4.1 Veränderte Lieferketten von Rohstoffen haben Auswirkungen auf den Wert der Bestände
Durch den Krieg in der Ukraine haben sich Lieferketten verändert. Das gilt auch für Lieferungen aus Israel oder aus den palästinensischen Gebieten, wenn auch weniger umfangreich: Rohstoffe wie Weizen oder Bauteile, die in der Ukraine montiert werden, fehlen. Die Rohstoffe und Waren aus Russland sind von Sanktionen betroffen, die im normalen Geschäft allerdings noch keine absolute Handelssperre aufweisen. Aus dem Nahen Osten kommen Güter und Leistungen aufgrund der kriegerischen Handlungen dort auch weniger zuverlässig oder gar nicht. Bezahlung und Transport sind problematisch, meist unmöglich. Wie lange dieser Zustand anhält, ist schwer zu prognostizieren. Individuelle Einschätzungen von Fachleuten, i. d. R. die Einkäufer, sind dazu notwendig. Die fehlenden Rohstoffe und Waren sind entweder tatsächlich nicht zu beschaffen oder es muss für Lieferungen aus alternativen Quellen wesentlich mehr bezahlt werden.
Das hat Auswirkungen auf den Wert der im Umlaufvermögen ausgewiesenen Bestände des Unternehmens, die zum Teil direkt, zum Teil indirekt mit den Lieferkettenproblemen in den Kriegsgebieten zu tun haben.
4.2 Direkte betroffene Bestände
Das Unternehmen hat Vorräte an Rohstoffen und Waren, die aus der Ukraine oder Russland bzw. Belarus bzw. aus dem Nahen Osten stammen. Da der Nachschub jetzt ausbleibt, steigt der Wert der Bestände. Diese Wertsteigerung ist für die Bewertung in der Buchhaltung nur dann ausschlaggebend, wenn sie auch tatsächlich realisiert werden kann:
Verkauf: Die Bestände werden nicht selbst verarbeitet, sondern zu dem jetzt höheren Marktwert verkauft. Das ist dann der Fall, wenn es sich um Handelswaren handelt oder tatsächlich ein geplanter Eigenverbrauch gegen einen lukrativeren Verkauf getauscht wird.
Verbrauch: Werden die Bestände verbraucht und die entstehenden Produkte zum normalen Preis verkauft, dann ist die Wertsteigerung der Bestände ohne jede Auswirkung im Unternehmen. Können die entstandenen Produkte jedoch aufgrund der Knappheit in den Vorprodukten teurer verkauft werden, kann die Wertsteigerung realisiert werden.
Was bei der Bewertung des Umlaufvermögens beachtet werden muss
Für die Aufstellung von Bilanzen nach HGB, Steuerrecht oder anderen Standards, sind Wertsteigerungen immer mit Vorgaben versehen, die es einzuhalten gilt. So gilt z. B. nach § 253 HGB für das Umlaufvermögen das strenge Niederstwertprinzip. Demnach muss für die Bewertung der Bestände aus mehreren zulässigen Werten immer der niedrigste verwendet werden. Das ist in diesem Fall bei den Vorräten der Anschaffungspreis. Eine Wertsteigerung darf nicht bilanziert werden, solange sie nicht realisiert wurde. Für eigene Zwischenabschlüsse zur Beurteilung der Unternehmenssituation müssen diese Wertänderungen berücksichtigt werden. So können zu erwartende Auswirkungen auf die Liquidität oder andere Kennzahlen erkannt werden.
4.3 Indirekte betroffene Bestände
Es gibt im Unternehmen Vorräte an Rohstoffen und Waren, die noch verarbeitet werden müssen. Diese Verarbeitung ist jedoch vielleicht nicht möglich, da dazu andere Rohstoffe oder Bauteile aus den kriegsbedingt unterbrochenen Lieferketten notwendig sind. Damit sinkt der Wert dieser Vorräte für das Unternehmen. Für die interne Situation ist eine individuelle Beurteilung der zu erwartenden Entwicklung notwendig. Wird der Vorrat zu einem niedrigeren Preis verkauft, ist die Wertberichtigung negativ, wird mit einem normalen Verbrauch in der Zukunft gerechnet, gibt es keine Wertveränderung, die zu berücksichtigen wäre.
Was bei der Bilanzierung beachtet werden muss
Für eine Bewertung in der Bilanz sind wieder die entsprechenden rechtlichen Vorschriften anzuwenden. So bestimmt das strenge Niederstwertprinzip den aktuellen Preis als Bewertungspreis, wenn dieser am Stichtag ermittelt wurde. Auch eine Drohverlustrückstellung kann notwendig werden, wenn z. B. ein Wertverlust im Bestand nicht durch ausreichende Margen im Verkaufspreis ausgeglichen werden kann.
Auswirkungen bei langfristigen Wertveränderungen
Bevor eine Wertberichtigung der Bestände erfolgt, muss die erwartete zeitliche Betroffenheit festgestellt werden. Nur wenn die Wertveränderung auch langfristig bleibt, treten die entsprechenden Auswirkungen auch ein. Was im jeweiligen Zusammenhang "langfristig" bedeutet muss ebenso von den Fachleuten entschieden werden.
Auswirkungen der Maßnahmen in der Buchhaltung |
Liquidität |
Gewinn |
Steuerzahlungen |
Wertsteigerung und Verkauf zum höheren Preis |
positiv |
positiv |
steigernd |
Wertsteigerung und Verbrauch |
neutral oder positiv, wenn das Endprodukt teurer verkauft werden kann |
keine oder positiv |
keine oder steigernd |
Wertsenkung und Verkauf zum niedrigen Preis |
positiv, da Geldzufuhr |
negativ |
reduzierend |
Wertsenkung und Verbrauch |
neutral |
keine |
keine |