Leitsatz
Der Verlust der Einlage eines stillen Gesellschafters, der steuerrechtlich als Teilwertabschreibung abgebildet wird, unterfällt nicht dem Anwendungsbereich des § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 i.V.m. Satz 2 EStG. "Gewinnminderungen" i.S. des § 2a Abs. 1 Satz 2 EStG sind nur solche Gewinnminderungen, die vorgangsbezogen aus einer Privatentnahme oder Teilwertabschreibung resultieren und nicht zu negativen Einkünften führen, weil sie etwa nur höhere positive Einkünfte mindern.
Normenkette
§ 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 5, Satz 2 EStG
Sachverhalt
Im Jahr 2003 hatte sich der später verstorbene Ehemann (E) der Klägerin mit einer Einlage von mehreren Tausend Euro als stiller Gesellschafter an der B GmbH (GmbH) mit Sitz in Kasachstan beteiligt und hielt die Beteiligung im Betriebsvermögen seines Einzelunternehmens. Dem lagen diverse Vereinbarungen zwischen E und seinem kasachischen Geschäftspartner, S, zugrunde. Im Jahr 2005 verstarb S. Daraufhin fuhr der Sohn der Klägerin nach Kasachstan. Seine Bemühungen, an Unterlagen zu gelangen bzw. die Rückzahlung der Einlage von den Erben des S zu erhalten, blieben erfolglos. Die GmbH wurde nach Mitteilung der Klägerin im Jahr 2006 abgewickelt. Die Klägerin buchte den Verlust der Beteiligung daraufhin zum 31.12.2006 gewinnmindernd aus. In der ESt-Erklärung für das Streitjahr 2006 wurden negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb unter gewinnmindernder Berücksichtigung aus dem Verlust der Einlage erklärt.
Das FA ging allerdings davon aus, dass der Beteiligungsverlust gemäß § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EStG nicht zu berücksichtigen sei.
Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg (FG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 6.3.2018, 4 K 986/14, Haufe-Index 13007160, EFG 2019, 758).
Entscheidung
Auf die Revision der Klägerin hat der BFH das FG-Urteil aufgehoben und der Klage stattgegeben. Die Begründung ergibt sich aus den Praxis-Hinweisen.
Hinweis
1. Mit der Besprechungsentscheidung hat der BFH den Anwendungsbereich der Vorschrift der Verlustverrechnungsbeschränkung des § 2a EStG seinerseits beschränkt: Der vollständige Verlust der Vermögenssubstanz im Rahmen einer Beteiligung als stiller Gesellschafter ist steuerlich voll abzugsfähig.
2.§ 2a EStG regelt die Verrechnung von Einkünften mit Bezug zu Drittstaaten und beschränkt dabei aus wirtschaftspolitischen Erwägungen den Abzug bestimmter Auslandsverluste von positiven inländischen Einkünften. Mit dieser Beschreibung des Gesetzeszwecks wird allerdings die "unerwünschte Verlustverrechnung" nicht zum Tatbestandsmerkmal erhoben. Vielmehr sind die einzelnen gesetzlichen Anwendungsfälle in den Blick zu nehmen.
3. Ein solcher einzelner Anwendungsfall für die Verlustabzugsbeschränkung ist die Beteiligung als stiller Gesellschafter an einem "Drittstaats-Handelsgewerbe" (§ 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EStG). Darum ging es auch im Streitfall, in dem sich ein inländischer Einzelgewerbetreibender an einer kasachischen Kapitalgesellschaft still mit einer höheren Geldeinlage beteiligt hatte, die er später vollständig verlor. Im Rahmen der Ermittlung seiner gewerblichen Einkünfte bildete er den Verlust zutreffend als Teilwertabschreibung ab. Das FA zog daraus den weiteren Schluss, dass nunmehr die Verlustabzugsbeschränkung greife, weil § 2a Abs. 1 Satz 2 EStG Gewinnminderungen den negativen Einkünften gleichstelle.
4. Dem ist der BFH nicht gefolgt. Vielmehr ist für die Bestimmung des Anwendungsbereichs der "Gewinnminderungsregelung" in § 2a Abs. 1 Satz 2 EStG streng zwischen zwei Tatbestandsgruppen zu differenzieren: So erfassen etwa die Nr. 1, 2 oder 5 eine einzelne Einkunftsquelle (z.B. aus einer stillen Beteiligung), während z.B. Nr. 3, 4 und 7 an einen einzelnen Vorgang (z.B. Ansatz des niedrigen Teilwerts) anknüpfen. Für die erste Gruppe lassen sich die negativen Einkünfte für den jeweiligen VZ bestimmen, während in der anderen Gruppe streng vorgangsbezogen zu verfahren ist. Der Gesetzgeber hat aber allein für die vorgangsbezogenen Tatbestände mit § 2a Abs. 1 Satz 2 EStG die Gewinnminderung den negativen Einkünften gleichgestellt. Denn bei den vorgangsbezogenen Tatbeständen kann es ohne Weiteres dazu kommen, dass eine Teilwertabschreibung (in Bezug auf einen Drittstaatssachverhalt) gar nicht zu – der Verrechnungsbeschränkung unterliegenden – negativen Einkünften führt, weil noch anderweitige positive Einkünfte vorhanden sind, die durch die Teilwertabschreibung lediglich gemindert werden. Um aber auch hier für den Vorgang Teilwertabschreibung die Verlustverrechnungsbeschränkung herbeiführen zu können, musste der Gesetzgeber für die vorgangsbezogenen Tatbestände eine Sonderregelung für Gewinnminderungen treffen. Gewinnminderungen i.S.d. § 2a Abs. 1 Satz 2 EStG sind damit nur solche, die vorgangsbezogen aus einer Privatentnahme oder Teilwertabschreibung resultieren und nicht zu negativen Einkünften führen.
5. Der BFH rundet das von ihm gefundene Ergebnis, wonach der Einlageverlust des stillen Gesellschafters, der steuerrechtlich als Teilwertabschreibung abgebildet wird, nicht...