Leitsatz
Wird eine aus Wirtschaftsprüfern bestehende GbR im Rahmen von Immobilienfonds als Treuhänderin für die Treuhandkommanditisten tätig, übt sie eine gewerbliche Tätigkeit aus.
Normenkette
§ 15 Abs. 1, § 18 Abs. 1 Nr. 1, 3 EStG, § 2 Abs. 1 GewStG
Sachverhalt
Die Klägerin ist eine GbR. Ihre beiden Gesellschafter waren Steuerberater und Wirtschaftsprüfer. Ihr Zweck war die gemeinsame Ausübung der Treuhandtätigkeit für geschlossene Immobilienfonds. Ihre Tätigkeit beschränkte sich auf die Konzeptions- und Investitionsphase (Anfangsphase) und endete mit dem Erwerb der Kommanditbeteiligungen. Sie betreute in den Jahren 1991 bis 1998 zwischen 1.551 Zeichner aus 8 Fonds und 11.235 Zeichner aus 19 Fonds. Die steuerliche Beratung der Fonds übernahm nicht die Klägerin, sondern eine GmbH, deren Gesellschafter die Gesellschafter der Klägerin waren.
Das FA war der Ansicht, die Klägerin sei gewerblich tätig und erließ entsprechende Gewerbesteuermessbescheide.
Die Klage hatte keinen Erfolg (EFG 2006, 681).
Entscheidung
Der BFH nahm ebenfalls eine gewerbliche Tätigkeit (§ 15 EStG) an.
Es sei an der bisherigen Rechtsprechung festzuhalten, dass eine Treuhandtätigkeit für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer nicht berufstypisch sei. Die Änderung der WPO dahin, dass Wirtschaftsprüfer zur treuhänderischen Verwaltung befugt seien, vermöge daran nichts zu ändern. Es entspreche dem Gebot der steuerlichen Belastungsgleichheit (Art. 3 Abs. 1 GG), eine Treuhandtätigkeit durch Wirtschaftsprüfer weiterhin ebenso zu behandeln wie die von Rechtsanwälten und Steuerberatern, bei denen sie gewerblich sei.
Die im Zusammenhang mit dem Treuhandvertrag ausgeübten Tätigkeiten seien insgesamt als gewerblich zu beurteilen. Gehe man von einer Teilbarkeit der Tätigkeiten aus, greife bei der Klägerin als Personengesellschaft die Abfärbewirkung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG ein. Nehme man eine untrennbar gemischte Tätigkeit an, habe die nicht berufstypische und damit gewerbliche Treuhandtätigkeit der Gesamttätigkeit das Gepräge gegeben.
Eine sonstige selbstständige Arbeit (§ 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG) liege nicht vor. Die Klägerin sei nur in der Anfangsphase mit dem treuhänderischen Erwerb des Kommanditanteils und nicht mit der späteren Vermögensverwaltung befasst gewesen. Außerdem habe die Vielzahl der Investoren den Rahmen einer nur gelegentlichen Tätigkeit gesprengt.
Hinweis
1. Für die Annahme einer freiberuflichen Tätigkeit i.S.d. § 18 EStG reicht es nach der Rechtsprechung des BFH nicht aus, dass der Steuerpflichtige oder im Fall einer Personengesellschaft deren Gesellschafter einen Katalogberuf i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG (hier: Steuerberater und Wirtschaftsprüfer) ausüben. Hinzukommen muss, dass die tatsächlich ausgeübte Berufstätigkeit auch für den genannten Katalogberuf berufstypisch ist (vgl. BFH, Urteil vom 1.2.1990, IV R 42/89, BStBl II 1990, 534).
Der BFH hat in seiner bisherigen Rechtsprechung eine Treuhandtätigkeit bei Rechtsanwälten, Steuerberatern oder Wirtschaftsprüfern nicht als berufstypisch beurteilt (vgl. BFH, Urteile vom 10.8.1994, I R 133/99, BStBl II 1995, 170 für Steuerberater; in BStBl II 1990, 534 für Rechtsanwälte). Dass eine Treuhandtätigkeit nach den jeweiligen berufsrechtlichen Vorschriften mit dem Beruf des Rechtsanwalts, Steuerberaters oder Wirtschaftsprüfers "vereinbar" ist, hat er nicht dafür ausreichen lassen, diese Tätigkeit auch als berufstypisch anzusehen.
Für Wirtschaftsprüfer waren die berufsrechtlichen Vorschriften ab dem Jahr 1995 geändert worden. Die Regelung, dass die treuhänderische Verwaltung mit dem Berufsbild "vereinbar" sei (§ 43 Abs. 4 Nr. 4 der Wirtschaftsprüferordnung – WPO – a.F.), wurde ersetzt durch § 2 Abs. 3 Nr. 3 WPO, wonach Wirtschaftsprüfer zur treuhänderischen Verwaltung "befugt" sind.
Der Besprechungsfall gab Anlass zur Klärung der Frage, ob dies an der bisherigen Beurteilung, dass die Treuhandtätigkeit nicht berufstypisch sei, etwas ändern konnte.
2. Ist eine Personengesellschaft teils freiberuflich und teils gewerblich tätig, gilt ihre Tätigkeit nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG in vollem Umfang als gewerblich. Bei einer untrennbar gemischten Tätigkeit einer Personengesellschaft ist nach der BFH-Rechtsprechung ausschlaggebend, welcher Teil der Gesamttätigkeit das Gepräge gibt; lässt sich keine Prägung durch die freiberufliche Tätigkeit feststellen, sind die Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG als nicht erfüllt anzusehen (BFH, Urteil vom 4.11.2004, IV R 63/02, BFH-PR 2005, 179).
3. Eine sonstige selbstständige Arbeit i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG liegt nur vor, wenn sie den im Gesetz genannten Tätigkeiten des Testamentsvollstreckers, Vermögensverwalters oder Aufsichtsrats ähnlich, also eine vermögensverwaltende Tätigkeit ist (BFH, Urteil vom 28.4.2005, IV R 41/03, BFH-PR 2005, 319). Bei der sonstigen selbstständigen Arbeit handelt es sich vor allem um gelegentliche und nur ausnahmsweise um nachhaltig ausgeübte Tätigkeiten.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 18.10.2006, XI R 9/06