Leitsatz
1. Steht ein betriebliches Kfz mehreren Arbeitnehmern zur privaten Nutzung zur Verfügung, beläuft sich der nach § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG zu ermittelnde geldwerte Vorteil für jeden Kalendermonat auf insgesamt 1 % des inländischen Listenpreises des Kfz im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattungen einschließlich der Umsatzsteuer.
2. Der nach § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG ermittelte Vorteil ist in diesem Fall entsprechend der Zahl der Nutzungsberechtigten aufzuteilen.
Normenkette
§ 8 Abs. 2 Satz 2 EStG , § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG
Sachverhalt
Die Geschwister A und B sind Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH, der Klägerin. A und B benutzten in den Jahren 1996 und 1997 gemeinsam ein betriebliches Kfz auch zu privaten Fahrten. Ein Fahrtenbuch wurde nicht geführt.
Nach einer LSt-Außenprüfung vertrat das FA die Auffassung, bei A und B seien monatlich jeweils 1 % des Listenpreises als Arbeitslohn zu erfassen. Das FA erließ deshalb einen entsprechenden Haftungsbescheid gegen die Klägerin. Das FG gab der Klage statt.
Entscheidung
Der BFH wies die Revision des FA zurück. Der pauschaliert ermittelte geldwerte Vorteil aus der privaten Nutzung des betrieblichen Kfz, das mehreren Arbeitnehmern zur Verfügung stehe, belaufe sich für jeden Kalendermonat auf insgesamt 1 % des (Brutto-)Listenpreises.
Hinweis
1. Mit der vorliegenden Entscheidung hat der BFH eine weitere Frage zur Besteuerung der Privatnutzung von betrieblichen Kfz (kurz: Dienstwagen) einer Klärung zugeführt. Er hat dabei die bisherige Verwaltungsauffassung (vgl. BStBl I 1996, 654) in erheblichem Umfang für unzutreffend (und im Übrigen auch als widersprüchlich) erachtet.
2. Für die Bezieher von Überschusseinkünften bestimmt § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG, dass für die Nutzung von Dienstwagen die Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG entsprechend gilt. Danach ist die private Nutzung eines Dienstwagens für jeden Kalendermonat mit 1 % des inländischen (Brutto-)Listenpreises anzusetzen.
Aus dem Gesetz lässt sich nicht entnehmen, ob bei der Nutzung eines Dienstwagens durch mehrere Personen eine fahrzeugbezogene oder eine nutzerbezogene Betrachtung anzustellen ist.
Da es bei der 1%-Regelung auf den Umfang der tatsächlichen Privatnutzung nicht ankommt, könnte zwar daran gedacht werden, die Privatnutzung eines jeden Nutzers mit 1 % zu versteuern. Dies erscheint sachlich jedoch nicht gerechtfertigt. Denn jeder Arbeitnehmer hat nur eine eingeschränkte Nutzungsmöglichkeit.
Mit einer ausführlichen Begründung hat sich der BFH für eine fahrzeugbezogene Betrachtungsweise entschieden. Er weist darauf hin, dass die Nutzung des Arbeitnehmers eingeschränkt ist, wenn neben ihm noch ein weiterer Arbeitnehmer den Dienstwagen benutzen darf. Es könne zwar davon ausgegangen werden, dass bei einer Nutzung des Dienstwagens durch zwei Arbeitnehmer regelmäßig eine stärkere Privatnutzung gegeben sei; andererseits sei aber bei typisierender Betrachtung eine Verdoppelung der Privatnutzung nicht anzunehmen. Dies gelte erst recht, wenn der Dienstwagen von mehr als zwei Arbeitnehmern genutzt werde. Die private Nutzungsmöglichkeit vervielfache sich nicht mit der entsprechenden Zahl der Nutzer.
Für den BFH war letztlich entscheidend, dass eine doppelte/mehrfache Erfassung des pauschalierten Nutzungswerts zu einer Übermaßbesteuerung führen könnte, zumal das Gesetz jedenfalls keine ausdrückliche Deckelung auf die Kosten des Arbeitgebers vorsieht.
Im Übrigen setzte sich der BFH in umfangreicher Weise auch mit den einschlägigen Verwaltungsanweisungen auseinander, die selbst nicht widerspruchsfrei seien. Er betonte zudem, dass auch die Ausweichmöglichkeit (Führen eines Fahrtenbuches) der fahrzeugbezogenen Betrachtungsweise nicht entgegengehalten werden könne.
3. Die Aufteilung des Nutzungswerts auf mehrere Arbeitnehmer ist aber nur nach Kopfteilen vorzunehmen. Ein anderer Maßstab (z.B. Umfang der privaten Nutzung) wäre mit der grob pauschalierenden 1%-Regelung nicht vereinbar.
4. Um die praktische Umsetzung zu erleichtern, enthält die Besprechungsentscheidung zudem Hinweise zur Ermittlung des geldwerten Vorteils, wenn mehrere Arbeitnehmer für private Fahrten auf Kfz aus einem Fahrzeugpool zugreifen können sowie die Zahl der Nutzungsberechtigten die Zahl der im Fahrzeugpool befindlichen Kfz übersteigt.
5. Offen bleibt die Frage, ob bei Nutzung des Dienstwagens durch mehrere Personen eine kopfanteilige Aufteilung des Nutzungswerts auch dann in Betracht kommt, wenn Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (vgl. § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG) bzw. Familienheimfahrten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung (vgl. § 8 Abs. 2 Satz 5 EStG) unternommen werden. Dies dürfte wohl eher zu verneinen sein. Schon die Frage der Übermaßbesteuerung tritt hier nicht in gleicher Weise auf.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 15.5.2002, VI R 132/00