OFD Chemnitz, Verfügung v. 11.11.1992, S 2284 - 7/St 3203

Arbeitslosigkeit und die geringe Aussicht, im bisher ausgeübten Beruf einen neuen Arbeitsplatz zu finden, führen im Beitrittsgebiet häufig zur Teilnahme an Umschulungsmaßnahmen. Da die Zuschüsse des Arbeitsamtes in der Regel die tatsächlich entstandenen Kosten nicht decken, verbleiben dem Steuerpflichtigen Aufwendungen, die als Ausbildungskosten i. d. R. Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG darstellen.

Es ist gefragt worden, ob die den Höchstbetrag des Sonderausgabenabzugs vom 900 DM bzw. 1.200 DM übersteigenden Kosten als außergewöhnliche Belastung i. S: d. § 33 Abs. 1 EStG auf Grund der besonderen Situation im Beitrittsgebiet geltend gemacht werden können.

Ich bitte dazu folgende Auffassung zu vertreten:

Berufsausbildungskosten (Umschulungskosten) sind dem Grunde nach regelmäßig nicht als zwangsläufig anzusehen, da der Steuerpflichtige üblicherweise selbst entscheiden kann, welche Ausbildung er sich zukommen lässt (BFH vom 18.04.1990, II S. 738) und in welcher Höhe er Ausgaben zum Zwecke seiner Ausbildung tätigt.

Der den Sonderausgaben übersteigende Teil der Aufwendungen kann demnach nur als außergewöhnliche Belastung nach § 33 Abs. 1 EStG geltend gemacht werden, wenn eine Zwangsläufigkeit und Außergewöhnlichkeit in den persönlichen Verhältnissen des Steuerpflichtigen begründet ist.

Das ist insbesondere dann der Fall, wenn die Umschulungsmaßnahmen auf Grund eines Unfalls, einer Krankheit oder einer eintretenden Behinderung des Steuerpflichtigen notwendig wurden und er deshalb in seiner Entscheidungsfreiheit zur Berufsausübung gegenüber anderen Steuerpflichtigen gleicher Vermögensverhältnisse, gleicher Einkommensverhältnisse und seinen bisherigen Beruf aus den genannten Gründen nicht mehr ausüben kann.

Die Zwangsläufigkeit ist durch geeignete Unterlagen (z. B. Krankenberichte, Berufsunfähigkeitsbescheinigungen, Schriftwechsel, Rentenbescheide u. Ä.) nachzuweisen.

Bei Vorliegen dieser zusätzlichen Voraussetzungen, die eine Zwangsläufigkeit und Außergewöhnlichkeit der Aufwendungen für den Berufswechsel begründen, kann der über die Sonderausgaben hinausgehende Teil der Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden.

Die besondere Situation auf dem Arbeitsmarkt in den neuen Bundesländern allein begründet noch keine Zwangsläufigkeit und Außergewöhnlichkeit von Umschulungsmaßnahmen für einzelne Steuerpflichtige.

Die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen, die dem Grunde nach Sonderausgaben sind, als außergewöhnliche Belastungen i. S. d. § 33 Abs. 1 EStG ist nach o. g. Grundsätzen stets im Einzelfall zu prüfen.

 

Normenkette

EStG § 33

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