Dipl.-Finanzwirt Werner Becker
Zusammenfassung
Von einer Substanzverringerung ist auszugehen, wenn Wirtschaftsgüter durch Ausbeutung verzehrt werden. Eine abbaufähige Bodensubstanz stellt ein solches Wirtschaftsgut dar. Die Substanzverringerung des Wirtschaftsguts muss auf die Jahre der Ausbeutung verteilt werden. Absetzungen für Substanzverringerung (AfS) sind nach § 7 Abs. 6 EStG zulässig, wenn tatsächlich Anschaffungskosten für ein Wirtschaftsgut i. S. d. Einkommensteuerrechts angefallen sind und ein Verbrauch der Substanz eintritt. Der Oberbegriff für solche Wirtschaftsgüter ist der Bodenschatz.
Nach dem Zweck der Vorschrift soll aber nicht vorrangig der Substanzverzehr, der beim Abbau von Bodenschätzen am Grundstück entsteht, ausgeglichen werden. Es soll vielmehr – ebenso wie bei Absetzungen für Abnutzung (AfA) – der Aufwand für den entgeltlichen Erwerb eines Wirtschaftsguts auf den Zeitraum seiner Nutzung verteilt werden. Die Verteilung erfolgt dabei nicht "ex ante" über die Dauer der vermuteten Nutzung, sondern "ex post" nach Maßgabe des tatsächlichen Wertverzehrs. Hat der Steuerpflichtige für einen Bodenschatz keine Anschaffungs- oder Herstellungskosten aufgewandt, kann er auch keine AfS vornehmen.
Die AfS sind in § 7 Abs. 6 EStG geregelt. Durch den Verweis auf § 7 Abs. 1 EStG hat der Gesetzgeber dem Steuerpflichtigen das Wahlrecht eingeräumt, die Abschreibungen auf die abgebaute Substanz entweder linear nach § 7 Abs. 1 EStG oder im Wege des Substanzverzehrs nach § 7 Abs. 6 EStG vorzunehmen. Wie die Abschreibungen auf Bodenschätze vorzunehmen sind, die der Steuerpflichtige unentgeltlich erworben hat und die nicht zu einem Betriebsvermögen gehören, regelt § 11d EStDV. Ergänzende Anweisungen der Verwaltung finden sich in R 7.5 EStR 2012 sowie in H 7.5 EStH 2021. Das BMF hat zudem zur Frage der Entstehung des Wirtschaftsguts "Bodenschatz" und dessen Zuordnung zum Betriebs- oder Privatvermögen in einem gesonderten Schreiben Stellung bezogen.
1 Allgemeines
Nach § 7 Abs. 6 Halbsatz 1 EStG ist bei Bergbauunternehmen, Steinbrüchen und anderen Betrieben, die einen Verbrauch der Substanz mit sich bringen, § 7 Abs. 1 EStG (Absetzung für Abnutzung in gleichen Jahresbeträgen = lineare AfA) entsprechend anzuwenden. Zulässig sind nach § 7 Abs. 6 Halbsatz 2 EStG aber auch Absetzungen nach Maßgabe des Substanzverzehrs (AfS). AfS können sowohl bei den Gewinn- als auch den Überschusseinkünften vorgenommen werden.
§ 7 Abs. 6 EStG gewährt demnach ein Wahlrecht zwischen linearer AfA und AfS. Ohne Ausübung des Wahlrechts ist linear abzuschreiben; in der Praxis bildet diese Abschreibungsmethode allerdings die Ausnahme.
Anwendung der linearen AfA bei Bodenschätzen im Privatvermögen
Die Rechtsprechung lässt bei Bodenschätzen im Privatvermögen allerdings keine lineare AfA nach § 7 Abs. 1 EStG zu. "Es könnte sonst der Fall eintreten, dass mehr abgeschrieben als entnommen und bei einem Grundstücksverkauf der Bestand in den Kaufpreis einbezogen würde, ohne dass eine Möglichkeit bestünde, die zuviel abgesetzte AfS steuerlich zu korrigieren."
Nach Auffassung der Steuerrechts-Kommentierung setzt sich der BFH damit aber zu Unrecht über den eindeutigen Wortlaut des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 EStG hinweg, der den ganzen § 7 Abs. 6 EStG für anwendbar erklärt.
Entscheidet sich der Steuerpflichtige für die AfS, sind daneben auch Absetzungen für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung – AfaA – nach § 7 Abs. 1 Satz 7 EStG zulässig. Voraussetzung für eine AfaA ist nach der Rechtsprechung, dass ein von außen kommendes Ereignis unmittelbar körperlich auf das Wirtschaftsgut einwirkt. Das ist etwa der Fall, wenn der Bodenschatz wegen veränderter geologischer Gegebenheiten, z. B. Erdrutsch, oder sonstiger Umstände, z. B. Kontaminierung durch ausgelaufenes Heizöl, nicht mehr abgebaut werden kann. Nach der Steuerrechts-Kommentierung soll eine AfaA aber auch möglich sein, wenn der Abbau wegen neuartiger technischer oder wirtschaftlicher Entwicklungen unrentabel geworden ist.