Carl Braun, Teresa Isabel Leßmann
Die Frage nach der "richtigen" Organisationsform treibt Unternehmen nicht erst seit dem vermehrten Aufkommen von Agilität um. Es ist eine der klassischen Herausforderungen der Unternehmung, sich so zu organisieren, dass die Aufgaben effizient und effektiv erledigt werden können. Wie kann dies im Kontext der Agilität gelingen?
Einen Ansatzpunkt liefert Klaus (2018): Demnach haben Aufgaben und Tätigkeiten in der Unternehmung verschiedene Charakteristika, die sich mehr oder weniger für den Einsatz von Agilität eignen.
- Agiler Teil: Die wichtigsten Merkmale sind Selbstorganisation, Befähigung, funktionsübergreifende Aufgaben, Konzentration auf den Kundennutzen und iterative Ansätze. Agile Praktiken haben sich vor allem bei der Softwareentwicklung, der Produktentwicklung, bei Marketingprojekten, der strategischen Planung und bei Lieferkettenprojekten als nützlich erwiesen.
- Nicht agiler Teil: Tätigkeiten, die keine schnelle Reaktion auf dynamische Veränderungen und komplexe Probleme durch multidisziplinäre Teams erfordern, z. B. die Buchhaltung für die Instandhaltung von Anlagen, der Einkauf oder Verkaufsgespräche.
- Effizienter Kern: Einige der Aktivitäten, die sich nicht für eine agile Arbeitsweise eignen, bilden den effizienten Kern des Unternehmens – sie sind von Natur aus starr, unflexibel und fest verdrahtet, um Effizienz und Kosteneffizienz zu steigern, z. B. Kernbankensysteme, Montagelinien, Stahlschmelzprozesse, Abrechnungsprozesse, Lieferketten und viele mehr.
Eine klare Einordnung jedes Teils der Organisation unter Einbezug der Geschäftsstrategie hilft, die Kosten der Organisation niedrig zu halten:
- Agiler Teil: Output-Frequenz und -Qualität zu definierten Kosten erhöhen.
- Nicht agiler Teil: Leistungsniveau beibehalten, Qualität, wenn möglich, erhöhen und Kosten, wenn möglich, senken, z. B. durch Nearshoring.
- Effizienter Kern: Hohe Effizienz fördern, Fixkosten senken, z. B. durch Automatisierung.
Wendet man dieses Modell bzw. die Herangehensweise auf den Finanzbereich an, lassen sich auch hier Prozesse und Aufgaben identifizieren, die sich durch den Einsatz von agilen Methoden und Organisationsformen besser – im Sinne von effizienter und/oder effektiver – erledigen lassen könnten als in einer klassischen Organisationsform. Startpunkt kann beispielsweise eine Gruppierung der typischen Vorgänge innerhalb einer Finanzabteilung bilden, wie z. B. Planung, Internes Reporting & Controlling, Risk & Treasury, Account, Tax, Nebenbuchhaltung, Aktivitäten außerhalb der Finanzprozesse. Anschließend kann eine Charakterisierung der Aktivitäten nach Charakteristika der Rollen und Aufgaben im Prozess sowie der Charakteristika des Prozesses als solcher erfolgen und daraus eine Ableitung einer Bewertung für den Einsatz agiler Methoden im jeweiligen Prozess erstellt werden.