Leitsatz
Negative ausländische Einkünfte (hier: Verluste aus Land- und Forstwirtschaft), die in den Veranlagungszeiträumen 1985 bis 1991 entstanden und bis zum Veranlagungszeitraum 1991 einschließlich nicht ausgeglichen worden sind, dürfen nach § 2a EStG i.d.F. des StÄndG 1992 vom 25.2.1992 (BGBl I 1992, 297, BStBl I 1992, 146) zeitlich unbegrenzt vorgetragen werden.
Normenkette
§ 2a Abs. 1 EStG 1992
Sachverhalt
Ein Landwirt hatte in den Jahren 1983-1989 Verluste aus einer Farm in Paraguay erzielt. Das FA berücksichtigte bei der Feststellung der verbleibenden Verluste gem. § 2a Abs. 1 EStG für die Jahre 1993-1996 Verluste nicht mehr, die mehr als sieben Jahre zurücklagen. Der Landwirt verlangte jedoch die Berücksichtigung aller noch nicht verbrauchten Altverluste. Das FG gab der Klage statt.
Entscheidung
Der BFH bestätigte die Entscheidung des FG. § 2a EStG 1992 sehe keine zeitliche Begrenzung für Altverluste vor. Die von der früheren Gesetzesfassung vorgesehene Begrenzung auf sieben Jahre sei ab 1992 ersatzlos entfallen. Zwar fehle im Gesetz eine ausdrückliche Anwendungsvorschrift, womit sich die Gesetzesfassung für Altverluste bei § 2a EStG von derjenigen für § 10d EStG unterscheide. Der Gesetzgeber habe jedoch nicht bewusst von der Rechtslage bei § 10d EStG abweichen wollen, sondern im Gegenteil eine Gleichbehandlung angestrebt, ohne dies durch eine ausdrückliche Regelung zu dokumentieren.
Hinweis
1. Das Urteil betrifft eine heute nur noch im Ausnahmefall bedeutsame Rechtsfrage.
a) Vor 1992 war der Abzug von Verlusten mit Auslandsbezug nach § 2a Abs. 1 EStG auf sieben Jahre begrenzt. Ältere Verluste konnten nicht mehr zur Verrechnung mit späteren positiven Einkünften derselben Art genutzt werden.
Ähnlich war auch der allgemeine Verlustabzug nach § 10d EStG früher auf insgesamt sieben Jahre begrenzt (zwei Jahre Rücktrag, fünf Jahre Vortrag). Die Begrenzung in § 10d EStG hatte der Gesetzgeber ab 1990 durch Einführung eines unbegrenzten Vortrags aufgegeben. Der verbleibende Verlustvortrag wird seither auch gesondert festgestellt. Zugleich mit der Änderung des § 10d EStG hatte der Gesetzgeber im damaligen § 52 Abs. 13b EStG ausdrücklich angeordnet, dass auch alle noch nicht verbrauchten Verluste aus Jahren vor 1985 in die erste Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags einbezogen werden sollten.
b) Es hätte damals nahe gelegen, auch die Ausgleichsbegrenzung in § 2a Abs. 1 EStG unbefristet auszugestalten. Anscheinend wurde § 2a EStG in diesem Zusammenhang aber übersehen. Erst bei den Beratungen des Finanzausschusses des Deutschen Bundestags zum StÄndG 1992 fiel das Versäumnis auf und § 2a Abs. 1 EStG wurde mit Wirkung ab 1992 auf einen zeitlich unbeschränkten Verlustabzug umgestellt. Eine Anwendungsvorschrift betreffend die Altverluste "vergaß" der Gesetzgeber allerdings.
2. Um die Behandlung der mehr als sieben Jahre alten Verluste bei der Systemänderung des § 2a EStG ging es in dem Besprechungsfall. Die Finanzverwaltung vertrat bisher die Meinung, das Fehlen einer ausdrücklichen Anwendungsvorschrift zeige, dass der Gesetzgeber abweichend von der Handhabung bei § 10d EStG Altverluste unberücksichtigt lassen wollte. Der BFH schloss sich demgegenüber der überwiegend in der Literatur vertretenen Meinung an, eine Anwendungsvorschrift sei schlicht vergessen worden. Nach dem Wortlaut des geänderten § 2a EStG seien auch Altverluste bei der Berechnung des verbleibenden Verlustvortrags zu berücksichtigen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 30.6.2005, IV R 31/04