Inna Disser, Dr. Gebhard Zemke
Rz. 43
Die SFDR und die RTS zur SFDR unterliegen weiterhin einer intensiven Entwicklungsdynamik. Die ESA veröffentlichten nach der Beauftragung vom 11.4.2022 durch die EU-Kommission und einem seitens der ESA am 12.4.2023 vorgelegten Konsultationspapier ihren Abschlussbericht am 4.12.2023, der einen überarbeiteten Entwurf der RTS zur SFDR beinhaltet und folgende wesentliche Änderungen aufweist:
- Vereinfachungen bzgl. der Templates i. R. d. vorvertraglichen und periodischen produktbezogenen Offenlegungen, insbes. die Einführung eines übersichtlichen Dashboards als Zusammenfassung der Angaben;
- Änderungen des Reportings über die wesentlichen nachteiligen Auswirkungen von Investitionsentscheidungen;
- Änderungen in Bezug auf die Veröffentlichung von Produkten, die ein Nachhaltigkeitsziel verfolgen;
- zusätzliche Offenlegungsanforderungen für Produkte, die spezifisch auf die Reduktion von Treibhausgasemissionen abzielen;
- zusätzliche Offenlegungspflichten für Produkte mit Investmentoptionen, sowohl in den vorvertraglichen und periodischen Informationen als auch auf der Website des Unternehmens.
Rz. 44
Des Weiteren hat die EU-Kommission am 14.9.2023 eine Konsultation zur Umsetzung der Verordnung über die SFDR eingeleitet, um bestehenden möglichen Mängeln der SFDR zu begegnen und deren Rechtssicherheit zu erhöhen sowie die Anwendbarkeit der Verordnung zu verbessern. Der Inhalt der Konsultation fokussiert sich auf die möglichen Problem- und Diskussionsfelder wie bspw. die Interaktion der SFDR mit anderen Rechtsvorschriften für nachhaltige Finanzen, die Relevanz der Offenlegungspflichten auf Unternehmensebene und die mögliche Einführung eines Kategorisierungssystems für Finanzprodukte.
Rz. 45
Fraglich ist, ob durch die anstehende Reform der Offenlegungspflichten im europäischen Rechtsraum eine harmonisierte Produktoffenlegung realistisch erscheint. So arbeitet bspw. die UK-Finanzaufsichtsbehörde (Financial Conduct Authority – FCA) seit längerem an einem umfassenden Maßnahmenpaket, welches als Bestandteil der Rahmensetzung zur Nachhaltigkeitstransparenz ein Produktklassifizierungssystem (in UK: "Investment Labelling Regime") vorgibt. Ausgehend von einem seitens der FCA am 3.11.2021 publizierten Diskussionspapier, in welchem Vorschläge für nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten (in UK: "Sustainable Disclosure Requirements" – SDR) und ein Produktklassifizierungssystem gemacht werden, folgte im Anschluss an ein Konsultationspapier vom Oktober 2022 die Veröffentlichung eines "Policy Statement" mit dem Titel "Sustainability Disclosure Requirements (SDR) and Investment Labels" am 28.11.2023, welches sich an in UK ansässige Verwalter alternativer Investmentfonds richtet und einen Gesetzentwurf mit dem Titel "Sustainability Labelling and Disclosure Of Sustainability-Related Financial Information Instrument" enthält. Das im Gesetzentwurf integrierte Produktklassifizierungssystem differenziert 4 verschiedene Produktklassen (in UK: "Labels"):
- Sustainability Impact (Erzielung einer vordefinierten, positiven und messbaren Wirkung in Bezug auf die Umwelt und/oder einen sozialen Aspekt);
- Sustainability Focus (Investitionen in ökologisch und/oder sozial nachhaltige Anlagen, die auf einem soliden, evidenzbasierten Nachhaltigkeitsstandard beruhen);
- Sustainability Improvers (Investitionen in Vermögenswerte, die das Potenzial haben, ihre ökologische und/oder soziale Nachhaltigkeit im Lauf der Zeit zu verbessern; bestimmt durch ihr Potenzial, im Lauf der Zeit einen soliden, evidenzbasierten Nachhaltigkeitsstandard zu erfüllen; hier muss ein absoluter Maßstab verwendet werden);
- Sustainability Mixed Goals (Investition in 2 oder mehr der o. g. Nachhaltigkeitsziele).
Um eines der genannten Labels verwenden zu können, müssen die Betroffenen des Anwendungsbereichs die allgemeinen Kriterien für das Label durchgängig erfüllen und die damit verbundenen Offenlegungen tätigen. I. d. R. müssen mind. 70 % eines Fonds in Übereinstimmung mit seinem Nachhaltigkeitsziel stehen. I. R. d. Anlagestrategie und -politik sollen wesentliche Leistungsindikatoren zur Messung des Fortschritts in Bezug auf das Nachhaltigkeitsziel verwendet werden.
Die Veröffentlichung eines Konsultatitonspapiers über die Ausweitung der neuen Regelungen auf Portfoliomanager erfolgte am 23.4.2024. Die Einführung der 4 optionalen Nachhaltigkeitslabel mit den damit verbundenen Qualifizierungsregeln und Offenlegungspflichten soll bereits ab dem 31.7.2024 für Verwalter alternativer Investmentfonds in Kraft treten und ist für Portfoliomanager ab dem 2.12.2024 vorgesehen.