Dipl.-Finanzwirt Werner Becker
Leitsatz
Zahlungen von Abstandssummen für die Räumung von vermieteten Wohnungen sind auch dann Werbungskosten, wenn nach der Räumung die Eigennutzung beabsichtigt ist.
Sachverhalt
Der Steuerpflichtige wohnte mit seiner Familie in der X-Straße und erzielte aus dem in der Y-Straße belegenen vermieteten Mietwohngrundstück Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Im Jahr 1996 betrieb er erfolgreich die Beendigung der Mietverhältnisse der OG-Wohnungen in der Y-Straße. Seit Anfang 1998 nutzte er Teile des Obergeschosses zu eigenen Wohnzwecken bzw. als Arbeitszimmer; eine Wohnung wurde wiederum fremdvermietet.
In der Einkommensteuererklärung 1996 machte der Steuerpflichtige einen Verlust aus Vermietung und Verpachtung geltend und berücksichtige dabei Abfindungen an die Mieter in Höhe von 23 500 DM als Werbungskosten. Das Finanzamt ließ die Abfindungzahlungen nur insoweit zum Werbungskostenabzug zu, als sie auf die später erneut fremdvermietete Wohnung entfielen. Soweit der Steuerpflichtige das Obergeschoss selbst als Wohnraum und Arbeitszimmer nutzte, versagte das Finanzamt den Werbungskostenabzug, weil ein innerer wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen dem Aufwand und der zur Einkünfteerzielung führenden Nutzung durch die (beabsichsichtigte) Selbstnutzung entfallen sei.
Entscheidung
Das FG hat entschieden, dass die Abfindungszahlungen mit einem Teilbetrag von 19 500 DM als Werbungskosten abzugsfähig sind und dass der Abzug der restlichen 4 000 DM daran scheitert, dass sie nicht im Streitjahr nach § 11 Abs. 2 EStG abgeflossen sind. Es führt als Begründung an, dass bei den Räumungskosten ein innerer wirtschaftlicher Zusammenhang mit der Vermietungstätigkeit des Steuerpflichtigen bestanden hat. Hätte er das Grundstück nicht vermietet, wären diese Kosten nicht entstanden. Solche Kosten seien unabhängig von der zukünftig erstrebten Nutzung als Werbungskosten anzuerkennen, weil es sich um Aufwendungen handele, die im Rahmen der Gesamtaufwendungen der Vermietungstätigkeit deren zeitlich letzter Akt seien. Auch bei während der Vermietungszeit durchgeführten Erhaltungsmaßnahmen sei nach der Rechtsprechung des BFH (typisierend) davon auszugehen, dass sie noch der Einkünfteerzielung dienen und deshalb als Werbungskosten zu berücksichtigen sind und zwar unabhängig davon, ob die Erhaltungsaufwendungen auch einer zu diesem Zeitpunkt schon geplanten späteren Selbstnutzung zugute kämen. Nichts anderes könne hier gelten, denn die Räumungskosten in Form von Abstandszahlungen seien noch in die Zeit der Vermietung gefallen.
Hinweis
Das FG hat die Revision zur Fortbildung des Rechts nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zugelassen, weil es der Auffassung des BFH im Urteil vom 23.2.1988 (IX R 151/86, BFH/NV 1989 S. 485) nicht gefolgt ist. Dort hatte der BFH entschieden, dass Aufwendungen im Zusammenhang mit einem Räumungsprozess nur als Werbungskosten abzugsfähig sind, wenn nicht nur objektiv ein innerer Zusammenhang mit der Vermietungstätigkeit besteht, sondern sie subjektiv der Förderung der Erzielung von Vermietungseinkünften dienen. Nach Auffassung des FG ist der vom BFH gezogene Schluss, Räumungskosten seien nur als Werbungskosten abziehbar, wenn die Kosten aufgewendet würden, um das Grundstück auch weiterhin durch Vermietung nutzen zu können, nicht überzeugend. Im Übrigen werde auch in der steuerrechtlichen Literatur die Auffassung vertreten, dass Abfindungszahlungen zur Beendigung des Mietverhältnisses immer durch die frühere Vermietung veranlasst sind. Ungeachtet dessen sind die auf das Arbeitszimmer entfallenden Räumungskosten regelmäßig Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, wenn das Arbeitszimmer steuerlich anerkannt ist.
Link zur Entscheidung
FG Köln, Urteil vom 27.05.2003, 6 K 155/00