Im Fall einer Aufwärtsverschmelzung (upstream merger) stellt sich die Frage, wie Eigenkapitalauskehrungen (z. B. Gewinnausschüttungen) vom übertragenden Rechtsträger an den übernehmenden Rechtsträger im Rückwirkungszeitraum i. R. d. buchhalterischen Abbildung der Verschmelzung zu behandeln sind. Denn die nach dem Verschmelzungsstichtag durchgeführte Eigenkapitalauskehrung wirkt sich nicht auf die Wertansätze in der Schlussbilanz aus, mindert aber das auf den übernehmenden Rechtsträger übergehende Reinvermögen.

 
Hinweis

Aufgrund des verlängerten Rückwirkungszeitraums kann es vermehrt dazu kommen, dass Verschmelzungsverträge erst nach einer bereits erfolgten Eigenkapitalauskehrung geschlossen werden.

Dies soll anhand des nachfolgenden Beispiels verdeutlicht werden:

MU GmbH ist als Holding die alleinige Gesellschafterin der TU GmbH. Die Einzahlung in das Stammkapital der TU GmbH (25 GE) entspricht den Anschaffungskosten den bei der MU GmbH ausgewiesenen Anteilen an der TU GmbH. Die Bilanzen der MU GmbH und TU GmbH zeigen zum Bilanzstichtag 31.12.01 das folgende Bild:

I. R. d. Feststellung des Jahresabschlusses der TU GmbH beschließt die MU GmbH am 31.7.02 die Ausschüttung des Jahresüberschusses 01 i. H. v. 20, fällig am 31.8.02.

Am 31.7.02 buchen MU GmbH und TU GmbH wie folgt:

MU GmbH:

 
Konto Soll Haben
Forderungen gegen verbundene Unternehmen 20  
Erträge aus Beteiligungen   20

TU GmbH:

 
Konto Soll Haben
Gewinnvortrag 20  
Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen   20

Im Zeitpunkt der Zahlung (31.8.02) buchen:

MU GmbH:

 
Konto Soll Haben
Bank 20  
Forderungen gegen verbundene Unternehmen   20

TU GmbH:

 
Konto Soll Haben
Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen 20  
Bank   20

Mit Verschmelzungsvertrag und Zustimmungsbeschlüssen vom 30.9.02 wird die Aufwärtsverschmelzung der TU GmbH auf die MU GmbH mit schuldrechtlicher Rückwirkung auf den 1.1.02 (Verschmelzungsstichtag) beschlossen.

MU GmbH hat den durch die Verschmelzung erfolgenden Übergang der Vermögensgegenstände und Schulden von TU GmbH als einen laufenden Geschäftsvorfall in ihrer Buchführung zu erfassen. Hierfür ist entscheidend, ab welchem Zeitpunkt ihr die Vermögensgegenstände und Schulden wirtschaftlich zuzurechnen sind (siehe IDW RS HFA 42.32). Vorliegend kann das wirtschaftliche Eigentum an dem zu übertragenden Reinvermögen frühestens mit dem Abschluss des Verschmelzungsvertrags am 30.9.02 auf die MU GmbH übergehen.

Auch wenn die Voraussetzungen der Vermögenszuordnung zur MU GmbH erst nach dem Verschmelzungsstichtag eingetreten sind, wird der Bestand der in ihrer Buchführung als Zugang zu berücksichtigenden Vermögensgegenstände und Schulden nach der Schlussbilanz i. S. v. § 17 Abs. 2 UmwG der TU GmbH zum 31.12.01 (s. o.) bestimmt. Die für Rechnung der MU GmbH seit dem Verschmelzungsstichtag geführten Geschäfte werden entweder durch die Erfassung der einzelnen originären Aufwendungen und Erträge oder durch Erfassung eines Saldos, bspw. unter der Bezeichnung "Vom übertragenden Rechtsträger für fremde Rechnung erwirtschaftetes Ergebnis", bei dieser berücksichtigt (siehe IDW RS HFA 42.33).

Die MU GmbH übt das Wahlrecht nach § 24 UmwG zugunsten der Buchwertverknüpfung aus, d. h., sie ersetzt den Buchwert ihrer Anteile an der TU GmbH (25 GE) durch die Buchwerte der Vermögensgegenstände und Schulden aus der Schlussbilanz der TU GmbH zum 31.12.01 (20 + 80 ./. 55 = 45 GE). Es ergibt sich ein Verschmelzungsgewinn von 20:

MU GmbH bucht:

 
Konto Soll Haben
Bank 20  
Übrige Aktiva 80  
Finanzanlagen   25
Übrige Passiva   55
Verschmelzungsgewinn (sonstige betriebliche Erträge)   20

Der Verschmelzungsgewinn von 20 GE entspricht dem (am 31.12.01 noch nicht ausgeschütteten) Jahresüberschuss 01, der in 02 von der MU GmbH jedoch bereits als Beteiligungsertrag erfasst wurde. Korrespondierend hat die MU GmbH in 02 den bei der TU GmbH zum 31.12.01 noch ausgewiesenen Bankbestand i. R. d. Ausschüttung erhalten.

Da sich die Ausschüttung nicht auf die Schlussbilanz auswirkt, ist sie gem. IDW RS HFA 42.18 als Minderung des übergehenden Reinvermögens erfolgsneutral in der Bilanz der MU GmbH zu berücksichtigen. Das übergehende Reinvermögen mindert sich um den Bankbestand i. H. v. 20 GE auf (45 ./. 20) bzw. (80 ./. 55) = 25 GE:

MU GmbH bucht:

 
Konto Soll Haben
Übrige Aktiva 80  
Finanzanlagen   25
Übrige Passiva   55

Die Verschmelzung wird erfolgsneutral abgebildet, da – unter Berücksichtigung der in 02 bereits erfolgten Gewinnausschüttung – der bei der MU GmbH bilanzierte Beteiligungsbuchwert (25 GE) dem Eigenkapital der TU GmbH entspricht.

Fraglich ist, ob der von der MU GmbH erfasste Beteiligungsertrag in einen sonstigen betrieblichen Ertrag (Verschmelzungsgewinn) umzugliedern ist. Auch wenn sich die Vertragsparteien im Verschmelzungsvertrag so stellen, als ob die Vermögensgegenstände und Schulden der TU GmbH bereits zum 1.1.02 auf die MU GmbH übergegangen wären, handelt es sich bei der Gewinnausschüttung aus rechtlicher Sicht nicht um eine Gewinnausschüttung der MU GmbH an...

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