Entscheidungsstichwort (Thema)
Ort der Dienstleistung, Versicherungsleistung, Schadensfall im Rahmen einer Versicherung, Schadensregulierung im Auftrag eines Versicherungsunternehmens, Dienstleistung von Beratern und Ingenieuren
Normenkette
EGRL 112/2006 Art. 56 Abs. 1 Buchst. c
Beteiligte
Agenţia Naţională de Administrare Fiscală – Direcţia Generală de Soluţionare a Contestaţiilor, Direcţia Generală de Administrare a Marilor Contribuabili |
Verfahrensgang
Înalta Curte de Casatie si Justitie (Rumänien) (Beschluss vom 25.03.2021; ABl. EU 2021 Nr. C 349/15) |
Tenor
Art. 56 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ist dahin auszulegen, dass die von Drittgesellschaften im Namen und für Rechnung einer Versicherungsgesellschaft erbrachten Dienstleistungen der Schadenregulierung nicht zu den in dieser Bestimmung angeführten „Dienstleistungen von Beratern, Ingenieuren, Studienbüros, Anwälten, Buchprüfern und sonstige[n] ähnliche[n] Leistungen sowie [zu] Datenverarbeitung und [zu] Auskunftserteilung” gehören.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Înalta Curte de Casaţie şi Justiţie (Oberster Kassations- und Gerichtshof, Rumänien) mit Entscheidung vom 25. März 2021, beim Gerichtshof eingegangen am 23. April 2021, in dem Verfahren
Uniqa Asigurări SA
gegen
Agenţia Naţională de Administrare Fiscală – Direcţia Generală de Soluţionare a Contestaţiilor,
Direcţia Generală de Administrare a Marilor Contribuabili
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zehnte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten I. Jarukaitis sowie der Richter M. Ilešič und Z. Csehi (Berichterstatter),
Generalanwalt: A. M. Collins,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Uniqa Asigurări SA, vertreten durch R. Bufan, Avocat,
- der rumänischen Regierung, vertreten durch E. Gane und A. Rotăreanu als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Armenia und E. A. Stamate als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 59 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. 2006, L 347, S. 1) in der durch die Richtlinie 2008/8/EG des Rates vom 12. Februar 2008 (ABl. 2008, L 44, S. 11) geänderten Fassung.
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Uniqa Asigurări SA (im Folgenden: Uniqa) mit Sitz in Rumänien auf der einen Seite und der Agenţia Naţională de Administrare Fiscală – Direcţia Generală de Soluţionare a Contestaţiilor (Nationale Steuerverwaltungsagentur – Generaldirektion für Rechtsbehelfe, Rumänien) und der Direcţia Generală de Administrare a Marilor Contribuabili (Generaldirektion für die Verwaltung von Großsteuerzahlern, Rumänien) (im Folgenden zusammen: Steuerverwaltung) auf der anderen Seite über die zum Zweck der Mehrwertsteuererhebung vorzunehmende Bestimmung des Ortes, an dem eine Dienstleistung als erbracht gilt.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Sechste Richtlinie
Rz. 3
Art. 9 („Dienstleistungen”) der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. 1977, L 145, S. 1, im Folgenden: Sechste Richtlinie) bestimmte:
„(1) Als Ort einer Dienstleistung gilt der Ort, an dem der Dienstleistende den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine feste Niederlassung hat, von wo aus die Dienstleistung erbracht wird, oder in Ermangelung eines solchen Sitzes oder einer solchen festen Niederlassung sein Wohnort oder sein üblicher Aufenthaltsort.
(2) Es gilt jedoch
…
c) als Ort der folgenden Dienstleistungen der Ort, an dem diese Dienstleistungen tatsächlich bewirkt werden:
…
- Begutachtungen beweglicher körperlicher Gegenstände,
…
e) als Ort der folgenden Dienstleistungen, die an außerhalb der Gemeinschaft ansässige Empfänger oder an innerhalb der Gemeinschaft, jedoch außerhalb des Landes des Dienstleistenden ansässige Steuerpflichtige erbracht werden, der Ort, an dem der Empfänger den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine feste Niederlassung hat, für welche die Dienstleistung erbracht worden ist, oder in Ermangelung eines solchen Sitzes oder einer solchen Niederlassung sein Wohnort oder sein üblicher Aufenthaltsort:
…
– Leistungen von Beratern, Ingenieuren, Studienbüros, Anwälten, Buchprüfern und sonstige ähnliche Leistungen sowie die Datenverarbeitung und die Überlassung von Informationen,
…”
Rz. 4
Die Sechste Richtlinie wurde durch die am 1. Januar 2007 in Kraft getretene Richtlinie 2006/112 aufgehoben und ersetzt.
Richtlinie 2006/112
Rz. 5
Titel V („Ort des steuerbaren Umsatzes”) ...