Kommentar
1. Erbringt eine Kapitalgesellschaft eine Leistung an den sie beherrschenden Gesellschafter ohne eine klare, im voraus getroffene, zivilrechtlich wirksame und tatsächlich durchgeführte Vereinbarung, kann das Fehlen einer solchen Vereinbarung ein – widerlegbares – Beweisanzeichen für eine verdeckte Gewinnausschüttung i. S. von § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG sein ( Gesellschafter-Geschäftsführer und Verdeckte Gewinnausschüttungen ).
2. Ob eine verdeckte Gewinnausschüttung gegeben ist, ist nach Maßgabe eines Fremdvergleichs unter Würdigung aller Umstände zu entscheiden.
3. Eine Kapitalgesellschaft kann ihre Gesellschafter als Subunternehmer mit der Erfüllung eigener Aufgaben beauftragen, sofern der Auftrag einem Fremdvergleich standhält.
4. Für die Berechnung der einem beherrschenden Gesellschafter zu zahlenden Vergütung muß die Bemessungsgrundlage jedoch so bestimmt sein, daß allein durch Rechenvorgänge die Höhe der Vergütung ermittelt werden kann, ohne daß es noch der Ausübung eines Ermessens durch die Gesellschaft oder einen Dritten bedarf.
5. Ist lediglich die Zahlung einer „angemessenen” Vergütung vereinbart, fehlt es an einer klaren, im voraus getroffenen Vereinbarung über die Entgeltshöhe. Das gleiche gilt, wenn Gesellschaft und Gesellschafter die Ermittlung der „angemessenen” Vergütung dem gemeinsamen Steuerberater überlassen. Er ist als objektiver Schiedsgutachter aufgrund seiner Pflicht zur steuergünstigen Beratung ungeeignet.
6. Beginnt oder beendet ein tantiemeberechtigter Gesellschafter-Geschäftsführer seine Tätigkeit während des Kalenderjahres, steht ihm grundsätzlich nur ein zeitanteiliger Anteil am Jahresgewinn zu (Grundsatz der zeitanteiligen Aufteilung von Sondervergütungen).
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 17.12.1997, I R 70/97
Anmerkung:
Ob eine Rechtsbeziehung zwischen nahestehenden Personen – wie z. B. zwischen Gesellschaft und Gesellschafter – einem Fremdvergleich standhält und infolgedessen steuerlich anzuerkennen ist, ist seit der Entscheidung des BVerfG v. 7. 11. 1995, 2 BvR 802/90, BStBl II 1996 S.34 („Ehegatten-Oder-Konto”) unter Würdigung aller Umstände zu entscheiden, ohne daß dabei einem dieser Umstände ausschlaggebende Bedeutung beigemessen werden darf. Dem folgt der BFH auch bei der Bewertung einer Vereinbarung für die Anerkennung von Leistungen einer Kapitalgesellschaft an ihren beherrschenden Gesellschafter als Betriebsausgabe. Entscheidend kommt es darauf an, ob die gewählte Gestaltung einem Fremdvergleich standhält. Wie das vorstehende BFH-Urteil jedoch zeigt, sollte darüber aber nicht verkannt werden, daß eine im voraus getroffene, klare und eindeutige Vereinbarung zur Vermeidung einer verdeckten Gewinnausschüttung nach wie vor äußerst wichtig ist.