Leitsatz
Im Unterschied zu einer Gemeinschaftspraxis (Mitunternehmerschaft) hat eine Büro- und Praxisgemeinschaft lediglich den Zweck, den Beruf in gemeinsamen Praxisräumen auszuüben und bestimmte Kosten von einer Praxisgemeinschaft tragen zu lassen und umzulegen. Ein einheitliches Auftreten nach außen genügt nicht, um aus einer Bürogemeinschaft eine Mitunternehmerschaft werden zu lassen.
Normenkette
§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG , § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG , § 18 Abs. 3, 4 EStG
Sachverhalt
Ein Steuerberater (T) und zwei Rechtsanwälte (L und B) verbanden ihre selbstständigen Kanzleien nach außen in Form einer Sozietät und nach innen in Form einer Bürogemeinschaft. Sie gründeten zum 1.1.1996 eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), deren Zweck die gemeinsame Berufsausübung war. Dazu vereinbarten sie u.a., dass jeder Vertragspartner seine Tätigkeit unabhängig und in eigener Verantwortung ausübt und dass die GbR nach außen unter gemeinsamem Briefpapier und Praxisschild auftritt. Am 9.4.1996 veräußerte T einen Anteil von 25 % seiner Beteiligung an der Sozietät an U. Zum 30.12.1998 schieden T und U aus der GbR im Weg der "Realteilung" aus und brachten ihre Anteile in eine neu gegründete Gesellschaft ein. Das FA lehnte für 1996 eine gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die L-T-B-U & Partner GbR mit der Begründung ab, dass diese keine Mitunternehmerschaft sei. Es stellte die Einkünfte der T & U Steuerberatersozietät einheitlich und gesondert fest und behandelte dabei die Anteilsveräußerung an U nicht als begünstigte Veräußerung eines Mitunternehmeranteils, sondern als Veräußerung eines Teils der Einzelpraxis des T. Das FG wies die Klage des T gegen beide Bescheide ab.
Entscheidung
Der BFH wies die Revision des T als unbegründet zurück.
Hinweis
1. Der BFH hat – ebenso wie das FA und das FG – den Zusammenschluss des Steuerberaters T und der Rechtsanwälte L und B nicht als Mitunternehmerschaft, sondern als Bürogemeinschaft qualifiziert. Ausschlaggebend dafür war, dass nach den getroffenen Vereinbarungen und der tatsächlichen Durchführung eine gemeinschaftliche Gewinnerzielungsabsicht auf der "Ebene der Gesellschaft" nicht vorhanden war.
Die drei Freiberufler hatten vereinbart, dass jeder seine Tätigkeit unabhängig und in eigener Verantwortung ausüben sollte. Jeder sollte die Einstellung und Entlassung von Personal unabhängig vornehmen dürfen, jeder ermittelte für seinen Bereich das Betriebsergebnis getrennt und die der gemeinschaftlichen Berufsausübung dienenden Gegenstände blieben – ebenso wie der Praxiswert – Vermögen des einzelnen Partners. Aus diesen Vereinbarungen geht eindeutig hervor, dass die Vertragspartner nicht gemeinsam ein "Unternehmen" betreiben wollten.
2. Den Zweck der gegründeten Gesellschaft hat der BFH im Besprechungsfall darin gesehen, den Beruf in gemeinsamen Praxisräumen auszuüben und bestimmte Kosten von der Praxisgemeinschaft tragen zu lassen und umzulegen. Damit aber hatte der Zusammenschluss lediglich den Charakter einer Bürogemeinschaft, bei der eine gemeinsame Gewinnerzielung nicht beabsichtigt war. Das einheitliche Auftreten der Gemeinschaft nach außen, das durch ein gemeinsames Praxisschild und gemeinsames Briefpapier sowie durch die Ausstellung von Rechnungen unter gemeinsamem Namen dokumentiert wurde, reicht nicht aus, um aus einer Bürogemeinschaft eine Mitunternehmerschaft zu machen. Das FA hat deshalb zu Recht eine einheitliche und gesonderte Feststellung für die GbR abgelehnt.
3. Nachdem eine Freiberufler-Mitunternehmerschaft somit nicht vorlag, kommt die Annahme einer begünstigten Anteilsveräußerung nach § 16 Abs. 1 Nr. 2, § 18 Abs. 3 EStG zwischen T und U nicht in Frage. Das Problem, ob der von T an U veräußerte 25%-Anteil auch als Teilanteilsveräußerung steuerbegünstigt sein kann, stellt sich damit nicht. Das FA ist insoweit zu Recht davon ausgegangen, dass T erst durch die Veräußerung eines Teils seiner Einzelpraxis eine Mitunternehmerschaft mit U begründet hat.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 14.4.2005, XI R 82/03