Zusammenfassung
Beruht die Abhängigkeit einer Aktiengesellschaft (AG) nicht auf einem Vertrag oder einer Eingliederung, besteht die Gefahr, dass die abhängige Gesellschaft durch von der beherrschenden Gesellschaft angeordnete Rechtsgeschäfte oder Maßnahmen einen Nachteil erleidet, der nach den gesetzlichen Bestimmungen auszugleichen ist. Um sicherzustellen, dass es zu einem solchen Nachteilsausgleich gerade im Interesse von außenstehenden Minderheitsaktionären, die wenig oder keinen Einfluss auf die laufende Geschäftstätigkeit der Gesellschaft haben, kommt, verpflichtet das Aktienrecht den Vorstand der abhängigen Gesellschaft dazu, einen Bericht über gewisse Rechtsgeschäfte und Maßnahmen zu erstatten sowie darzulegen, ob ein Nachteil für die abhängige Gesellschaft entstanden ist. Dieser Bericht über die Beziehungen zu verbundenen Unternehmen wird als Abhängigkeitsbericht bezeichnet. Der Abhängigkeitsbericht ist durch den gesetzlichen Abschlussprüfer der Gesellschaft zu prüfen.
In den §§ 311–318 AktG regelt der Gesetzgeber, wie bei einem Abhängigkeitsverhältnis zu verfahren ist, das nicht auf einem Beherrschungsvertrag oder einer Eingliederung beruht. In einem solchen Fall eines sog. faktischen Konzerns besteht nach § 312 AktG die Verpflichtung, einen sog. Abhängigkeitsbericht aufzustellen. Diese Bestimmung stellt die zentrale gesetzliche Regelung für den Abhängigkeitsbericht dar.
1 Allgemeines und Adressat der Norm
Die Pflicht zur Aufstellung und Prüfung eines Abhängigkeitsberichts besteht, wenn ein Abhängigkeitsverhältnis aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen besteht. Es handelt sich hierbei um einen faktischen Konzern. Ausgeschlossen sind damit insbesondere die Fälle, in denen ein Beherrschungsvertrag oder eine Eingliederung gegeben ist. Liegt ein solcher faktischer Konzern vor, ist die beherrschende Gesellschaft verpflichtet, Nachteile des beherrschten Unternehmens, die auf der Einflussnahme durch die herrschende Gesellschaft beruhen, auszugleichen. § 311 AktG; umfassend Altmeppen, in Münchener Kommentar zum AktG, 6. Aufl. 2023, § 311 AktG Rz. 304 ff. Deshalb muss spätestens am Jahresende festgestellt werden, welche Vor- und Nachteile im Geschäftsjahr aus der Einflussnahme resultiert haben, damit der Ausgleich erfolgen kann. Kommt es nicht zum Ausgleich, entsteht für die beherrschte Gesellschaft automatisch ein Schadensersatzanspruch. Um sicherzustellen, dass tatsächlich ein Ausgleich erfolgt und insbesondere die Minderheitsaktionäre und Gläubiger der beherrschten Gesellschaft nicht benachteiligt werden, hat der Gesetzgeber die Verpflichtung geschaffen, einen Abhängigkeitsbericht zu erstellen.
Zur Aufstellung des Abhängigkeitsberichts verpflichtet ist der Vorstand der abhängigen Gesellschaft (AG oder KGaA) in einem faktischen Konzern. Hierbei handelt es sich um eine Gesamtverantwortung des Vorstands der AG, wobei die Fristen zu beachten sind, die für die Aufstellung eines Jahresabschlusses gelten. Zu beachten ist, dass diese Pflicht nur für abhängige Aktiengesellschaften bzw. KGaA sowie SE besteht, nicht jedoch für Gesellschaften anderer Rechtsform.
Der erstellte Abhängigkeitsbericht ist zusammen mit dem erstellten Jahresabschluss nebst Lagebericht dem Abschlussprüfer der Gesellschaft zur Prüfung zuzuleiten. Zu beachten ist, dass die Pflicht auch dann besteht, wenn die beherrschte AG keine Minderheitsaktionäre hat, denen Benachteiligung droht. Auch wenn in einem solchen Fall kein Schutzbedürfnis besteht, sieht das Gesetz keinen Verzicht auf die Erstellung eines Abhängigkeitsberichts vor. Ebenfalls ist zu beachten, dass die Pflicht nicht dadurch entfällt, dass in einem Geschäftsjahr keine berichtspflichtigen Geschäfte getätigt worden sind. In einem solchen Fall muss ein sog. Negativbericht erstattet werden.