Christian Polivka, Alexander Zunic
Rz. 27
Mit einer ganzheitlichen ESG-Betrachtung eines Unternehmens wird der relevante Rahmen systematisch auf die gesamte Wertschöpfungskette über die direkten Unternehmensgrenzen hinaus ausgebreitet. Darüber hinaus erweitert sich der Fokus von einer cradle-to-gate- hin zu einer cradle-to-grave- oder cradle-to-cradle-Betrachtung, so dass der gesamte Lebenszyklus eines Produkts oder Services berücksichtigt wird. Dies beinhaltet die Rohstoffgewinnung über die Nutzung bis zur Entsorgung und/oder Wiederverwendung. In diesem Kontext stellt die Etablierung einer belastbaren und auditierbaren Transparenz über jegliche Nachhaltigkeitsaspekte die Unternehmen vor eine Herausforderung. Ein Schlüssel stellt eine gewisse, in einigen Bereichen noch fehlende Standardisierung dar. Diese Standardisierung muss auf der einfachsten Ebene als Performanceindikatoren (KPIs), aber auch Prozessdefinitionen bis hin zu Definitionen von technischen Austauschformaten etabliert werden; so z. B. des Nachhaltigkeitsdatenaustausches entlang der Wertschöpfungskette i. R. d. Pathfinder Frameworks, welches durch das WBCSD geleitet wird. Diese Initiative hat sich dem Austausch von Daten in Bezug auf CO2-Emissionen, insbes. Scope 3, verschrieben. Hierbei werden Methodik und die technischen Infrastruktur für den Datenaustausch bereitgestellt. Neben Scope 3 Emissionen sind auch soziale Aspekte in den vergangenen Jahren vermehrt in den Fokus einer übergreifenden Nachhaltigkeitsbetrachtung gerückt. Dies wird durch Standards und Verordnungen wie das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) verdeutlicht. Hierbei werden Sorgfaltspflichten und die soziale Verantwortung der Unternehmen geregelt (§ 15).
Rz. 28
Die relevanten Nachhaltigkeitsmetriken für ein Unternehmen sind sehr vielseitig. Dies ist bedingt durch die übergreifende Natur der Nachhaltigkeitsaspekte sowie die Relevanz entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Dies spiegelt sich auch wider in den unterschiedlichen und umfangreichen Reportingstandards, welche in § 8 im Detail vorgestellt werden.
Ein effizienter Übergang von der reinen Messung der Nachhaltigkeitsperformance zu einer erfolgreichen Steuerung selbiger bedarf möglichst kurzer Intervalle der Berichtszeiträume. Idealerweise wird das interne Nachhaltigkeitsreporting monatlich oder vierteljährlich etabliert.
Rz. 29
Neben ESG-Berichtsstandards mit den zahlreichen Definitionen zu Nachhaltigkeitsmetriken gibt es noch umfangreiche Methoden und Ansätze, welche die Messbarkeit von Nachhaltigkeitsperformance unterstützen:
- Stakeholder Capitalism: Stakeholder Capitalism schlägt vor, dass Unternehmen den Interessen aller ihrer Stakeholder und nicht nur der Aktionäre dienen sollten. Zu den Stakeholdern können Investoren, Eigentümer, Mitarbeiter, Anbieter, Kunden und die breite Öffentlichkeit gehören. Der Fokus liegt auf der langfristigen Wertschöpfung, nicht nur auf der Steigerung des Shareholder Value.
- Wesentlichkeitsanalyse: Die Wesentlichkeitsanalyse ist der Prozess der Identifizierung und Bewertung potenzieller Nachhaltigkeitsaspekte, die ein Unternehmen und seine Stakeholder betreffen könnten. Die gewonnenen Erkenntnisse können dann verwendet werden, um Kommunikation, Strategie, Ziele und Berichterstattung zu lenken. Häufige Herausforderungen bei der Wesentlichkeitsanalyse sind: einbeziehen und priorisieren von Stakeholder-Ansichten, einbeziehen der Geschäftsleitung und Erweiterung der Wesentlichkeit.
- Lebenszyklusanalyse: Das Life-Cycle-Assessment (LCA) ist ein Prozess zur Bewertung der Auswirkungen, die ein Produkt über die gesamte Lebensdauer auf die Umwelt hat. Hierbei sind die Erhöhung der Ressourcennutzungseffizienz sowie die Minimierung von Haftungsrisiken die Haupttreiber.
Worauf ist zu achten und wie kann IT unterstützen?
- Stellen Sie eine Wesentlichkeitsanalyse auf und identifizieren Sie die für Ihr Unternehmen relevanten ESG-Prioritäten und Themen. Dies hilft, den Blick zu fokussieren auf die Inhalte, die für Ihre internen und externen Stakeholder wichtig sind. IT kann Sie unterstützen, z. B. über Horizon-Scanning-Verfahren.
- Bleiben Sie informiert bzgl. der Entwicklung der globalen ESG-Berichtsstandards – insbes. CSRD/EU-Taxonomie, ISSB und SEC – diese Standards werden eine große Verbreitung haben, und es ist zu empfehlen, sich rechtzeitig auf diese Anforderungen einzustellen und digitale Berichtsbereitstellungen vorzubereiten.
- Leiten Sie daraus den für Ihr Unternehmen relevanten Nachhaltigkeits-Scope ab.
- Entscheiden Sie, welche Nachhaltigkeitsmetriken für Ihr Unternehmen wichtig sind und auf welcher Ebene/Aggregation Sie diese Metriken messen möchten. Welche Metriken sind erforderlich? Was berichten andere Unternehmen Ihrer Industrie? Gibt es Benchmarks?
- Kommunizieren Sie klar über Zahlen und Fakten und leiten Sie entsprechende Datenanforderungen ab.
- Stellen Sie sicher, dass Ihre IT-Lösung flexibel ist, um die identifizierten Datenanforderungen und kommende Anpassungen zu unterstützen.
- Etablieren Sie eine kontinuierlic...