Die rechtsverbindlichen Entscheidungen der KSK und der DRV ergehen in Verwaltungsakten und damit durch eine förmliche Regelung, gegen die Rechtsmittel zur Verfügung stehen. Neben den förmlichen und fristgebundenen Rechtmitteln Widerspruch und Klage steht aber auch bei eingetretener Bestandskraft eines Bescheids auch die Möglichkeit eines Antrags nach § 44 SGB X auf Neuentscheidung und Rücknahme des Bescheids zur Verfügung.
5.2.1 Widerspruch
Einem Prozess vor dem Sozialgericht geht zwingend das Widerspruchsverfahren voraus. Denn durch den Widerspruch soll die Verwaltung selbst die Möglichkeit bekommen, ihre Entscheidung zu überprüfen und ggf. zu korrigieren. Dazu wurden bei der KSK spezielle Ausschüsse eingerichtet, die über einen Widerspruch entscheiden und die paritätisch mit Vertretern der Verwerter- und der Versichertenverbände besetzt sind, ohne dass dies auf die Qualität der Entscheidungen Einfluss hätte.
5.2.1.1 Form und Frist
Die Anforderungen an Form und Frist des Widerspruchs regelt § 84 SGG:
Zitat
(1) Der Widerspruch ist binnen eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekannt gegeben worden ist, schriftlich oder zur Niederschrift bei der Stelle einzureichen, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Die Frist beträgt bei Bekanntmachung im Ausland drei Monate.
Der Widerspruch muss also
- binnen eines Monats nach Bekanntgabe (Frist)
- schriftlich (Form)
bei der KSK eingegangen sein.
5.2.1.1.1 Frist
Grundsätzlich gilt: Die Frist zur Einlegung des Widerspruchs beträgt einen Monat nach Bekanntgabe der Entscheidung. Falls diese Frist aber schuldlos versäumt wurde, gibt es die Möglichkeit, dennoch den Widerspruch wirksam einlegen zu können (sog. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand).
Der Widerspruch muss innerhalb eines Monats nach seiner Bekanntgabe bei der KSK eintreffen. Wenn der Fristbeginn also auf den 14. eines Monats fällt, muss der Widerspruch bis zum 14. des Folgemonats (24.00 Uhr) bei der KSK eingegangen sein.
Beispiel
Ein Unternehmen erhält am 5.2.2022 mit der Post einen Bescheid der KSK über die Abgabepflicht. Der Bescheid trägt das Datum vom 1.2.2022. Bis wann muss der Widerspruch bei der KSK eingegangen sein? Die Frist für den Widerspruch beginnt im Normalfall am 3. Tag nach dem Absenden. Absendedatum ist hier der 1.2.2022. Die Frist beginnt normalerweise also am 4.2.2022, hier aber wegen des späteren Zugangs am 5.2.2022 (soweit dieses Datum zum Nachweis dokumentiert wird!). Sie endet am gleichen Tag des folgenden Monats, also am 5.3.2022. Bis zu diesem Tag muss der Widerspruch bei der KSK eingegangen sein.
Fällt das Ende der Frist auf einen Sonnabend, Sonntag oder Feiertag, verschiebt es sich auf den Ablauf des folgenden Werktages.
Praxistipp
Für die Frage, ob ein Feiertag vorliegt, kommt es auf den Sitz der Behörde an, im Falle der KSK mit Sitz in Wilhelmshaven also auf das Bundesland Niedersachsen. Keine Feiertage sind dort: Hl. Drei Könige, Fronleichnam, Mariä Himmelfahrt, Reformationstag und Allerheiligen.
Wenn die Frist für die Einlegung des Widerspruchs unverschuldet versäumt wurde, kann gem. §§ 67, 84 Abs. 2 SGG die sog. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt werden. Der Antrag ist binnen eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Innerhalb dieser Frist muss auch der Widerspruch nachgeholt werden.
Ein solcher Antrag ist unter folgenden Voraussetzungen begründet:
- die Widerspruchsfrist konnte wegen eines Hindernisses nicht eingehalten werden,
- der Hinderungsgrund wurde nicht verschuldet,
- das Vorliegen der beiden vorigen Punkte kann glaubhaft gemacht werden.
Der Hinderungsgrund muss unverschuldet aufgetreten sein. Verschuldet ist die Fristversäumnis, wenn der Betroffene die ihm gebotene und zumutbare Sorgfalt – vorsätzlich oder fahrlässig – außer Acht gelassen hat. Er muss also alle zumutbaren Anstrengungen unternommen haben, das Hindernis zu beseitigen. Verzögerungen aufgrund fehlerhafter oder fehlender Adress- bzw. PLZ-Angabe, wegen verspäteter Absendung, durch die längere Bearbeitungszeit bei Einschreiben oder auch durch das Verschulden eines Bevollmächtigten (z. B. eines Rechtsanwalts), sind zumeist fahrlässig und damit dem Widerspruchsführer als Verschulden zuzurechnen.
Kein Verschulden kann dagegen in der Regel angenommen werden, wenn eine plötzliche Erkrankung oder ein Unfall vorliegen und auch kein Dritter mehr mit der Übersendung beauftragt werden konnte.
5.2.1.1.2 Schriftform
Der Widerspruch muss schriftlich bei der KSK erhoben werden (oder zur Niederschrift bei der Behörde). Schriftform heißt: unterschriebener schriftlicher Brief oder Telefax. Die Schriftform ist nicht eingehalten, wenn der Widerspruch nur telefonisch oder per E-Mail eingelegt wird.
Der Widerspruch muss keine inhaltliche Begründung aufweisen. Er muss auch nicht als "Widerspruch" gekennzeichnet sein (was sich freilich dennoch anbietet). Um die Frist für die Einlegung zu wahren, genügt damit formal gesehen der rechtzeitige Zugang des Satzes:
"Hiermit erheben wir gegen den Bescheid vom ____, Abgabe-Nr. ____, Widerspruch."
Inhaltlich sollte aber natürlich durchaus der eigene Sta...