche Tätigkeit unter gleichen oder ähnlichen Bedingungen als selbständiges Unternehmen entfaltet (Ausführungen zu den Möglichkeiten einer Aufteilung nach der sog. direkten Methode). Im Streitfall hatte das FA den fraglichen Gewerbeertrag im Wege der sog. indirekten Methode unter entsprechender Anwendung der §§ 29 ff. GewStG ermittelt. Diese Aufteilung ist bei ungleichwertigen Tätigkeiten bedenklich (vgl. BFH-Rechtsprechung).
Normenkette
GewStG § 2 Abs. 1 S. 1, § 9 Nr. 3; StAnpG § 16 Abs. 1; GewStG §§ 29, 29ff
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) tritt als Reiseveranstalter auf, indem sie gegenüber ihren Kunden vielfältige Reiseleistungen erbringt, insbesondere den Flugtransport sowie die Unterbringung und Verpflegung am Zielort. Der Abschluß der Reiseverträge wird von der Klägerin und anderen Reisebüros vermittelt. Im Streitjahr 1969 führte sie vor allem Reisen nach Spanien und in geringerem Umfang nach Rumänien, Jugoslawien, Tunesien und in die Türkei durch.
In den angeflogenen Ländern sind für die Klägerin Reiseleiter tätig, die die Betreuung der Feriengäste übernehmen, ihren Beschwerden nachgehen und Besichtigungsfahrten veranstalten. Sie sind weisungsgebundene Angestellte der Klägerin und erhalten neben einem Festgehalt in der Regel freie Unterkunft und Verpflegung. Nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) unterhalten sie feste Büroeinrichtungen für die Klägerin.
In der Gewerbesteuererklärung für das Jahr 1969 zerlegte die Klägerin den Gewerbeertrag in einen inländischen und einen nicht steuerbaren ausländischen Anteil. Diese Aufteilung nahm sie anhand der entstandenen Aufwendungen vor und berücksichtigte dabei als inländischen Aufwand nur die auf die inländischen Strecken entfallenen Flugkosten. Danach waren nur 4,1 v.H. des Ertrags der Klägerin gewerbesteuerpflichtig. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) folgte dieser Berechnung nicht, sondern ermittelte den auf das Ausland entfallenden Gewerbeertrag nach dem Verhältnis der an die Reiseleiter gezahlten Löhne zur gesamten Lohnsumme im Unternehmen der Klägerin. Danach ergab sich ein Auslandsanteil von 11,7 v.H.; den verbleibenden Betrag berücksichtigte das FA als Gewerbeertrag. Der Einspruch der Klägerin wurde zurückgewiesen. Auch ihre Klage hatte keinen Erfolg.
Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
1. Die Klägerin unterliegt der Gewerbesteuer, soweit der Gewerbebetrieb im Inland betrieben wird (§ 2 Abs.1 Satz 1 GewStG). Dies ist auch bei der Ermittlung des Gewerbeertrags zu beachten. Deshalb bestimmt § 9 Nr.3 GewStG, daß die zur Berechnung des Gewerbeertrags führende Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen um den Teil des Gewerbeertrags des inländischen Unternehmens gekürzt wird, der auf eine nicht im Inland belegene Betriebstätte entfällt.
2. Das FA ist übereinstimmend mit den Beteiligten davon ausgegangen, daß die Klägerin in Gestalt der Büroeinrichtungen ihrer Reiseleiter ausländische Betriebstätten i.S. von § 16 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG) --jetzt § 12 der Abgabenordnung (AO 1977)-- unterhalten habe. Dies würde allerdings voraussetzen, daß sie hinsichtlich der Geschäftsräume eine gewisse, nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht besaß (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 18.März 1976 IV R 168/72, BFHE 118, 404, BStBl II 1976, 365; vom 17.März 1982 I R 189/79, BFHE 136, 120, BStBl II 1982, 624). Ohne hierauf näher einzugehen, kann der Senat das Vorhandensein der vom FG angenommenen ausländischen Betriebstätten zugunsten der Klägerin unterstellen. Dies hat nicht zur notwendigen Folge, daß der von ihr im Ausland erwirtschaftete Ertrag im ganzen nicht der Gewerbesteuer unterliegt.
Nach § 2 Abs.1 Satz 3 GewStG wird ein Gewerbebetrieb im Inland betrieben, soweit für ihn im Inland eine Betriebstätte unterhalten wird. Daraus folgt, daß ein Unternehmen, das nur im Inland eine Betriebstätte unterhält, mit seiner gesamten Tätigkeit der Gewerbesteuer unterliegt, auch wenn diese im Ausland ausgeübt oder verwertet wird (vgl. BFH-Urteile vom 21.April 1971 I R 200/67, BFHE 102, 524, BStBl II 1971, 743; vom 10.Juli 1974 I R 248/71, BFHE 113, 242, BStBl II 1974, 752; Lenski/Steinberg/Stäuber, Kommentar zum Gewerbesteuergesetz, 6.Aufl., § 9 Nr.3 Anm.5). Begründet das Unternehmen auch im Ausland eine Betriebstätte, so ergibt sich daraus nicht notwendig, daß nunmehr der gesamte, aus der ausländischen Betätigung herrührende Ertrag der Gewerbesteuer entzogen ist. Dies gilt nach § 9 Nr.3 GewStG vielmehr nur für jenen Teil des Gewerbeertrags, der auf die ausländische Betriebstätte entfällt, d.h. der durch die in der ausländischen Betriebstätte ausgeübte oder ihr zuzurechnende unternehmerische Betätigung erzielt worden ist (BFHE 102, 524, BStBl II 1971, 743). In gleicher Weise wird ein der beschränkten Einkommensteuerpflicht unterliegender Gewinn eines ausländischen Unternehmens aus der Betätigung in einer inländischen Betriebstätte (§ 49 Abs.1 Nr.2 a des Einkommensteuergesetzes --EStG--) ermittelt; auch hierfür kommen nur solche Betätigungen in Betracht, die in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der inländischen Betriebstätte stehen (BFH-Urteil vom 29.Januar 1964 I 153/61 S, BFHE 78, 428, BStBl III 1964, 165).
