Leitsatz
Hat der Steuerpflichtige größere Erhaltungsaufwendungen nach § 82b EStDV auf mehrere Jahre verteilt und verstirbt er innerhalb des Verteilungszeitraums, ist der noch nicht berücksichtigte Teil der Erhaltungsaufwendungen im Veranlagungsjahr des Versterbens als Werbungskosten im Rahmen seiner Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung abzusetzen (entgegen R 21.1 Abs. 6 Sätze 2 und 3 EStR 2012).
Normenkette
§ 21 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Satz 1, § 51 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. r Doppelbuchst. aa EStG, § 11d, § 82b EStDV
Sachverhalt
Der Erblasser vermietete bis zu seinem Tod ein Zweifamilienhaus. Höheren Erhaltungsaufwand hatte er auf 5 Jahre verteilt. In der Einkommensteuererklärung für das Todesjahr zog die Klägerin (Witwe) den noch nicht verbrauchten Aufwand in voller Höhe ab. Das FA versagte den Abzug mit der Begründung, er gehe auf die Erbengemeinschaft des Vermietungsobjekts über. Das Finanzgericht hat der Klage stattgegeben.
Entscheidung
Die Revision des FA hatte keinen Erfolg. Der BFH hat die Vorentscheidung (FG Münster, Urteil vom 11.10.2019, 10 K 3350/18 E, Haufe-Index 13595851, EFG 2020, 112) in vollem Umfang bestätigt.
Hinweis
Geht vom Erblasser nicht "verbrauchter", weil auf mehrere Jahre verteilter Erhaltungsaufwand auf die Erben über?
Dazu bedürfte es einer gesetzlichen Grundlage, an der es fehlt. Als Folge davon muss der Erblasser den restlichen Aufwand in voller Höhe bei seiner letzten Veranlagung abziehen. Wirkt er sich dort nicht aus, ist er verloren, auch wenn die Erben die Vermietungstätigkeit fortsetzen. Der Aufwand hängt nicht am Objekt, sondern an der Person.
Zur Begründung schlägt der BFH einen weiten Bogen:
1. Eine intersubjektive Aufwandsverteilung kommt schon nach § 82b Abs. 1 EStDV nicht in Betracht, hat doch die Vorschrift den Zweck, die Progression des Steuerpflichtigen zu glätten. Dieser Zweck geht – so der BFH – mit dem Tod des Steuerpflichtigen aber "ins Leere".
2. Nichts anderes ergibt sich aus § 82b Abs. 2 EStDV. Zwar regelt die Norm den Todesfall nicht ausdrücklich. Die dort geregelten Tatbestände sind jedoch insofern ähnlich, als eine Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung anschließend in der Person des Steuerpflichtigen nicht mehr möglich ist. Eine entsprechende "teleologische Erweiterung" würde also auch nach dieser Vorschrift dazu führen, dass die überperiodische Aufwandsverteilung mit dem Tod enden muss.
3. Auch im Übrigen fehlt es an einer Rechtsgrundlage für den Übergang der vom Erblasser getragenen Aufwendungen auf die Erben:
a) § 82b EStDV liefert sie nicht (s.o.).
b) § 11d EStDV kann nach der Rechtsprechung nicht analog angewandt werden.
c) Auch die Gesamtrechtsnachfolge bewirkt nicht, dass vom Erblasser erzielte und ihm persönlich zurechenbare Einkünfte auf den Erben übergehen. Das gilt, soweit sich nicht aus dem Gesetz etwas anderes ergibt, auch für Einnahmen und Ausgaben (sog. Subjektsteuerprinzip).
d) R 21.1 Abs. 6 Satz 2 EStR 2012 hat schon keine Rechtsnormqualität und ist überdies durch die Rechtsprechung überholt (fehlende Vererblichkeit des Verlustabzugs).
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 10.11.2020 – IX R 31/19