Leitsatz
1. Die in § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG angeordnete Freistellung der Gewinne aus der Veräußerung von Kapitalanteilen bezieht sich auf einen um etwaige Veräußerungskosten gekürzten Nettobetrag, von welchem nach § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG sodann 5 % als fiktive nicht abziehbare Betriebsausgaben behandelt werden.
2. Zu den Veräußerungskosten i.S.v. § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG gehören alle Aufwendungen, welche durch die Veräußerung der Anteile veranlasst sind.
Normenkette
§ 8b Abs. 2 Sätze 1 und 2, Abs. 3 Satz 1 KStG 2002
Sachverhalt
Die Klägerin, eine GmbH, gehört zu einer Unternehmensgruppe. Sie war alleinige Gesellschafterin der A-GmbH. Mit Vertrag vom 15.4.2005 veräußerte sie die Geschäftsanteile der A-GmbH zum Preis von rd. 15,8 Mio. EUR. Im Zusammenhang mit der Veräußerung entstanden Rechts- und Beratungskosten i.H.v. insgesamt rd. 140.000 EUR. Im zeitlichen Zusammenhang mit dem Anteilsverkauf traf die Klägerin am 14.4.2005 mit DB, dem Geschäftsführer der A-GmbH, die folgende Vereinbarung:
"Die (Klägerin) beabsichtigt, alle Geschäftsanteile der (A-GmbH) zu veräußern. (DB) soll weiterhin Geschäftsführer der (A-GmbH) bleiben. Mit der Veräußerung der Anteile scheidet damit (DB) aus der (Unternehmensgruppe) aus. In Anerkennung seiner langjährigen Leistungen für die (Unternehmensgruppe) vereinbaren die Parteien (…): (DB) erhält binnen zwei Wochen nach Abschluss des Anteilskaufvertrages von der (Klägerin) eine Tantieme von 400.000 EUR brutto …."
Abweichend von der Klägerin behandelte das FA sowohl die Rechts- und Beratungskosten als auch die an DB gezahlte Tantieme als Veräußerungskosten und errechnete auf dieser Grundlage den Gewinn, den er nach § 8b Abs. 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 KStG steuerfrei beließ. Die Klage gegen die hiernach ergangenen Steuerbescheide blieb erfolglos (FG Hamburg, Urteil vom 16.5.2013, 3 K 162/12, Haufe-Index 4808767, EFG 2013, 1605).
Entscheidung
Der BFH sah das nur im Ausgangspunkt genauso wie das FG. Er vertrat zwar ebenfalls einen "veranlassungsbezogenen" Begriff der Veräußerungskosten. Doch sah er für die Tantiemezahlung in der Veräußerung der Anteile keine solche Veranlassung als gegeben an. Möglicherweise handele es sich bei der Tantieme jedoch um eine vGA.
Hinweis
1. Das Urteil klärt den in jüngerer Zeit (wieder) in die Diskussion geratenen Begriff der Veräußerungskosten im Zusammenhang mit der Bestimmung des Veräußerungsgewinns nach § 8b Abs. 2 KStG. Um es vorwegzunehmen: Der BFH versteht diesen Begriff nicht etwa "normspezifisch" verengt-gegenständlich, sondern veranlassungsgetragen und damit exakt so, wie er auch andernorts im Ertragsteuerrecht aufzufassen ist. Und danach gilt:
a) |
Veräußerungskosten werden nach zwischenzeitlicher entwickelter, ständiger Spruchpraxis des BFH von den laufenden Betriebsausgaben nicht (mehr) danach abgegrenzt, ob sie "in unmittelbarer sachlicher Beziehung" zu dem Veräußerungsgeschäft stehen, sondern danach, ob ein Veranlassungszusammenhang zu der Veräußerung besteht. Abzustellen ist auf das "auslösende Moment" für die Entstehung der Aufwendungen und ihre größere Nähe zur Veräußerung oder zum laufenden Gewinn. |
Das hat der BFH zu § 16 Abs. 2 Satz 1 EStG sowie zu § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG erkannt. Und dem schließt er sich jetzt uneingeschränkt auch bezogen auf § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG an. Grund dafür geben ihm neben der Wortgleichheit des Begriffs der Veräußerungskosten im Rahmen der Gesetzesdefinition des Veräußerungsgewinns vor allem die übereinstimmende wirtschaftliche Sachlage und der Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung. Das Gesetz eröffnet "keine begründbare Handhabe", hiervon für die Regelungszusammenhänge des § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG abzuweichen
Der IX. Senat hatte sich dort im Rahmen des § 17 EStG auf das Erfordernis einer unmittelbaren veräußerungsbedingten Kausalität des angefallenen Aufwands zurückgezogen. Konkret ging es um die Aufwendungen eines in Deutschland beschränkt Steuerpflichtigen im Zusammenhang mit einem abkommensrechtlichen Verständigungsverfahren zwischen Deutschland und den USA wegen des Besteuerungsrechts hinsichtlich eines Gewinns aus der Veräußerung einer GmbH-Beteiligung. Allerdings muss angenommen werden, dass diese Einschätzung einzelfallbezogenen einer Veranlassungswertung entspringt. Jedenfalls ist nicht ersichtlich, dass der IX. Senat "das Rad zurückdrehen" wollte, hin zu einem – wie früher – rein kausalbedingten Begriffsverständnis. Und so gesehen mag man dennoch einen Verständnisgleichklang zwischen den Senaten annehmen können.
2. Veräußerungskosten in diesem Sinne sind z.B. – und so auch im Urteilsfall – veräußerungsveranlasste Rechts- und Beratungskosten.
Keine Veräußerungskosten in diesem Sinne sind hingegen Leistungen, die für eine (Sonder-)Tantieme erbracht werden, welche im Anschluss an das veräußerungsbedingte Ausscheiden des begünstigten G...