Nach § 7 Abs. 1 Satz 7 EStG ist über die normale AfA hinaus eine AfA für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung (AfaA) zulässig. Die AfaA ergänzt die normale AfA, sodass in dem betreffenden Jahr die normale AfA und sodann die AfaA geltend gemacht werden können. Eine AfaA ist z. B. dann gegeben, wenn aufgrund bestimmter Ereignisse feststeht, dass die früher geschätzte Nutzungsdauer nicht erreicht wird.
AfaA i. S. d. § 7 Abs. 1 Satz 7 EStG sind möglich, wenn die wirtschaftliche Nutzbarkeit und Verwendungsmöglichkeit eines abnutzbaren Wirtschaftsguts durch besondere Umstände gegenüber dem normalen Wertverzehr gesunken ist. Voraussetzung für eine AfaA ist, dass das Wirtschaftsgut entweder eine Substanzeinbuße (technische Abnutzung) oder eine Einschränkung seiner Nutzungsmöglichkeit (wirtschaftliche Abnutzung) erleidet. Die außergewöhnliche "Abnutzung" geschieht durch Einwirken auf das Wirtschaftsgut im Zusammenhang mit seiner steuerbaren Nutzung. Die AfaA erfassen bei abnutzbaren Wirtschaftsgütern Wertminderungen aufgrund außergewöhnlicher technischer (z. B. Brand, Beschädigung) oder wirtschaftlicher Abnutzung (z. B. Veralterung infolge technischen Fortschritts).
Die AfaA bemisst sich nicht nach dem anteiligen Verkehrswert im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses, sondern nach den Anschaffungs- oder Herstellungskosten abzüglich der auf den bisherigen Nutzungszeitraum vorgenommenen AfA, d. h. dem anteiligen Restbuchwert. Mit einer AfaA wird – ggf. – ein Teil der Anschaffungs- oder Herstellungskosten zusätzlich zur planmäßigen Abschreibung abgeschrieben. Die AfaA ist also nach dem Wert zu bestimmen, um den der im Jahr des Schadenseintritts vorhandene Restbuchwert des geschädigten Wirtschaftsguts durch das schädigende Ereignis gemindert wird.
Dadurch wird eine Änderung des Abschreibungsplans zwingend notwendig. Nach Vornahme einer AfaA sind die weiteren AfA vom verbleibenden Restbuchwert nach Maßgabe der – ggf. neu zu schätzenden – Restnutzungsdauer vorzunehmen. Steuerlich besteht nach dem Gesetzeswortlaut des § 7 Abs. 1 Satz 7 EStG nach überwiegender Auffassung ein Wahlrecht AfaA vorzunehmen.
Die AfaA ist grundsätzlich in dem Veranlagungszeitraum vorzunehmen, in dem der gesetzliche Tatbestand von § 7 Abs. 1 Satz 7 EStG infolge einer außergewöhnlichen technischen oder wirtschaftlichen Abnutzung erfüllt ist, spätestens aber in dem Veranlagungszeitraum, in dem der Steuerpflichtige die außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung entdeckt hat. In den Fällen, in denen ein Wirtschaftsgut zerstört worden ist oder aus einem anderen Grund seinen Nutzen für die Einkünfteerzielung vollständig verloren hat, ist die AfaA zwingend im Jahr des Schadenseintritts vorzunehmen, obwohl grundsätzlich ein Wahlrecht zur Vornahme von AfaA besteht.
Dies gilt unabhängig von irgendwelchen Schadensersatzansprüchen gegenüber Versicherungen. Ist die AfaA versehentlich oder rechtsirrig unterlassen worden und ist die Veranlagung des betreffenden Jahres nicht mehr änderbar, kommt eine Nachholung der AfaA in einem späteren Jahr nicht in Betracht. Evtl. stellt sich dann aber bei Bilanzierenden die Frage einer Teilwertabschreibung, die bei einer Gewinnermittlung durch Einnahmenüberschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG nach ständiger Rechtsprechung nicht zulässig ist.
Bei vollständigem Ausscheiden des Wirtschaftsguts und unterlassener Ausbuchung des Wirtschaftsguts stellt sich im Fall der Bilanzierung zudem die Frage einer Bilanzberichtigung (§ 4 Abs. 2 Satz 1 EStG).
Gleichzeitige Inanspruchnahme von AfaA und normaler AfA
Bei beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die nach dem 31.12.2019 und vor dem 1.1.2023 oder nach dem 31.3.2024 und vor dem 1.1.2025 angeschafft oder hergestellt worden sind,kann der Steuerpflichtige statt der Absetzung für Abnutzung in gleichen Jahresbeträgen die Absetzung für Abnutzung in fallenden Jahresbeträgen bemessen (§ 7 Abs. 2 Satz 1 EStG). Es handelt sich um ein eigenständiges steuerliches Wahlrecht.
Bei Inanspruchnahme der degressiven AfA nach § 7 Abs. 2 EStG für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens ist die gleichzeitige Vornahme einer AfaA unzulässig. Wollen Sie in einem solchen Fall eine AfaA zusätzlich zur eigentlichen Abschreibung vornehmen, müssen Sie zuvor nach § 7 Abs. 3 Satz 1 EStG von der degressiven zur linearen AfA übergehen und können dann die AfaA geltend machen. Auch bei Gebäuden, die linear abgeschrieben werden, ist eine AfaA zulässig. AfaA sind nach dem Wortlaut des Gesetzes zwar nur bei Gebäuden zulässig, bei denen die AfA nach § 7 Abs. 4 EStG bemessen wird. AfaA sind nach Verwaltungsauffassung jedoch auch bei Gebäuden nicht zu beanstanden, bei denen AfA nach § 7 Abs. 5 EStG vorgenommen wird.