Leitsatz
Seit 1996 dürfen Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer im Regelfall nur noch bis zum Höchstbetrag von 2400 DM jährlich abgezogen werden. Den vollen Abzug der Kosten lässt das Gesetz nur zu, wenn das Arbeitszimmer den „Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet” (§ 4 Abs. 5 Nr. 6 b EStG). Das BVerfG hat diese Regelung für verfassungsgemäß erklärt.
Im Streitfall ging es um das häusliche Arbeitszimmer eines Lehrers. Das Finanzamt hatte die Aufwendungen von rund 3500 DM nur mit 2400 DM zum Abzug zugelassen. Der Beschwerdeführer wandte sich hiergegen mit den Argumenten, das Gesetz sei nicht ordnungsgemäß zustande gekommen, weil die Regelung vom Vermittlungsausschuss in den Gesetzentwurf eingefügt worden sei. Außerdem verletze die Regelung den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.
Das BVerfG hielt beide Argumente nicht für durchgreifend. Der Vermittlungsausschuss habe seine Kompetenzen nicht überschritten. Zwar sei es ihm verwehrt, neue Gesetzesvorschläge einzubringen. Auch sei die streitige Regelung nicht in dem Gesetzentwurf enthalten gewesen. Der Bundestag habe jedoch über diese Frage anlässlich des Antrags einer Fraktion und einer Empfehlung der Länder diskutiert. Deshalb habe das Parlament eine Vermittlung auch in dieser Frage erwarten dürfen.
Auch den Gleichheitssatz sieht das BVerfG nicht als verletzt an. Verfassungrechtlich sei es unbedenklich, einen Lehrer nicht der Personengruppe zuzuordnen, die die gesamten Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer absetzen kann. Den beruflichen Mittelpunkt bilde für einen Lehrer nicht das Arbeitszimmer, sondern die Schule . Den Höchstbetrag auf 2400 DM jährlich festzulegen, liege im Rahmen des Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers. Der Höchstbetrag sei „ realitätsgerecht ”.
Link zur Entscheidung
BVerfG, Urteil vom 07.12.1999, 2 BvR 301/98
Anmerkung: Für die Praxis ist die Frage der Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Regelung jetzt weitestgehend entschieden. Zwar lässt die Entscheidung des BVerfG die Möglichkeit offen, dass die gesetzliche Regelung hinsichtlich der im Ausgangsverfahren nicht entscheidungserheblichen Detailfragen für verfassungswidrig gehalten wird, etwa bei der Behandlung der Steuerzahler mit mehreren Berufstätigkeiten. Auch in dieser Frage werden sich die Steuerzahler aber kaum großen Hoffnungen hingeben dürfen, zumal der VI. Senat des BFH es für verfassungsrechtlich unbedenklich hält, dass das Gesetz bei mehreren Berufstätigkeiten des Steuerzahlers auf den Mittelpunkt der gesamten Betätigung (was immer das sein mag) abstellt (BFH, Urteil v. 23. 9. 1999, VI R 74/98, BStBl 1999 II S. 1981). Rechtssystematisch vermag die Entscheidung des BVerfG nicht voll zu überzeugen. Die Befugnisse des Vermittlungsausschusses werden sehr weit ausgedehnt, wenn er jede Gesetzgebungsinitiative einer Fraktion des Bundestags oder der Länder aufgreifen und erstmals entsprechende gesetzliche Regelungen in einen Gesetzentwurf einfügen darf. Hinsichtlich der Verletzung des Gleichheitssatzes drängt sich die Frage auf, ob das BVerfG gesehen hat, dass die gesetzliche Regelung zu einer Verletzung des steuerlichen Nettoprinzips führt. Eine sachliche Rechtfertigung für diese Verletzung ist bisher nirgends genannt worden. Der Gesetzgeber ist nicht berechtigt, beliebig Höchstgrenzen für den Abzug von Betriebsausgaben festzulegen. Unerfindlich bleibt auch, wie das BVerfG festgestellt hat, der Höchstbetrag von 2400 DM sei realitätsgerecht.