Wie auch in der Handelsbilanz hängt die Höhe der zu berücksichtigenden AfA in gleichen Jahresbeträgen insbesondere von der Nutzungsdauer ab. Bei einer Nutzungsdauer von 4 Jahren werden pro Jahr (100 : 4 =) 25 % und bei einer Nutzungsdauer von 10 Jahren pro Jahr (100 : 10 =) 10 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten als Aufwand berücksichtigt.
4.2.1 Schätzung der Nutzungsdauer und Bedeutung der AfA-Tabellen
Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 EStG bemisst sich die Absetzung nach der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer des Wirtschaftsguts.
Genau wie in der Handelsbilanz muss der Bilanzierende auch für die Bemessung der AfA die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer schätzen. Entscheidend ist nicht allein der Zeitraum, in dem ein Wirtschaftsgut genutzt werden kann. Es spielt vielmehr auch eine Rolle, wann das Wirtschaftsgut wirtschaftlich verbraucht ist.
Wirtschaftliche Nutzungsdauer
Ein Computer ist in der Regel auch dann noch nutzbar, wenn er z. B. 8 Jahre alt ist. Der Unternehmer kann ihn weiterhin für seine alten Programme einsetzen. Neuere Programme hingegen erfordern eine immer größere Speicherkapazität, sodass neue umfangreiche Programme nur noch mit Computern der neuen Generation eingesetzt werden können.
Ergebnis: Sobald ein Unternehmer im betrieblichen Bereich mit Programmen arbeitet (bzw. arbeiten muss), die sein Computer nicht mehr verkraftet, ist er wirtschaftlich überholt. Deshalb weist die amtliche Abschreibungstabelle eine Nutzungsdauer von 3 Jahren aus.
Um eine einheitliche Schätzung der Nutzungsdauer zu erreichen, hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) unter Beteiligung der Fachverbände der Wirtschaft eine Abschreibungstabelle für allgemein verwendbare Anlagegüter (AfA-Tabellen AV) sowie weitere branchenspezifische Abschreibungstabellen als Hilfsmittel für die Schätzung der Nutzungsdauer herausgegeben.
Die darin aufgeführten Nutzungsdauern für Kategorien von Wirtschaftsgütern berücksichtigen sowohl die technische als auch die wirtschaftliche Nutzungsdauer eines Wirtschaftsguts und haben zunächst die Vermutung der Richtigkeit für sich, ohne dass sie jedoch für die Gerichte bindend wären. Die AfA-Tabellen des BMF haben für das Finanzamt den Charakter einer Dienstanweisung. Für den Steuerpflichtigen handelt es sich um das Angebot der Verwaltung für eine tatsächliche Verständigung im Rahmen einer Schätzung, das er annehmen kann, aber nicht muss. Im Ergebnis bedeutet dies, dass die AfA-Tabellen für den Kaufmann zum einen ein wichtiges Hilfsmittel darstellen, aber andererseits ein Abweichen von den Nutzungsdauern der AfA-Tabellen eine Begründung erfordert.
Es gibt Abschreibungstabellen für die allgemein verwendbaren Wirtschaftsgüter. Das ist eine Zusammenstellung der Wirtschaftsgüter, deren Nutzungsdauer nicht davon abhängt, in welchem Unternehmen sie eingesetzt werden. Denn es hat keine Auswirkung auf die Nutzungsdauer, ob ein Computer im Büro eines Handwerksbetriebs oder eines Freiberuflers eingesetzt wird. Wer die amtliche Abschreibungstabelle verwendet, ist auf der sicheren Seite. Denn die amtlich festgelegte Nutzungsdauer wird in der Regel auch von den Finanzgerichten als verbindlich angesehen.
Wenn jemand abweichend von der Abschreibungstabelle eine kürzere Abschreibungsdauer ansetzt, muss er besondere Umstände darlegen können, die eine schnellere Abschreibung rechtfertigen, z. B. weil Umwelteinflüsse zu einem schnelleren Verschleiß führen.
Für viele Wirtschaftszweige (Branchen) gibt es besondere Abschreibungstabellen. Diese Branchen-Tabellen haben Vorrang vor der amtlichen Abschreibungstabelle der allgemein verwendbaren Wirtschaftsgüter.
Wann die Branchen-AfA-Tabelle angewendet werden kann
Herr Huber ist Taxiunternehmer und kauft ein neues Fahrzeug, das er als Taxi einsetzt. Nach der allgemeinen amtlichen Abschreibungstabelle beträgt die Nutzungsdauer für einen Pkw 6 Jahre, nach der Branchentabelle für Personen- und Güterbeförderung jedoch nur 5 Jahre.
Konsequenz: Herr Huber schreibt sein Taxi über 5 Jahre ab.
Die Nutzungsdauer eines Pkw ist in der Branchentabelle für Gartenbau und für die chemische Industrie ebenfalls mit 5 Jahren angegeben.
4.2.2 Möglichkeit zur Zugrundelegung einer einjährigen Nutzungsdauer bei digitalen Wirtschaftsgütern
Nach dem BMF-Schreiben vom 22.2.2022, Rz. 1.1 ist für die nach § 7 Abs. 1 EStG anzusetzende Nutzungsdauer von
- Betriebs- und Anwendersoftware zur Dateneingabe und -verarbeitung und
- Computerhardware
grundsätzlich ein Zeitraum von einem Jahr anzunehmen. Nach Rz. 1.2 des BMF-Schreibens kann der Bilanzierende von dieser Annahme auch abweichen und eine längere (im Einzelfall ggf. realistischere) Nutzungsdauer zugrunde legen. Auch ist die Anwendung anderer Abschreibungsmethoden als der linearen Abschreibung grundsätzlich möglich, wobei dies nur bei Zugrundelegung einer Nutzungsdauer von mehr als einem Jahr relevant ist. Wird vom Bilanzierenden in Übereinstimmung mit R...