Dieser Grundsatz ist im Streitfall auch nicht durch ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zu Lasten der deutschen Gewerbesteuerpflicht eingeschränkt worden. Hinsichtlich der von den geschäftlichen Aktivitäten der Klägerin berührten Staaten bestand im fraglichen Zeitraum ein DBA nur zwischen der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) und Spanien (Abkommen vom 5* .Dezember 1966, BGBl II 1968, 10), das auf seiten der Bundesrepublik auch für die Gewerbesteuer anwendbar ist. In diesem Abkommen ist vorgesehen, daß die Gewinne eines deutschen Unternehmens nur insoweit in Spanien besteuert werden können, als sie einer dort gelegenen Betriebstätte zugerechnet werden können (Art.7 Abs.1); nur insoweit ist auch die deutsche Besteuerung eingeschränkt.
3. Damit ist der Gewerbeertrag der Klägerin nur insoweit der Gewerbesteuer entzogen, als er auf die in den ausländischen Betriebstätten durch die Reiseleiter entfaltete Tätigkeit entfällt. Diesen obliegen nach den Feststellungen des FG aber lediglich die Betreuung der Ferienreisenden und die Veranstaltung örtlicher Ausflüge.
Die Hotelunterbringung und der Flugtransport der Reisenden wurde von ihnen weder veranlaßt noch abgewickelt; diese Leistungen können daher den Betriebstätten der Reiseleiter nicht zugerechnet werden. Die Reiseleiter übten damit lediglich eine Hilfstätigkeit für den Reiseveranstalter aus. Ihre Tätigkeit kann nicht mit derjenigen eines ständigen Vertreters verglichen werden, der Verträge über die spezifischen Unternehmensleistungen abschließt (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 28.Juni 1972 I R 35/70, BFHE 106, 206, BStBl II 1972, 785). Die Klägerin will vor dem FG vorgetragen haben, daß bei Abschluß der erforderlichen Verträge für die Klägerin noch andere Personen als Agenten im Ausland tätig geworden seien. Ihre Darstellung ergibt aber nicht, daß sie bei diesen Agenten weitere Betriebstätten i.S. von § 16 StAnpG unterhalten hat oder daß ihre Tätigkeit in wirtschaftlichem Zusammenhang mit den Betriebstätten der Reiseleiter stand. Das FG brauchte daher auf diese Frage nicht einzugehen; die in diesem Zusammenhang von der Klägerin erhobene Verfahrensrüge ist deshalb gegenstandslos.
4. Zur Ermittlung des auf die Betriebstätten der Reiseleiter entfallenden Gewerbeertrags hat das FA den Gesamtertrag entsprechend den an die Reiseleiter und das übrige Personal gezahlten Löhnen aufgeteilt. Es hat damit den fraglichen Gewerbeertrag im Wege der sog. indirekten Methode unter entsprechender Anwendung der §§ 29 ff. GewStG ermittelt. Die Aufteilung sollte allerdings grundsätzlich nach der sog. direkten Methode unter der Annahme geschehen, daß die ausländische Betriebstätte eine gleiche oder ähnliche Tätigkeit unter gleichen oder ähnlichen Bedingungen als selbständiges Unternehmen entfaltet (vgl. Urteil in BFHE 106, 206, BStBl II 1972, 785). Dies könnte vorliegend in der Weise geschehen, daß der ausländischen Betriebstätte für die Dienstleistung der Reiseleiter zu Lasten des inländischen Ertrags Verrechnungspreise gutgeschrieben werden, wie sie einer ausländischen Reiseagentur für eine gleichartige Tätigkeit vergütet würden (vgl. Vogel/Hemmelrath, DBA, Art.7 Anm.93); die Löhne der Reiseleiter könnten in diesem Fall nicht mehr ertragsmindernd berücksichtigt werden.
Der vom FA gewählte Aufteilungsmaßstab führt für die Klägerin zu einem günstigeren Ergebnis, da die Reiseleitervergütungen den Vergütungen des übrigen Personals gleichgestellt worden sind, obwohl dieses ersichtlich in höherem Umfang zum Gewerbeertrag beigetragen hat. Bei ungleichwertigen Tätigkeiten ist die Aufteilung des Gewerbeertrags nach der Lohnsumme bedenklich (vgl. BFHE 102, 524, BStBl II 1971, 743). Es käme auch eine Aufteilung im Verhältnis der den Betriebstätten der Reiseleiter zurechenbaren Aufwendungen zum Gesamtaufwand, oder --wie das FG erwogen hat-- nach dem Verhältnis ihrer Vergütungen zu den übrigen Personal-Vergütungen unter Einbeziehung auch des Lohnanteils der von Dritten erbrachten Leistungen in Betracht. Dem ist jedoch nicht nachzugehen, weil sich auch hieraus eine Erhöhung des inländischen Gewerbeertrags ergeben würde, eine Änderung des angefochtenen Gewerbesteuermeßbescheids zum Nachteil der Klägerin aber ausscheidet.
Fundstellen
Haufe-Index 61008 |
BStBl II 1985, 405 |
BFHE 143, 284 |
BFHE 1985, 284 |
BB 1985, 1182-1183 (LT) |
DStR 1985, 418-418 (ST) |
HFR 1985, 325-326 (ST) |