Leitsatz

1. Die Überlassung von Wirtschaftsgütern an eine Betriebskapitalgesellschaft hat zur Folge, dass sämtliche Einkünfte der im Übrigen nicht gewerblich tätigen Besitzpersonengesellschaft als solche aus Gewerbebetrieb zu behandeln sind. Dies gilt auch dann, wenn eine für sich betrachtet vermögensverwaltende Tätigkeit einer Personengesellschaft erst aufgrund des Rechtsinstituts der Betriebsaufspaltung als eine originär gewerbliche Tätigkeit zu qualifizieren ist (Bestätigung des BFH-Urteils vom 13.11.1997, IV R 67/96, BFHE 184, 512, BStBl II 1998, 254).

2. Bei nachträglich erkannter Betriebsaufspaltung sind die bisher nicht bilanzierten Wirtschaftsgüter des (Sonder-)Betriebsvermögens in der Anfangsbilanz des ersten noch offenen Jahres mit den fortgeführten Herstellungs- bzw. Anschaffungskosten anzusetzen (Bestätigung des BFH-Urteils vom 24.10.2001, X R 153/97, BFHE 197, 105, BStBl II 2002, 75).

 

Normenkette

§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 3 Nr. 1, § 16 Abs. 2 und 3 EStG

 

Sachverhalt

Zum Gesamthandsvermögen einer GbR gehörte ein Verwaltungs- und Lagergebäude, das seit seiner Fertigstellung 1980 mit einem Flächenanteil von 48 % an eine GmbH für deren Großhandel sowie im Übrigen an ein anderes Unternehmen vermietet wurde. An der GbR und an der GmbH waren dieselben beiden Gesellschafter mit jeweils 50 % der Anteile beteiligt. Im Dezember 2000 übertrug einer der Gesellschafter von seinem Anteil an der GbR jeweils 1/4 an zwei volljährige Kinder. Alle GbR-Gesellschafter waren nach dem unverändert gebliebenen Gesellschaftsvertrag zur gemeinschaftlichen Geschäftsführung und Vertretung berufen.

Das FA war ursprünglich ebenso wie die GbR davon ausgegangen, dass mangels sachlicher Verflechtung keine Betriebsaufspaltung vorliege. Später behandelte das FA ab 1994 die Einkünfte der GbR aus der Vermietung an die GmbH als gewerblich, die übrigen Einkünfte als solche aus Vermietung und Verpachtung. Die GbR folgte dieser Auffassung erstmals bei Abgabe ihrer Feststellungserklärung für das Jahr 2000, in der nur Einkünfte aus der laufenden Vermietung erklärt wurden. Nach Bestandskraft der so unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Bescheide für 1998–2000 wurde deren Änderung dahingehend beantragt, dass alle Einkünfte solche aus Vermietung und Verpachtung seien. Das FA lehnte die Anträge ab und erließ stattdessen nach § 164 Abs. 2 AO geänderte Feststellungsbescheide, in denen alle Einkünfte der GbR als solche aus Gewerbebetrieb qualifiziert wurden. Die Feststellung für das Jahr 2000 wurde außerdem um einen Aufgabegewinn wegen Beendigung der Betriebsaufspaltung ergänzt.

Mit der gegen die geänderten Feststellungsbescheide erhobenen Klage machte die GbR geltend, eine Abfärbung nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG komme wegen der einheitlichen Vermietungstätigkeit nicht in Betracht. Bei der Gewinnermittlung sei nicht von den historischen Anschaffungs- und Herstellungskosten des Grundstücks, sondern vom Teilwert der als Betriebsvermögen behandelten Teile zu Beginn des Jahres 1994 auszugehen. Das FG wies die Klage ab (Hessisches FG, Urteil vom 15.6.2010, 8 K 3660/02, Haufe-Index 3721569).

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte das FG-Urteil. Die Betriebsaufspaltung führe zur Gewerblichkeit der GbR mit der Folge, dass dies auch auf die anderen Einkünfte der GbR abfärbe. Dass die anderen Einkünfte nicht in eine Schwestergesellschaft ausgelagert werden konnten, stehe der Abfärbung nicht entgegen. Auf Vertrauensschutz könne sich die GbR nicht berufen. Mit der Übertragung der Anteile auf die Kinder sei die personelle Verflechtung entfallen, was zur Beendigung der Betriebsaufspaltung und zur Aufgabe des Betriebs der GbR geführt habe. Bei der Ermittlung des Aufgabegewinns sei das FG zutreffend von einem Buchwert ausgegangen, der auch bei einer von Anfang an erkannten Betriebsaufspaltung angesetzt worden wäre.

 

Hinweis

1. Das Urteil setzt sich mit einer Vielzahl von Rechtsfragen auseinander. Die Fragen werden dabei sämtlich unter Bezugnahme auf frühere Entscheidungen des BFH beantwortet. Originär Neues enthält das Urteil nicht, was auch darin zum Ausdruck kommt, dass das Urteil nicht zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt worden ist. Dennoch ist die Entscheidung aufgrund ihrer komprimierenden Zusammenfassung für die Gestaltungspraxis von Interesse und wird daher nachfolgend kommentiert.

2. Im Kern des Urteils steht die Anwendung der Abfärberegelung auf eine vermögensverwaltende Personengesellschaft, die nur wegen der Überlassung einer wesentlichen Betriebsgrundlage an eine personell verflochtene Betriebs-GmbH als Besitzgesellschaft im Rahmen einer Betriebsaufspaltung anzusehen ist. Die Besitzgesellschaft erzielt dann infolge der Betriebsaufspaltung gewerbliche Einkünfte. Dies wiederum löst die Abfärbewirkung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG aus, sodass alle von der Gesellschaft ansonsten erzielten Einkünfte ebenfalls in gewerbliche umqualifiziert werden.

Im hier entschiedenen Fall hatte die vermögensverwaltende GbR ein Lager- und Verwaltungsgebäude teilweise an ei...

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