Leitsatz
1. Ein selbstständig tätiger Krankenpfleger kann Einkünfte aus einer freiberuflichen Tätigkeit erzielen, wenn er Leistungen der häuslichen Krankenpflege erbringt. Bedient er sich dabei qualifizierten Personals, setzt eine leitende und eigenverantwortliche Tätigkeit voraus, dass er auch selbst gegenüber jedem Patienten pflegerisch tätig wird.
2. Leistungen der häuslichen Pflegehilfe führen zu Einkünften aus Gewerbebetrieb.
Normenkette
§ 15 EStG , § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG , § 2 Abs. 1 GewStG
Sachverhalt
Ein staatlich anerkannter Altenpfleger unterhielt einen Pflegedienst. Aufgrund von Vereinbarungen mit gesetzlichen Krankenkassen erbrachte er mit drei bis acht Hilfskräften Leistungen der häuslichen Krankenpflege. Später wurden ganz oder teilweise Leistungen der häuslichen Pflegehilfe erbracht.
Das FA sah die Tätigkeit als gewerblich an und erließ Gewerbesteuer-Messbescheide.
Entscheidung
Die Entscheidung Nachdem das FG dem Kläger Freiberuflichkeit bescheinigt hatte, hob der BFH das FG-Urteil auf und verwies das Verfahren zurück. Leistungen der häuslichen Pflegehilfe seien immer gewerblich. Leistungen der häuslichen Krankenpflege könnten auch freiberuflich erbracht werden. Ob die Voraussetzungen im Fall des Klägers erfüllt seien, könne erst entschieden werden, wenn weitere Feststellungen zur Ausbildung des Klägers sowie zu Anzahl und Art der Tätigkeit des bei der Krankenpflege eingesetzten Personals getroffen worden seien.
Hinweis
1. Der zunehmende Bedarf an ambulanter Kranken- und Altenpflege kann von staatlichen Stellen und den körperschaftlich strukturierten großen Hilfsorganisationen nicht mehr gedeckt werden. Deshalb treten am Markt zunehmend Personenunternehmen auf, deren steuerliche Behandlung immer wieder zu Schwierigkeiten geführt hat. Mit dem Besprechungsurteil hat der BFH einige wichtige Grundsatzfragen in Bezug auf die Gewerbesteuerpflicht ambulanter Pflegedienste geklärt.
a) Altenpflege unterliegt immer der GewSt, egal welche Ausbildung der Betriebsinhaber abgeschlossen hat, wie viel Personal eingesetzt wird und ob die Leistungen von der Pflegeversicherung finanziert werden. Zu diesem Ergebnis kommt der BFH, weil in dem Katalog der Freiberufler (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG) nur medizinische Hilfsberufe genannt sind, nicht aber sonstige pflegerische Berufe. Eine Ausweitung des Katalogs auf die Altenpflege kann nach Meinung des BFH nur der Gesetzgeber vornehmen.
b) Krankenpflege kann auch freiberuflich ausgeübt werden. Voraussetzung dafür ist
- Ausbildung in einem dem Physiotherapeuten ähnlichen Beruf (erfüllt bei Krankenpfleger; ebenso bei Altenpfleger, und zwar auch, wenn Ausbildung vor dem Jahr 2000 nach Landesrecht abgeschlossen wurde und mit Ausbildung zum Physiotherapeuten vergleichbar war);
- staatliche Anerkennung als Kranken-/Altenpfleger oder Zulassung der Krankenkassen nach § 142 Abs. 2 SGB V;
- leitende und eigenverantwortliche Tätigkeit (eigene Pflegeleistungen an jedem Patienten; fachlich nicht höher als Betriebsinhaber qualifiziertes Personal).
2. Beachten Sie, dass mit diesem Urteil wieder ein Gleichlauf zwischen ESt/GewSt und USt herbeigeführt worden ist. Der Gesetzgeber hat allerdings mit Wirkung ab 2004 in § 4 Nr. 14 UStG den bisherigen Verweis auf § 18 EStG gestrichen. Ein erneutes Auseinanderdriften ist deshalb nicht auszuschließen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 22.1.2004, IV R 51/01