Soweit ein selbstständig tätiger Mitarbeiter als Einzelunternehmer oder GbR für den Auftraggeber tätig wird, steht die Prüfung der zweiten Voraussetzung für die Abgabepflicht an: Ob eine im Sinne des § 2 KSVG künstlerische oder publizistische Tätigkeit ausgeübt wird.
Diese Frage zählt zu den konfliktträchtigsten der gesamten Künstlersozialversicherung: Wann ist ein Werk oder eine Leistung im Sinne der KSK künstlerisch oder publizistisch?
Bei einem künstlerischen oder einem publizistischen Werk wird ein Gegenstand erstellt: Gemälde, Grafik, Drehbuch etc. Bei einer künstlerischen oder publizistischen Leistung steht das persönliche Darstellen oder Vortragen im Vordergrund. Die Unterscheidung von Werk und Leistung lässt sich folgendermaßen verdeutlichen:
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Werk |
Leistung |
publizistisch |
- Drehbuch
- Artikel
- TV-Beitrag
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künstlerisch |
- Gemälde
- Skulptur
- Fotografie
- Spielfilm
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Die praktische Relevanz dieser Unterscheidung ist allerdings gering – die Abgabepflicht besteht bei Werken und Leistungen gleichermaßen und in identischer Höhe.
3.2.1 Kunst im Sinne des KSVG
Das KSVG definiert den Betriff "Kunst" nicht. In § 2 KSVG heißt es lediglich:
Zitat
Künstler im Sinne dieses Gesetzes ist, wer Musik, darstellende Kunst oder bildende Kunst schafft, ausübt oder lehrt.
Der Gesetzgeber war damit klug genug, den sehr wandelbaren Kunstbegriff nicht zu definieren. Entwicklungen wie etwa die Urban Art, die Szenografie/Raumstrategien, das Webdesign, der Blogger oder der TV-Juror bei Castingshows wären im Zweifelsfall nicht erfasst gewesen und nur nach einer stets sehr schwerfälligen Gesetzesänderung vom Kunstbegriff des KSVG umfasst worden. Die Rechtsprechung ist flexibler, auch wenn Gerichtsverfahren über drei Instanzen ihrerseits einige Jahre dauern.
§ 2 KSVG unterscheidet drei unterschiedliche Ausübungsformen:
- Musik,
- darstellende Kunst,
- bildende Kunst.
Angewandte Kunst ist damit nicht vom KSVG erfasst, Handwerk ist somit zunächst nicht künstlerisch, was beispielsweise Goldschmiede betrifft. Inhaltlich ist noch nicht gesagt, was Kunst ist, wann also musikalische Kunst, darstellende Kunst oder bildende Kunst vorliegt. Die eigentliche Begriffsbildung erfolgte erst durch die Rechtsprechung.
3.2.1.1 Der Grundsatz: Mindestmaß an freier schöpferischer Gestaltung
Das BSG setzt sich in seiner Rechtsprechung laufend mit dem Kunstbegriff des KSVG auseinander. Ausgangspunkt der Überlegungen des BSG zum Kunstbegriff im KSVG ist der Zweck des Gesetzes: Es soll die soziale Absicherung freier Künstler (und Publizisten) verbessern, die wegen der oft geringen und zudem stark schwankenden Einkünfte nicht besonders ausgeprägt ist. Denn der Ausgangspunkt des KSVG war die unterdurchschnittliche soziale Absicherung von Personen, die "Musik, darstellende Kunst oder bildende Kunst schaffen, ausüben oder lehren". Es kommt also auf die soziale Schutzbedürftigkeit aufgrund der hohen beruflichen Risiken im Kreativbereich an. In der Gesetzesbegründung zum KSVG heißt es deshalb (BT-Drs. 9/26, S. 18):
Zitat
Von jeder Abgrenzung nach der Qualität der künstlerischen oder publizistischen Tätigkeit ist abgesehen worden (...). Für die soziale Sicherung kann lediglich das soziale Schutzbedürfnis maßgebend sein.
Das soziale Schutzbedürfnis ergibt sich dabei aus der besonderen beruflichen Situation, mit der Künstler konfrontiert sind, wie der Abhängigkeit von der Gunst des Publikums und überdurchschnittlich stark schwankenden Einkünften.
Zitat
Andererseits ist der berufliche Lebensweg von Künstlern und Publizisten ungemein risikoreich, und die Einkommensverhältnisse unterliegen überdurchschnittlichen Schwankungen. Die Gründe hierfür sind vielschichtig: Die Abhängigkeit von (...) geistigen Modeströmungen, denen die Künstler sich vielfach aus ihrem Selbstverständnis heraus nicht anpassen können. (...) Da die Inanspruchnahme von künstlerischen Werken für die materielle Existenz nicht zwingend notwendig ist, hat der überwiegende Teil der Künstler und Publizisten eine schwache Stellung am Markt.
Diesen Ausgangspunkt betont auch das BSG in seiner Rechtsprechung. In einem Urteil vom 25.10.1995, Az. 3 RK 24/94, hat es sich näher mit dem Begriff des Künstlers im Sinne des KSVG auseinandergesetzt. Für das KSVG und dessen spezielle Zielrichtung können danach die materiellen Kriterien des Urheberrechts oder des Steuerrechts (Kunst als freie schöpferische Gestaltung, in der Eindrücke, Erfahrungen und Erlebnisse des Künstlers durch das Medium einer bestimmten Formensprache zur unmittelbaren Anschauung gebracht werden) nicht unverändert übernommen werden:
Zitat
Das KSVG lässt eine Niveaukontrolle, also eine Differenzierung zwischen ‘höherer’ und ‘niederer’ bzw. ‘guter’ und ‘schlechter’ Kunst nicht zu. Danach ist i. S. des KSVG jede Darbietung als Kunst anzusehen, bei der auch nur in Ansätzen eine freie schöpferische Gestaltung zu erkennen ist.
Der Gedanke dabei ist: Ein Künstler, dessen Schaffen allgemein anerkannt ist und der einen hohen Marktwert erzielt, kann seine soziale Sicherung auch ohne staatliche Hilfe selbst in die Hand nehmen. Der Schutz des KSVG soll l...