Leitsatz
1. Änderungen im Gesellschafterbestand einer Personengesellschaft, die insgesamt weniger als 95 % der Anteile betroffen haben, erfüllen nicht den Tatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG in der bis Ende 1999 geltenden Fassung.
2. Bei Anwendung des § 1 Abs. 2a GrEStG in der bis Ende 1999 geltenden Fassung sind Änderungen im Gesellschafterbestand einer Gesellschafterin der Personengesellschaft nicht zu berücksichtigen.
Normenkette
§ 1 Abs. 2a GrEStG (bis Ende 1999)
Sachverhalt
Im Gesamthandsvermögen der Klägerin, einer GbR, befinden sich mehrere Erbbaurechte. Gesellschafter der Klägerin waren eine GmbH zu 97 % und deren Alleingesellschafter B zu 3 %. B übertrug zunächst 1998 seine Geschäftsanteile an der GmbH gänzlich auf seine Ehefrau und sodann im Januar 1999 seine Beteiligung an der Klägerin gänzlich auf einen Dritten. Auch die GmbH übertrug im Januar 1999 ihre Beteiligung an der Klägerin auf den Dritten, behielt sich aber einen Anteil von 6 % zurück.
Unter Hinweis auf die Übertragungen vom Januar 1999 zog das FA die Klägerin nach § 1 Abs. 2a GrEStG a.F. zur Grunderwerbsteuer heran. Mit der dagegen erhobenen Klage machte die Klägerin geltend, lediglich eine Beteiligung von 94 % erworben zu haben. Dagegen wiederum brachte das FA vor, dass 1998 ein Wechsel des Alleingesellschafters der GmbH stattgefunden habe. Gleichwohl hatte die Klage Erfolg. Die Revision des FA wies der BFH zurück.
Entscheidung
Der Wechsel des Alleingesellschafters der GmbH ist bei der Prüfung, in welchem Umfang sich der Gesellschafterbestand der Klägerin geändert hat, nicht zu berücksichtigen, weil der Wechsel nicht "bei ihr" – wie das Gesetz es verlangt –, sondern bei der GmbH stattgefunden hat. Änderungen im Gesellschafterbestand einer an der Personengesellschaft beteiligten anderen Gesellschaft sind für § 1 Abs. 2a GrEStG in der bis Ende 1999 geltenden Fassung nicht tatbestandsmäßig.
Damit beläuft sich die Änderung im Gesellschafterbestand der Klägerin lediglich auf 94 %. Das reicht für die Anwendung des § 1 Abs. 2a GrEStG a.F. nicht aus. Zwar stellt Satz 2 der Vorschrift auf eine wirtschaftliche Betrachtungsweise ab und lässt es das in Satz 3 verwendete Wort "stets" als möglich erscheinen, dass auch Änderungen unterhalb der 95%-Grenze die Grunderwerbsteuer auslösen können; da § 1 Abs. 2a GrEStG a.F. jedoch keinen rechtlichen Maßstab dafür angibt, was für die wirtschaftliche Betrachtung bestimmend sein soll, laufen die Sätze 2 und 3 der Vorschrift leer.
Hinweis
Änderungen im Gesellschafterbestand einer Personengesellschaft ab dem 1.1.2000 sind nach § 1 Abs. 2a GrEStG in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 zu beurteilen. Mit dieser Neufassung sind auf der einen Seite das Tatbestandsmerkmal "bei ihr" und die Anordnung einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise entfallen und auf der anderen Seite mittelbare Änderungen im Gesellschafterbestand ausdrücklich einbezogen worden.
Ob der Streitfall nach der Neufassung der Vorschrift Grunderwerbsteuer auslösen würde, ist noch offen. Die Auffassung der Finanzverwaltung dazu ergibt sich aus Tz. 4.1, c des Erlasses vom 7.2.2000 (BStBl I 2000, 344). Entscheidend soll danach sein, ob die Änderungen im Gesellschafterbestand der an der Personengesellschaft beteiligten Gesellschaft – etwa einer Komplementär-GmbH einer KG – ihrerseits mindestens 95 % ausmachen. Danach wäre im Streitfall § 1 Abs. 2a GrEStG n.F. erfüllt.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 30.4.2003, II R 79/00