Leitsatz

Die Steuerbegünstigung nach § 10h EStG für eine unentgeltlich zu Wohnzwecken überlassene Wohnung im eigenen Haus an Angehörige setzt weder einen schriftlichen Nutzungsvertrag voraus noch ist erforderlich, dass sich der Angehörige in der überlassenen Wohnung überwiegend aufhält. Die Steuerbegünstigung kommt auch dann in Betracht, wenn der Steuerpflichtige die Wohnung seinen – einkommensteuerlich zu berücksichtigenden – Kindern zu Wohnzwecken überlässt.

 

Normenkette

§ 10h EStG

 

Sachverhalt

Die Kläger sind Eigentümer eines nach § 10e Abs. 1 EStG geförderten Einfamilienhauses, dessen Dachgeschoss sie zu einer Einliegerwohnung ausbauten und ihren volljährigen, in A bzw. B studierenden Töchtern aufgrund einer mündlichen Vereinbarung unentgeltlich überließen. Die für den Ausbau mit der Einkommensteuererklärung geltend gemachte Steuerbegünstigung gem. § 10h EStG lehnte das FA wegen fehlender schriftlicher Vereinbarungen über die behauptete unentgeltliche Überlassung der Wohnung an die Töchter ab und berücksichtigte die Ausbaukosten lediglich als nachträgliche Herstellungskosten nach § 10e Abs. 1 EStG bei der Grundförderung der von den Klägern eigengenutzten Wohnung.

 

Entscheidung

Nach Auffassung des BFH ist § 10h EStG auch auf solche Wohnungen anwendbar, die der Steuerpflichtige seinen nach § 32 EStG berücksichtigungsfähigen Kindern überlassen hat. Die grundsätzlich ebenfalls gegebene Förderbarkeit nach § 10e Abs. 1 EStG schließe nicht aus, dass bei Überlassung der Wohnung an ein einkommensteuerlich dem Wohnungseigentümer zuzurechnendes Kind die Förderung nach § 10h EStG in Anspruch genommen werde (a. A. Kleeberg in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 10h Rz. B 15; Schmidt/Drenseck, Einkommensteuergesetz, 20. Aufl., § 10h Rz. 5; Stephan in Littmann/Bitz/Pust, Einkommensteuergesetz, § 10h Rz. 8).

Da im Streitfall die Kläger für die von ihnen bewohnte Wohnung die Grundförderung nach § 10e Abs. 1 EStG in Anspruch genommen hätten, komme nach § 10e Abs. 4 Satz 2 EStG wegen des räumlichen Zusammenhangs daneben eine Förderung der Dachgeschosswohnung nach § 10e Abs. 1 EStG nicht in Betracht, sondern nur die Begünstigung nach § 10h EStG.

 

Hinweis

1. Nach § 10h Satz 2 Nr. 4 EStG kann der Steuerpflichtige Aufwendungen für Baumaßnahmen zur Herstellung einer Wohnung im Jahr der Fertigstellung und in den drei folgenden Jahren geltend machen, wenn er die Wohnung insgesamt im jeweiligen Abzugsjahr voll unentgeltlich an einen Angehörigen i.S.d. § 15 Abs. 1 Nrn. 3 und 4 AO "auf Dauer zu Wohnzwecken" überlassen hat.

Voraussetzung ist, dass der Angehörige die Wohnung aufgrund eigenen, vom Eigentümer abgeleiteten Rechts, das mangels abweichender bürgerlich rechtlicher Vorgaben auch auf einer mündlichen oder stillschweigenden Mietvereinbarung beruhen kann, über einen längeren Zeitraum – allein oder zusammen mit anderen in den Haushalt aufgenommenen Personen – tatsächlich zu Wohnzwecken nutzt. Unschädlich ist, wenn es sich nicht um die einzige Wohnung des Angehörigen handelt oder er sich nicht überwiegend dort aufhält (vgl. BFH, Urteil vom 18.11.1998, X R 110/95, BStBl II 1999, 225 m.w.N). Nur besuchsweise Aufenthalte in der Wohnung, insbesondere, wenn sie im Übrigen von anderen Personen genutzt wird, reichen aber für die Förderung nach § 10h EStG nicht aus (vgl. Meyer in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG-KStG § 10h EStG Anm. 47). Indizien einer dauerhaften Wohnnutzung sind die tatsächliche Sachherrschaft des Angehörigen über die Wohnung (unbeschränktes Zutrittsrecht sowie das Recht, über den Zutritt anderer Personen selbstständig zu bestimmen) und eine den persönlichen und wirtschaftlichen Bedürfnissen des Angehörigen entsprechende Ausstattung – Mindestgröße, eingerichtete Küche, eigene Möblierung.

Diese Grundsätze gelten auch für die Wohnungsnutzung durch – volljährige – Kinder, die i.S.d. § 32 EStG beim Steuerpflichtigen zu berücksichtigen sind. Eine dauerhafte Wohnnutzung durch die Kinder kann bei Vorliegen dieser Voraussetzungen vom FA nur in Zweifel gezogen werden, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Wohnung in Zeiten der Abwesenheit der Kinder durch die Eigentümer anderen Familienangehörigen häufig überlassen werden. Insoweit ist allerdings das FA darlegungs- und im Zweifel beweispflichtig, weil dieser Einwand eine ihm günstige – steuererhöhende – Tatsache betrifft.

2. Das Bewohnen durch die Kinder des Eigentümers wird diesem auch als Nutzung zu eigenen Wohnzwecken i.S.d. § 10e EStG zugerechnet, so dass für dieselbe Wohnung sowohl die Wohneigentumsförderung nach § 10e EStG als auch diejenige nach § 10h EStG (alternativ) in Betracht kommen. Dem steht der Wille des Gesetzgebers nicht entgegen, weil er für diesen Konkurrenzfall eine ausdrückliche Regelung getroffen hat. Denn nach § 10h Satz 2 Nr. 5 EStG ist die Förderung im Sinn des Satzes 1 der Vorschrift nur ausgeschlossen, wenn der Steuerpflichtige die Aufwendungen – unter anderem – in die Bemessungsgrundlage nach § 10e EStG einbezogen hat. Solange dies nicht geschehen ist, kann der St...

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