Steuerberatungskosten bei der Veräußerung von Anteilen

Der Veräußerungsgewinn ist bei Anteilen an einer Kapitalgesellschaft der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten die Anschaffungskosten übersteigt. Können auch Steuerberatungskosten abgezogen werden?

Zu den der Einkommensteuer unterliegenden Einkünften aus Gewerbebetrieb gehört gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft bei einer Mindestbeteiligung von 1 %. Der Veräußerungsgewinn ist nach § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungs-kosten die Anschaffungskosten übersteigt. Einen darüber hinausgehenden Abzug von Aufwendungen als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten sieht § 17 EStG – anders als andere Einkunftsarten – nicht vor. 

Vor dem Hessischen FG wurde die Frage entschieden, ob Steuerberatungskosten als Veräußerungskosten berücksichtigt werden können.

Fall des Hessischen FG: Steuerberatungskosten

Im Fall des Hessischen FG erklärten die Kläger Einkünfte (der Klägerin) aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft im Sinne des § 17 EStG. Als Kosten der Veräußerung machten die Kläger, neben Notarkosten, Fahrtkosten und Kosten der rechtlichen Beratung, auch Steuerberatungskosten geltend.

Finanzamt sieht nur mittelbaren sachlichen Zusammenhang

Das Finanzamt ließ die Anerkennung der Steuerberatungskosten als Veräußerungskosten nicht zu, da Veräußerungskosten nur solche Aufwendungen seien, die zur Durchführung der Anteilsveräußerung aufgewandt würden, z. B. Aufwendungen für die Prüfung und Beurkundung des Kaufvertrags oder zur Klärung steuerlicher Fragen im Zusammenhang mit der noch nicht durchgeführten Anteilsveräußerung.

Die streitgegenständlichen Steuerberatungskosten gehörten nicht hierzu, da sie lediglich der Erfüllung einkommensteuerlicher Verpflichtungen dienten. Da nur ein mittelbarer sachlicher Zusammenhang mit der Veräußerung der Anteile bestehe, erfüllten die Aufwendungen nicht die Definition der Veräußerungskosten.

FG erkennt Kosten aber an

Das Hessische FG ist aber anderer Auffassung (Urteil v. 22.2.2024, 10 K 1208/23). Der Begriff der Veräußerungskosten sei gesetzlich nicht definiert, obgleich er im Ertragsteuerrecht in mehreren Normen verwendet wird. Zwar habe der IX. BFH-Senat in seinem Urteil v. 9.10.2013 (IX R 25/12) entschieden, dass Veräußerungskosten im Sinne des § 17 EStG Aufwendungen in unmittelbarem sachlichen Zusammenhang (Beziehung) mit der Veräußerung sind, d. h. durch die Veräußerung wirtschaftlich veranlasste Aufwendungen seien. Damit habe er den Begriff der Veräußerungskosten auf Aufwendungen mit einer unmittelbaren veräußerungsbedingten Kausalität beschränkt.

Dies entspreche aber jedoch nicht der Rechtsprechungsentwicklung anderer Senate des BFH, wonach Veräußerungskosten (im Sinne des § 16 Abs. 2 Satz 1 EStG 2002) von den laufenden Betriebsausgaben nicht (mehr) danach abzugrenzen sind, ob sie "in unmittelbarer sachlicher Beziehung" zu dem Veräußerungsgeschäft stehen, sondern danach, ob ein Veranlassungszusammenhang zu der Veräußerung besteht. Abzustellen sei hiernach auf das "auslösende Moment" für die Entstehung der Aufwendungen und ihre größere Nähe zur Veräußerung oder zum laufenden Gewinn (z. B. BFH, Urteil v. 16.12.2009, IV R 22/08). Diese (nunmehr ständige) Rechtsprechung zum Veräußerungskostenbegriff im Sinne des § 16 Abs. 2 Satz 1 EStG wurde für die Bestimmung der Veräußerungskosten im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG (BFH, Urteil v. 27.3.2013, I R 14/12) übertragen. Entstehen diese Veräußerungskosten nachträglich, wirkten sie stichtagsbezogen auf den Veräußerungszeitpunkt gewinnmindernd zurück.

Ausreichende wirtschaftliche Veranlassung

Unter Berücksichtigung dieser höchstrichterlich entwickelten Grundsätze ist das FG zu der Überzeugung gelangt, dass es sich bei den Steuerberatungskosten der Kläger um Veräußerungskosten handelt. Laut der vorgelegten Rechnung des Steuerberaters stellten die geltend gemachten Aufwendungen Gebühren für die Ermittlung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb (Ermittlung des Überschusses der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben) dar, die als einkünftebezogene Steuerberatungskosten gewinnmindernd zu berücksichtigen sind.

Die Steuerberatungskosten für die Ermittlung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb seien im Streitfall allein auf den nach § 17 EStG zu versteuernden Veräußerungsvorgang zurückzuführen. Die Steuerberatungskosten seien durch den Veräußerungsvorgang veranlasst, da das "auslösende Moment" für die Entstehung dieser Aufwendungen in dem Veräußerungsvorgang selbst bestehe. Erst die Veräußerung ihrer Beteiligung hatte zur Folge, dass die insoweit abstrakt bestehenden steuerlichen Pflichten im Zusammenhang mit der Einkommensteuererklärung für die Klägerin auch konkret entstehen, die Inanspruchnahme steuerlicher Beratung hierzu erforderlich machen und die hierfür zu tragenden Aufwendungen auslösten.

Die gebotene, aber auch ausreichende wirtschaftliche Veranlassung des angefallenen Aufwands durch die Veräußerung der Kapitalgesellschaftsanteile führe zur Einbeziehung dieser Kosten in den Veräußerungskostenbegriff.

Revisionsverfahren beim BFH anhängig

Wie zu erwarten war, wurde gegen die Entscheidung des Hessischen FG Revision eingelegt, welche beim BFH unter dem Aktenzeichen IX R 12/24 offen ist.