Carl Braun, Teresa Isabel Leßmann
1.1 Traditionelle versus agile Organisation
Agilität bedeutet die schnelle Anpassungsfähigkeit einer Organisation in Bezug auf Strategie, Führung und Kultur. Während in klassischen Organisationen häufig Top- Down-Hierarchien, Bürokratie und Abteilungen als Silos zu finden sind, zeichnet eine agile Organisation Flexibilität in den Ressourcen aus. Dabei steht besonders die Teamgestaltung im Vordergrund, die sich mit dem primären Ziel beschäftigt, fachlich gemischte Teams mit einer End to End-Prozessverantwortung zu bilden. Detaillierte und starre Vorgaben gibt es dabei nicht – es steht das eigenständige Handeln zur Umsetzung der Aufgaben und Ziele der Organisation im Fokus (vgl. Abb. 1).
Erreicht wird die Transformation von einer klassischen in eine agile Organisation durch eine offene Kommunikation und der Definition von Initiativen.
Abb. 1: Klassische vs. agile Organisation
Die agile Organisation fordert von den Teammitgliedern ein neues Mindset. Interdisziplinäre Strukturen verlangen Öffnung und Flexibilität, um neue Wertschöpfungsnetzwerke zu erkennen und zu festigen. Durch Rückkopplungsschleifen wird eine kontinuierliche Anpassung des Vorgehens erreicht, wobei der Fokus auf die Kundenzentrierung trotz Komplexität gewahrt werden muss. Die Teams müssen in der Lage sein, Verantwortung zu übernehmen und sich selbst zu organisieren, indem sie schnelle Entscheidungen treffen, Autorität verteilen und ihre Mitglieder weiterentwickeln.
Dabei spielt auch eine anerkannte Feedback- und Fehlerkultur eine Rolle. Vertrauen sollte vor Kontrolle kommen und der Sinn in der eigenen Arbeit erkannt werden. Dies stärkt auch die Loyalität innerhalb der Teams und führt zu einem starken Engagement, was sich in einer Qualitätssteigerung in der Aufgabenbewältigung widerspiegelt.
Die Rollen, die sich innerhalb der agilen Teams ergeben, sind geprägt durch ein empirisches Management. Dieses zeigt sich in einem ständigen Kreislauf, in dem sich die agilen Prinzipien als Werte und Leitsätze z. B. im Einzelnen in den Aspekten Fokus, Mut, Respekt, Commitment und Offenheit weiterentwickeln und dadurch die Wirkung des empirischen Managements wiederum verstärken (vgl. Abb. 2).
Abb. 2: Agiles Mindset
1.2 Stufen agiler Organisationen
Zwischen der traditionellen und der ganzheitlich agilen Organisation gibt es verschiedene Zwischenstufen der Agilität.
- Die Projektagilität zeichnet sich durch agile Teamstrukturen aus, die innerhalb einer klassischen Hierarchie interdisziplinär an einem Projekt zusammenarbeiten. Hier wird von der klassischen Linie abgewichen, es gibt jedoch weiterhin Vorgaben und Richtlinien aus der Hierarchie. Dabei können Arbeitsaufgaben auch an Mitarbeitende gegeben werden, die nicht im agilen Team arbeiten.
- Die Alltagsagilität beschreibt eher einen Zustand als eine Organisationsform. Hier gehen einzelne Akteure in der Hierarchie agil vor, ohne sich jedoch dauerhaft in einem agilen Arbeitsumfeld zu bewegen. Es finden auch innerhalb der Linien Projektteams agil zueinander, sie bleiben aber in Summe ihrer Position treu und werden weiterhin Top-down gesteuert.
- In der ganzheitlichen Agilität ist das gesamte Unternehmen netzwerkartig aufgebaut, die klassische Linie mit einem Top-down-Management entfällt komplett. Es herrscht eine ausgeprägte Orientierung am Sinn und Zweck der Aufgaben und Ziele des Unternehmens, die durch schnelle Entscheidungszyklen in flexiblen Teams aus allen Unternehmensbereichen erreicht werden sollen (vgl. Abb. 3).
Abb. 3: Stufen agiler Organisation
1.3 Rollenanforderungen in agilen Teamstrukturen im Controlling
Das Ziel eines agilen Controllings sollte sein, die Gesamtausrichtung des Controllings im Unternehmen anpassungsfähiger zu machen. Trotz Selbstorganisation sollten gewisse Leitplanken gesetzt werden und die finanzielle Steuerung weiterhin transparent möglich sein. Nach Schäffer/Weber (2019) müssen Controllerx^^
- selbstorganisierte Management- und Experten-Teams unterstützen,
- Plankoordination anpassungsfähiger machen,
- eine nahtlose Schnittstelle zwischen den Koordinationsmechanismen sicherstellen und
- für einen Kontext sorgen, in dem Agilität funktionieren kann.
Dabei sollte sich der Controller als bereichsübergreifender Koordinator verstehen und seine Business-Partner-Rolle wahrnehmen. Er gilt als verbindendes Element für die funktionsübergreifende Zusammenarbeit in der agilen Organisation.
1.4 Bewertung der Prozesse und Aufgaben im Finanzbereich für den Einsatz agiler Organisationsformen
Die Frage nach der "richtigen" Organisationsform treibt Unternehmen nicht erst seit dem vermehrten Aufkommen von Agilität um. Es ist eine der klassischen Herausforderungen der Unternehmung, sich so zu organisieren, dass die Aufgaben effizient und effektiv erledigt werden können. Wie kann dies im Kontext der Agilität gelingen?
Einen Ansatzpunkt liefert Klaus (2018): Demnach haben Aufgaben und Tätigkeiten in der Unternehmung verschiedene Charakteristika, die sich mehr oder weniger für den Einsatz von Agilität eignen.
- Agiler Teil: Die wichtigsten Merkmale sind Selbstorganisation, Befähigung, funktionsübergreifende Aufgaben, Konzentration auf den Ku...