Um eine ATOM-Initiative zum Erfolg zu bringen, reicht es nach den praktischen Erfahrungen der vergangenen Projekte nicht, nur auf die algorithmische Seite zu schauen. Die meisten Probleme lassen sich nur aus einer intelligenten Kombination aus Prozessstandardisierung/Vereinfachung, Gewinnung/Erschließung neuer Daten und Algorithmen als "Spitze des Eisbergs" lösen. Dies lässt sich durch ein aktuelles Beispiel aus der Produktionskostensteuerung aufzeigen.

Das Thema der Produktionskostensteuerung ist aufgrund der eingangs vorgestellten gesamtwirtschaftlichen Umstände aktuell für viele Unternehmen hoch relevant. Die genannten Implikationen aus den gestiegenen (Energie- und Material-)Kosten, eine immer höhere Preissensibilität der Endverbraucher und die Implosion belastbarer Umsatzprognosen machen die Produktionskosten zu einer immer wichtigeren Steuerungsgröße sowie einem strategischen Wettbewerbsfaktor. Abbildung 6 illustriert die Bedeutung der Produktionskosten für die Rentabilität von Unternehmen.

Abb. 6: Steigende Relevanz der Produktionskosten als Steuerungsgröße

Um die Produktionskosten datenbasiert zu steuern und zu optimieren, reicht die reine Anwendung und Vernetzung von Algorithmen nicht aus. Vielmehr stellen ausgewählte Algorithmen einen wichtigen, aber nicht alleinigen Teil von möglichen Verbesserungshebeln da. Alle Optimierungsheben müssen zusammenhängend betrachtet werden.

Zu Beginn wird dazu der grundsätzliche Prozess der Produktionskostenkostensteuerung beleuchtet. Die meisten Unternehmen ermitteln einmal im Jahr Standardkosten als (realistisches) Ambitionslevel, und berechnen dann unterjährige Abweichungen zu diesen Standardkosten, die sich im Optimalfall auf Null belaufen. Dieses etablierte Vorgehen ist in Schritt 1 kritisch zu hinterfragen, insb. weil es nur schwer mit einer datengetrieben Steuerung und Optimierung der Produktionskosten zu vereinbaren ist. Vielmehr sollte auf Grundlage von vorliegenden Daten ein kontinuierliches Kostenoptimum (bspw. quartalsweise) ermittelt werden. Abweichungen zu diesem Optimum sollten so tief wie möglich (auf Grundlage von Daten) erklärbar sein. Diesen Ansatz nennt man neudeutsch "Active Costing". Auch im Active Costing-Ansatz können selbstverständlich strategische Ambitionen berücksichtigt werden. So können in dem dynamischen Ansatz obere Grenzen der Kosten aus einer Jahresbetrachtung integriert werden (bspw. EBIT-Beitrag von mindestens 20 %). Abbildung 7 zeigt eine Gegenüberstellung zwischen dem klassischen Ansatz der Standardkosten mit dem des Active Costings.

Abb. 7: Standard-Kostenrechnung vs. Active Costing

Ist die Frage der grundsätzlichen Methodik geklärt und validiert, dass dieser zu einer datengetriebenen Optimierung passt, findet die weitere Optimierung auf der Detailebene statt. Im Beispiel der Produktionskosten werden die Kosten auf einzelnen Produktionsaufträge alloziert. Es gibt drei wesentliche Quellen für Kosten, die sich ableiten lassen aus:

  1. den in Anspruch genommenen Leistungen der Kostenstellen und deren Kostenarten (hauptsächlich Personal, Energie, Maintenance, etc.),
  2. den Kosten für die Beschaffung von Rohstoffen und Komponenten,
  3. der benötigten Produktionsmenge und
  4. der Produktionseffizienz vom Rohmaterial zum Fertigprodukt (z. B. Ausschuss)

Entlang der verschiedenen Kostenquellen können nun Verbesserungshebel in 4 Dimensionen untersucht werden, welche oftmals zusammenhängen. Diese Hebel umfassen

  1. Vereinfachung/Harmonisierung der Datenstruktur zur effizienteren Ermittlung der Kosten
  2. Erschließung neuer Datenquellen zur besseren Erklärung der Kostentreiber
  3. Intelligentere Darstellung der existierenden Daten (Reporting) zur Befähigung des Controllers zur aktiveren Steuerung der Kosten
  4. Zusätzliche Automatisierung oder Intelligenz durch Algorithmen zur Gewinnung neuer Erkenntnisse zur Kostenoptimierung

Durch ein systematisches Screening der vier Verbesserungsdimensionen finden Unternehmen die passenden Hebel hin zu einer ganzheitlichen, datengetrieben Optimierung in der Produktionskostensteuerung.

Zu 1: Zunächst wird die Kostenstellen- und Kostenartenstruktur soweit möglich harmonisiert und unnötige Verzweigungen in der Kostenstellenstruktur beseitig. Hier gilt die Devise: So wenig und aggregiert wie möglich, jedoch so viel wie organisatorisch nötig. Eine harmonisierte und schlanke Kostenstellen- und Kostenartenstruktur spart Zeit bei der Ermittlung der Kostenstellenkosten und hilft in weiteren bei der Erzeugung einer besseren Datenbasis für möglich Algorithmen. Des Weiteren verwässern zu detaillierte Kostenstellenstrukturen eine klare Verantwortungshierarchie.

Zu 2 und 3: Die Erschließung von neuen Datenquellen ist innerhalb der Kostenstellenkosten oft weniger herausfordernd als bspw. die Etablierung eines effizienten und empfängerorientierten Reporting der entsprechenden Kosten. Hier empfiehlt sich ein dynamisches Reporting der Ist-Kosten in einem dedizierten Reporting Tool (bspw. SAP SAC), in welchem man schnell und einfach über verschiedene Kostenste...

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