Entscheidungsstichwort (Thema)
Verschmelzung, Einstufung einer Gebühr bei Grundbuchberichtigung als Besitzwechselsteuer
Leitsatz (amtlich)
1. Eine für die Berichtigung des Grundbuchs erhobene Gebühr wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende fällt grundsätzlich unter das Verbot des Artikels 10 Buchstabe c der Richtlinie 69/335/EWG des Rates vom 17. Juli 1969 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital in der Fassung der Richtlinie 85/303/EWG des Rates vom 10. Juni 1985.
2. Eine Gebühr wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende kann als eine in Abweichung von Artikel 10 Buchstabe c der Richtlinie 69/335 in der Fassung der Richtlinie 85/303 nach Artikel 12 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie 69/335 in der Fassung der Richtlinie 85/303 zulässige Besitzwechselsteuer angesehen werden, wenn sie nicht höher ist als diejenigen, die in dem erhebenden Mitgliedstaat für gleichartige Vorgänge erhoben werden.
Es ist Sache des nationalen Gerichts, zu prüfen, ob diese Gebühr im Einklang mit Artikel 12 Absatz 2 der Richtlinie 69/335 in der Fassung der Richtlinie 85/303 steht.
Normenkette
EWGRL 335/69 Art. 10 Buchst. c, Art. 12 Abs. 1-2
Beteiligte
Badischer Winzerkeller eG |
Verfahrensgang
Tatbestand
„Richtlinie 69/335/EWG ‐ Indirekte Steuern auf die Ansammlung von Kapital ‐ Verschmelzung von Gesellschaften ‐ Berichtigung des Grundbuchs ‐ Erhebung einer Gebühr ‐ Einstufung als ‘Besitzwechselsteuer’ ‐ Voraussetzungen für die Erhebung der Gebühr“
In der Rechtssache C-264/04
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht vom Amtsgericht Breisach (Deutschland) mit Entscheidung vom 7. Juni 2004, beim Gerichtshof eingegangen am 22. Juni 2004, in dem Verfahren
Badischer Winzerkeller eG
gegen
Land Baden-Württemberg
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Rosas sowie der Richter S. von Bahr (Berichterstatter) und A. Borg Barthet,
Generalanwalt: D. Ruiz-Jarabo Colomer,
Kanzler: K. Sztranc, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 17. November 2005,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
‐ des Landes Baden-Württemberg, vertreten durch K. Ehmann als Bevollmächtigten,
‐ der deutschen Regierung, vertreten durch A. Tiemann als Bevollmächtigte,
‐ der österreichischen Regierung, vertreten durch H. Dossi als Bevollmächtigten,
‐ der polnischen Regierung, vertreten durch T. Nowakowski als Bevollmächtigten,
‐ der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch L. Ström van Lier und F. Hoffmeister als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Artikel 10 Buchstabe c und 12 der Richtlinie 69/335/EWG des Rates vom 17. Juli 1969 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital (ABl. L 249, S. 25) in der Fassung der Richtlinie 85/303/EWG des Rates vom 10. Juni 1985 (ABl. L 156, S. 23) (im Folgenden: Richtlinie).
2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Verfahrens zwischen der Genossenschaft Badischer Winzerkeller eG und dem Land Baden-Württemberg wegen Erhebung einer Gebühr für die Berichtigung des Grundbuchs.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
3
Artikel 4 Absätze 1 und 2 der Richtlinie zählt die Vorgänge auf, die der Gesellschaftsteuer unterliegen und weiterhin unterliegen dürfen.
4
Artikel 10 dieser Richtlinie lautet:
„Abgesehen von der Gesellschaftsteuer erheben die Mitgliedstaaten von Gesellschaften, Personenvereinigungen oder juristischen Personen mit Erwerbszweck keinerlei andere Steuern oder Abgaben auf:
a) die in Artikel 4 genannten Vorgänge;
b) die Einlagen, Darlehen oder Leistungen im Rahmen der in Artikel 4 genannten Vorgänge;
c) die der Ausübung einer Tätigkeit vorangehende Eintragung oder sonstige Formalität, der eine Gesellschaft, Personenvereinigung oder juristische Person mit Erwerbszweck auf Grund ihrer Rechtsform unterworfen werden kann.“
5
Nach Artikel 12 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie können die Mitgliedstaaten in Abweichung von den Artikeln 10 und 11 dieser Richtlinie Besitzwechselsteuern, einschließlich der Katastersteuern, auf die Einbringung von in ihrem Hoheitsgebiet gelegenen Liegenschaften oder „fonds de commerce“ in eine Gesellschaft, Personenvereinigung oder juristische Person mit Erwerbszweck erheben.
6
Nach Artikel 12 Absatz 2 der Richtlinie dürfen die in Absatz 1 Buchstabe b dieses Artikels genannten Steuern und sonstigen Abgaben nicht höher sein als diejenigen, die in dem erhebenden Mitgliedstaat für gleichartige Vorgänge erhoben werden.
Nationales Recht
7
§ 82 der Grundbuchordnung vom 26. Mai 1994 (BGBl. 1994 I S. 1114) sieht vor:
„Ist das Grundbuch hinsichtlich der Eintragung des Eigentümers durch Rechtsübergang außerhalb des Grundbuchs unrichtig geworden, so soll das Grundbuchamt dem...