Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewinnausschüttung, Steuerbefreiung, Quellensteuer, Tochtergesellschaft
Leitsatz (amtlich)
Die Ausnahmeregelung des Artikels 5 Absatz 4 der Richtlinie 90/435/EWG des Rates vom 23. Juli 1990 über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten, der die Quellensteuer auf Gewinnausschüttungen in Portugal ansässiger Tochtergesellschaften an Muttergesellschaften eines anderen Mitgliedstaats auf 15 % und 10 % begrenzt, bezieht sich nicht nur auf die Körperschaftsteuer, sondern betrifft unabhängig von ihrer Natur oder Bezeichnung jede Besteuerung in Form einer Quellensteuer auf die von den genannten Tochtergesellschaften ausgeschütteten Dividenden.
Normenkette
EWGRL 435/90 Art. 5 Abs. 4
Beteiligte
Verfahrensgang
Supremo Tribunal Administrativo (Portugal) |
Tatbestand
Harmonisierung des Steuerrechts - Mutter- und Tochtergesellschaften - Befreiung der Gewinnausschüttungen einer Tochtergesellschaft an ihre Muttergesellschaft von der Quellensteuer im Mitgliedstaat der Tochtergesellschaft
In der Rechtssache C-375/98
betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) vom portugiesischen Supremo Tribunal Administrativo in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit
Ministério Públicound
Fazenda Pública
gegen
Epson Europe BV
vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung des Artikels 5 Absatz 4 der Richtlinie 90/435/EWG des Rates vom 23. Juli 1990 über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten (ABl. L 225, S. 6)
erläßt
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten D. A. O. Edward sowie der Richter L. Sevón, P. J. G. Kapteyn, P. Jann (Berichterstatter) und M. Wathelet,
Generalanwalt: G. Cosmas
Kanzler: H. A. Rühl, Hauptverwaltungsrat
unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen
-der Fazenda Pública, vertreten durch M. Aldina Moreira, Juristin in der Rechtsabteilung der Generaldirektion des Finanzministeriums für Steuern, als Bevollmächtigte,
-der Epson Europe BV, vertreten durch Rechtsanwalt J. Carvalho Esteves, Porto,
-der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Fernandes, Direktor des Juristischen Dienstes der Generaldirektion für Gemeinschaftsangelegenheiten des Ministeriums für auswärtige Angelegenheiten, und Â. Seiça Neves, Angehöriger desselben Dienstes, als Bevollmächtigte, sowie M. Palha, Rechtsberaterin im Zentrum für fiskalische Studien der Generaldirektion des Finanzministeriums für Steuern,
-der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch T. Figueira und H. Michard, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigte,
aufgrund des Sitzungsberichts,
nach Anhörung der mündlichen Ausführungen der Epson Europe BV, vertreten durch Rechtsanwalt J. Carvalho Esteves, der portugiesischen Regierung, vertreten durch V. B. Guimarães, Jurist im Zentrum für fiskalische Studien der Generaldirektion desFinanzministeriums für Steuern, als Bevollmächtigten, und der Kommission, vertreten durch T. Figueira, in der Sitzung vom 16. Dezember 1999,
nach Anhörung der Schlußanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 17. Februar 2000,
folgendes
Urteil
1. Das Supremo Tribunal Administrativo hat mit Urteil vom 23. September 1998, beim Gerichtshof eingegangen am 19. Oktober 1998, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag (Artikel 234 EG) eine Frage nach der Auslegung des Artikels 5 Absatz 4 der Richtlinie 90/435/EWG des Rates vom 23. Juli 1990 über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten (ABl. L 225, S. 6; im folgenden: Richtlinie) zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2. Diese Frage stellt sich in einem Rechtsstreit zwischen der Fazenda Pública (portugiesische Finanzverwaltung) und der Epson Europe BV (im folgenden: Epson Europe), einer Gesellschaft niederländischen Rechts, die eine Beteiligung von mehr als 25 % am Kapital der Gesellschaft portugiesischen Rechts Epson Portugal SA (im folgenden: Epson Portugal) hält, wegen der Besteuerung der Gewinnausschüttungen der letzteren an Epson Europe.
3. Artikel 5 der Richtlinie bestimmt:
(1) Die von einer Tochtergesellschaft an ihre Muttergesellschaft ausgeschütteten Gewinne sind, zumindest wenn diese einen Anteil am Gesellschaftskapital der Tochtergesellschaft von wenigstens 25 % besitzt, vom Steuerabzug an der Quelle befreit.
…
(4) Abweichend von Absatz 1 kann die Portugiesische Republik bis zum Ende des achten Jahres nach Beginn der Anwendung dieser Richtlinie eine Quellensteuer auf Gewinnausschüttungen ihrer Tochtergesellschaften an Muttergesellschaften eines anderen Mitgliedstaats erheben.
Vorbehaltlich der Bestimmungen in den zwischen Portugal und einem Mitgliedstaat bestehenden bilateralen Abkommen darf der Satz dieser Quellensteuer während derersten fünf Jahre dieses Zeitraums [1992 bis 1996] 15 % und während der letzten drei Jahre [1997 bis 1999] 10 % nicht überschreiten.
Vor Ablauf des achten Jahres besc...