Beim künstlerisch oder publizistisch tätigen Geschäftsführer einer GmbH treffen sich beide Säulen, auf denen das KSVG beruht:
- die Versicherungspflicht als selbstständiger Künstler bzw. Publizist und
- die Künstlersozialabgabe auf das Geschäftsführergehalt (GF-Gehalt).
Der Gesellschafter einer GmbH kann also ggf. als versicherungspflichtiger Künstler die Zuschüsse der KSK zur Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung erhalten. Auf der anderen Seite aber muss die GmbH das an ihn gezahlte Gehalt gem. § 27 KSVG melden und darauf die Künstlersozialabgabe zahlen. Dies hat Auswirkungen gerade für Werbeagenturen und TV-Produktionsfirmen, die in der Rechtsform der GmbH geführt werden.
3.5.1.1 Die Voraussetzungen für die Abgabepflicht auf das GF-Gehalt
Zwei Voraussetzungen bestehen für die Versicherungs- und Abgabepflicht:
- Der Gesellschafter muss gegenüber der GmbH, sozialversicherungsrechtlich gesehen, selbstständig tätig sein und
- er muss (überwiegend) künstlerisch bzw. publizistisch arbeiten.
Die Beurteilung der Selbstständigkeit ist unabhängig von der Einordnung etwa im Arbeits- oder Steuerrecht. Aus Sicht des Sozialversicherungsrechts kann ein Geschäftsführer auch dann selbstständig tätig sein, wenn er arbeitsrechtlich als abhängig beschäftigter Arbeitnehmer gilt. Dies liegt an den unterschiedlichen Zielrichtungen des Arbeits- und des Sozialrechts. Es widerspricht sich nicht, den Geschäftsführer einerseits dem arbeitsrechtlichen Schutz bei Krankheit etc. zu unterstellen, ihm andererseits aber bei der sozialen Absicherung freie Hand zur eigenen Gestaltung zu lassen.
Die oben genannten Kriterien für die Unterscheidung von Selbstständigkeit und abhängiger Beschäftigung gelten – mit einigen Modifizierungen – auch für den GmbH-Geschäftsführer. Wichtige Indizien für eine Selbstständigkeit sind dabei:
- ein Kapitalanteil an der GmbH von mindestens 50 % oder eine Sperrminorität,
- Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot des § 181 BGB,
- keine Bindung im Geschäftsführervertrag an Ort, Zeit und Dauer der Arbeitsleistung,
- bei der GmbH handelt es sich um eine Familien-GmbH.
Das Gehalt ist nach der Rechtsprechung des BSG nur dann in die Bemessungsgrundlage nach § 25 KSVG einzubeziehen, wenn der Geschäftsführer überwiegend künstlerisch oder publizistisch tätig wird. Jeder Geschäftsführer wird zumeist mehrere Tätigkeitsfelder haben, die sich grob in kaufmännische und kreative unterteilen lassen. Hier gilt (BSG Urteil vom 16.4.1998):
Zitat
Bei einem aus mehreren Tätigkeiten zusammengesetzten gemischten Beruf, für den ein einheitliches Entgelt gezahlt wird, kann von einem Entgelt für eine künstlerische Tätigkeit nur dann ausgegangen werden, wenn die künstlerischen Elemente das Gesamtbild der Tätigkeiten prägen. Notwendige Geschäftstätigkeiten, die für die selbstständige Ausübung eines Berufes typisch sind, wie Reisen, Organisation und Verwaltung, stehen einer Wertung als künstlerisch nicht entgegen.
Das BSG zählt bei künstlerischen Aufträgen daher auch Tätigkeiten wie beispielsweise
- Akquise,
- Präsentation beim Kunden,
- Projektmanagement,
- Budgetcontrolling,
- Abrechnung etc.
zu den sog. Annextätigkeiten, da jeder freie Grafiker akquirieren und abrechnen muss. Wenn danach die künstlerische oder publizistische Tätigkeit überwiegt, ist das Gehalt in voller Höhe (einschließlich Tantiemen, Gewinnbeteiligungen, Zahlungen für den Dienstwagen etc.) zu melden.
Beispiel
Eine Werbeagentur wird von zwei Gesellschafter-Geschäftsführern geleitet. Der Geschäftsverteilungsplan sieht vor, dass der eine Geschäftsführer zuständig ist für Projektmanagement, Kundenkontakt und Finanzen, der andere für die Kreation, Personal und allgemeine Verwaltung, beide akquirieren auch. Beide Geschäftsführer sind also sowohl künstlerisch als auch nicht künstlerisch tätig, so dass jeweils der zeitliche Anteil zu analysieren ist. Die Abgabe wird sich aber nicht bei beiden Geschäftsführern vermeiden lassen.
3.5.1.2 Delegation an Mitarbeiter
Eine wichtige Möglichkeit zur Gestaltung hat das BSG in einem Urteil aus dem Jahr 2003 erschwert. Bis dahin war es möglich, künstlerische und publizistische Tätigkeiten an feste und freie Mitarbeiter zu delegieren. Der Geschäftsführer konnte sich so auf die kaufmännische Führung der GmbH konzentrieren, das Gehalt wurde nicht in die Bemessungsgrundlage des § 25 KSVG einbezogen. Diese Delegation der künstlerischen Arbeiten wird vom BSG aber nicht anerkannt. Ein Überwiegen der künstlerischen Tätigkeiten kann nun schon vorliegen, wenn die künstlerische Oberaufsicht ausgeübt wird (BSG Urteil vom 24.7.2003):
Zitat
Die eigenhändige Mitwirkung ist zwar der Regelfall, ihr – völliges oder partielles – Fehlen schließt aber die Einstufung als künstlerische oder publizistische Tätigkeit dann nicht aus, wenn eine Person (...) sich zur Erbringung eines künstlerischen oder publizistischen Werkes verpflichtet und dabei trotz der Mitarbeit von Dritten (Angestellte, freie Mitarbeiter) die Gesamtverantwortung für das zu erstellende Werk innehat (...).
Dadurch aber wird die Künstlersozialabgabe ggf. auf eine rein fiktive Tätigkeit erhoben, denn ein GmbH-Geschäftsführer ist ...